01.02.2023 – Um einen rechtssicheren Handlungsrahmen für die die Integration dezentraler Energieerzeuger und neuer Verbrauchseinrichtungen und den flexiblen Betrieb der Verteilnetze zu schaffen, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) für die Ausgestaltung des Paragraf 14a EnWG ein Eckpunktepapier vorgelegt.
Potenzial der Digitalisierung nicht voll ausgeschöpft
VDE FNN sieht das Eckpunktepapier allerdings nicht als Endergebnis, sondern als ersten Schritt auf dem Weg in ein digitalisiertes, flexibles Verteilnetz. Handlungsbedarf besteht aus Sicht von VDE FNN an zwei Punkten. Zum einen fehle der Aspekt, dass die Netzbetreiber langfristig nicht nur kurativ sondern auch präventiv steuernd eingreifen dürfen. Zum anderen müssen der Einbau von Mess- und Steuerungstechnik und der notwenige Netzausbau volkswirtschaftlich sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Frank Borchardt, Projektleiter Digitalisierung und Metering bei VDE FNN, betont: „Aus unserer Sicht wird das Potenzial der Digitalisierung nicht hinreichend ausgeschöpft, so dass wir Gefahr laufen, ohne einen systemischen Lösungsansatz mit Kupfer und Intelligenz künftig ineffizient in der Netzinfrastruktur unterwegs zu sein.“
Präventiv steuern heißt nicht, dass E-Autos stehenbleiben
Große Sorge vieler Endkund:innen und Branchenvertreter:innen ist, dass durch präventive Steuerungsmöglichkeiten Netzbetreiber die Stromversorgung beliebig abschalten könnten. Das Eckpunktepapier der BNetzA sieht daher aktuell vor, dass spätestens ab 2029 eine messtechnisch ermittelte Überlastung konkret betroffener Stromnetze und -anlagen vorliegen muss. Damit ist ein Eingreifen erst gestattet, wenn bereits ein Engpass im Netz besteht und Ausfälle drohen.
Demgegenüber skizziert VDE FNN in seinem Positionspapier zum BNetzA-Eckpunktepapier, dass auf Grundlage bewährter statistischer Methoden in Kombination mit Messdaten ein sehr guter Kenntnisstand zum Netzzustand zu erlangen ist. So könnten mit weniger Messtechnik als vorgesehen präventive Eingriffsmöglichkeiten geschaffen werden, die eine kritische Auslastungssituation verhindern, bevor es im Netz zu Engpässen und Ausfällen kommt. Frank Borchardt sagt: „Da der Handlungsspielraum umso größer wird, je mehr Netzteilnehmer partizipieren, bietet gerade die Elektromobilität erhebliches Potenzial, für mehr Stabilität im Netz zu sorgen. Durch Steuerung kann Leistung dort reduziert werden, wo sie nicht gebraucht wird, so dass E-Autos effizient geladen werden können.“
Steuermöglichkeiten reduzieren Kosten für Netzausbau
Ein weiterer zentraler Aspekt im Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur ist die Festlegung, dass ein Ausbau des Niederspannungsnetzes dort stattzufinden hat, wo nach Paragraf 14a EnWG Steuerungsmaßnahmen eingeleitet wurden. Dahinter steht die Annahme, dass an solchen Punkten die Netzinfrastruktur nicht ausreicht. VDE FNN sieht demgegenüber die Möglichkeit, ein kluges Lastmanagement mit einem optimalen Netzausbau zu kombinieren. Heike Kerber, Geschäftsführerin vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE, resümiert: „Wir müssen nicht überall ausbauen, wo selten und punktuell eingegriffen wird – sondern nur dort, wo es wirkliche Versorgungslücken gibt. Die Digitalisierung bietet die Chance, durch kluge Steuerung das Netz effizient zu nutzen. So bleiben die Kosten für den Netzausbau im Rahmen und am Marktbedarf orientiert.“
VDE FNN hat im Zuge der Kommentierungsphase die genannten Punkte bei der Bundesnetzagentur adressiert. Die BNetzA wird im nächsten Schritt alle Kommentare und Stellungnahmen auswerten, um das Eckpunktepapier in überarbeiteter Form als Grundlage für die Entwicklung von Verordnungen zu nutzen. Nach einer weiteren, optionalen Kommentierungsphase werden die rechtlichen Regelungen ausformuliert, die ab 1. Januar 2024 gelten sollen. (ds)