14.05.2025 – Eine neue Regelung untersagt künftig Netzbetreibern den Betrieb von Ladeinfrstruktur. Die enwag warnt vor den Folgen für kleinere Stadtwerke.
Seit der Überarbeitung der Strombinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 im Juli 2024 ist klar: Verteilnetzbetreiber dürfen künftig keine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge mehr errichten, betreiben oder besitzen – es sei denn, es greift eine Ausnahmegenehmigung. Die Regelung soll den Wettbewerb stärken und Monopolbildungen verhindern. Doch gerade kleinere kommunale Energieversorger sehen sich durch die Vorgaben benachteiligt – so auch die enwag energie- und wassergesellschaft mbh aus Wetzlar.
„Praxisferne Vorgaben bremsen Ausbau aus“
Die enwag betreibt aktuell 74 öffentliche Ladepunkte in Wetzlar. Weitere sollten folgen – doch die Pläne sind vorerst auf Eis gelegt. Grund ist Artikel 36 der Richtlinie. Geschäftsführer Dr. Berndt Hartmann sagt: „Die Fristverlängerung ist ein Schritt in die richtige Richtung, löst aber das strukturelle Problem nicht nachhaltig. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur darf nicht durch praxisferne Vorgaben ausgebremst werden.“
Ursprünglich sollte die Reglung schon zum 31. Dezember 2024 in Kraft treten. Die Bundesregierung hatte die Umsetzungsfrist für sogenannte De-minimis-Unternehmen – kleinere Versorger mit weniger als 100.000 Kund:innen – kürzlich bis Ende 2026 verlängert. Doch Hartmann sieht weiterhin akuten Handlungsbedarf. „Sinnvoll wäre aus unserer Sicht die Einführung eines Schwellenwertes, unterhalb dessen kleinere kommunale Versorger wie die enwag auch nach 2026 unter bestimmten Bedingungen weiterhin Ladeinfrastruktur betreiben dürfen.“
Regionale Verantwortung statt Profitinteresse
Der enwag-Geschäftsführer betont, dass es häufig gerade die Stadtwerke seien, die Ladeinfrastruktur in ländlichen Regionen bereitstellen – „nicht aus Profitinteresse, sondern aus Verantwortung für die Region“. Ein Zwang zur Ausgliederung des Ladesäulenbetriebs würde zusätzliche Kosten verursachen und Fachwissen aus dem Unternehmen abziehen. Die Folge: höhere Energiekosten für Kund:innen oder ein Rückzug aus dem Betrieb.
EU-Recht als Voraussetzung für nationale Lösung
Hartmann plädiert für eine gesetzliche Ausnahme auf europäischer Ebene – analog zu den bestehenden Ausnahmen bei der Entflechtung von Strom- und Gasnetzen. „Wir wollen die Mobilitätswende vor Ort auch in Zukunft aktiv mitgestalten. Eine Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes wäre die einfachste und nachhaltigste Lösung, damit wir weiterhin Verantwortung für die Ladeinfrastruktur in Wetzlar übernehmen können“, sagt Hartmann.
Ein möglicher Ansatz sei ein Schwellenwert (etwa 100 Ladepunkte), unterhalb dessen das Betriebsverbot nicht greift. Eine solche Ausnahme müsste jedoch erst auf EU-Ebene geschaffen werden, bevor der deutsche Gesetzgeber sie ins nationale Recht überführen kann. (pms)