Weitere Ergebnisse...

Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors

Einigung über Strommarktreform

20.10.2023 – Die Energieminister:innen der Europäischen Union haben sich in Luxemburg auf einen Vorschlag für eine Änderung des europäischen Strommarktdesigns verständigt.

Wie der Rat der Europäischen Union mitteilte, wurde am Dienstag nach monatelangen Verhandlungen eine endgültige Einigung über einen Vorschlag zur umstrittenen Strommarktreform erzielt. Übergeordnetes Ziel der Reform sei es, hohe Preise für die Verbraucher:innen zu vermeiden und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Die Reform zielt auch darauf ab, den Strompreis unabhängiger vom Gaspreis zu machen.

Langfristige Zusammenarbeit

Die Reform soll niedrige Preise sichern, Verbraucher:innen schützen und langfristige Verträge stärken. Foto: AdobeStock.com / U.J. Alexander

Die Reform soll niedrige Preise sichern, Verbraucher:innen schützen und langfristige Verträge stärken. Foto: AdobeStock.com / U.J. Alexander

Diskutiert wurden neue langfristige Vereinbarungen zwischen Regierungen und Stromerzeugern. Dabei soll der Staat einspringen, sobald der Marktpreis unter einen festgelegten Preis fällt.

So sollen Strombezugsverträge gefördert werden, indem die Mitgliedsstaaten unbegründete Hindernisse sowie diskriminierende oder unverhältnismäßige Verfahren und Entgelte abschaffen. Um dies zu erreichen, können Maßnahmen wie staatliche Garantien zu Marktpreisen, private Garantien oder Bündelung der Nachfrage im Rahmen von PPA ergriffen werden.

Darüber hinaus sollen langfristige Verträge – sogenannte zweiseitige Differenzverträge oder auch Contracts for Difference (CfD) – bis auf wenige Ausnahmen das verbindliche Modell für die Einbindung öffentlicher Mittel in Langzeitverträge werden und für Investitionen in neue Anlagen zur Stromerzeugung aus folgende Quellen gelten: Windenergie, Solarenergie, geothermische Energie, Wasserkraft ohne Speicher und Kernenergie. Die Einnahmen aus den CfD sollen vom Staat zur Umverteilung an die Endverbraucher, zur Finanzierung von direkten Preisstützungssystemen oder von Investitionen zur Senkung der Stromkosten für die Endverbraucher verwendet werden. Zur Wahrung der Rechtssicherheit für laufende Projekte sei jedoch eine Übergangszeit von drei Jahren nach Inkrafttreten der CfD-Verordnung vorgesehen.

Unterstützungsmaßnahmen

Um sicherzustellen, dass die Stromversorgung mittel- und langfristig stabil bleibt, darf den Mitgliedstaaten weiterhin erlaubt bleiben, Maßnahmen zur Unterstützung der Vergütung von Kraftwerken einzuführen. Für Erzeuger, die im Rahmen von Kapazitätsmechanismen gefördert werden und die CO2-Emissionsgrenzwerte nicht einhalten können, hat der Rat Ausnahmeregelungen eingeführt. Diese unterliege strengen Bedingungen und sei bis zum 31. Dezember 2028 gültig. Generell soll das Genehmigungsverfahren solcher Unterstützungsmaßnahmen gestrafft und vereinfacht werden.

Mehr Schutz für Verbraucher:innen

Darüber hinaus hat der Rat beschlossen, den Verbraucherschutz weiter zu stärken. Dies soll durch die freie Wahl des Versorgers und den Zugang zu Verträgen mit flexiblen Stromtarifen, befristeten Verträgen und Verträgen mit Preisfixierung erreicht werden. Voraussetzung ist, dass die Versorger keine Festpreisverträge anbieten und das Angebot an Festpreisverträgen insgesamt nicht eingeschränkt wird. Den Auswirkungen auf die Kund:innen durch Schwankungen auf den Großhandelsmärkten soll mit strengeren Vorschriften entgegengewirkt werden. Außerdem sollen schutzbedürftige Kund:innen umfassend vor Stromsperren geschützt werden, indem – soweit noch nicht vorhanden – Regelungen für „Versorger letzter Instanz“ eingeführt werden, um die Kontinuität der Versorgung zumindest für Haushaltskund:innen zu gewährleisten. Auch sollen Bürger:innen ein Recht auf gemeinsame Nutzung und Speicherung selbstproduzierter Energie haben.

Stabile Versorgung auch während einer Krise

Der Rat der EU tagte am Dienstag in Luxemburg. Foto: AdobeStock.com / promesaartstudio

Der Rat der EU tagte am Dienstag in Luxemburg. Foto: AdobeStock.com / promesaartstudio

Im Rahmen der Reform soll eine begrenzte Option zur Anwendung regulierter Preise für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Krisenzeiten eingeführt werden, einschließlich Preisen unter Kosten. Zudem wurde auch die Bedingungen für die Feststellung einer Strompreiskrise geändert. Künftig kann eine Krise erklärt werden, wenn der erwartete Anstieg der Großhandelspreise für Strom sechs Monate oder länger anhält und die durchschnittlichen Endkundenpreise voraussichtlich drei Monate oder länger steigen werden.

Bis zum 30. Juni 2024 dürfen die Mitgliedstaaten eine Obergrenze für die zusätzlichen Gewinne bei der Stromerzeugung in Anlagen mit geringeren Kosten wie erneuerbare Energien, Kernkraft oder Braunkohle (sogenannte inframarginale Erzeugungsanlagen) anwenden. Dabei müssen dieselben Bedingungen erfüllt sein wie bei den Notmaßnahmen, die am 6. Oktober 2022 für Erlöse unterhalb der Marge beschlossen wurden.

Laute Worte aus den Verbänden

Von Seiten der Verbände hagelt es unterdessen Kritik. Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) sieht die Entscheidung zum Strommarkt kritisch und lehnt Verpflichtung zu CfD klar ab. „Die Entscheidung der Energieminister wirkt teils wie aus der Zeit gefallen“, so BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter. Es müsse andere gleichwertige Fördermechanismen erlaubt bleiben und durch mehr Handlungsfreiheit die Vielfalt der Erneuerbaren Marktprodukte in Deutschland gehalten werden. Eine rückwirkende Umstellung bestehender Fördersysteme auf zweiseitige CfD solle den Mitgliedstaaten auf keinen Fall gestattet werden. Besonders die Subventionierung von Kohle und Atom kritisiert Peter scharf: „Die Subventionierung von Kohle und Atom stehen nicht nur dem Erneuerbaren Ausbau diametral entgegen, sondern auch einer resilienten, sauberen und dauerhaft bezahlbaren Energieversorgung.“ Den Beschluss, Energy Sharing EU-weit zu erleichtern und zu fördern, begrüße man hingegen sehr.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, sieht in CfD hingegen eine Chance, marktwirtschaftliche Wettbewerbsmechanismen im Strommarkt zu erhalten und sagt: „Klar ist: Neben langfristigen Stromlieferverträgen sind CfDs die zweite wichtige Säule beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ Kritisch sieht Andreae, dass die Erlösabschöpfung – wenn auch optional und zeitlich befristet – in die Ratsposition aufgenommen wurde, denn diese „würde die Bemühungen, den Erneuerbaren-Ausbau zu forcieren, konterkarieren“. (pms)

www.consilium.europa.eu

www.bee-ev.de

www.bdew.de