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Auf der Suche nach dem Seekabel

02.08.2024 – Ein neuartiges Messsystem spürt Stromkabel im Meeresboden hochgenauer auf als bestehende Lösungen. Dadurch wird die Wartung bestehender Seekabel sowie die Verlegung neuer Unterseeleitungen optimiert.     

Um den durch die Offshore-Windparks der Nord- und Ostsee erzeugten Strom an Land bringen zu können, müssen die Anlagen mit Hilfe von Seekabeln an das landseitige Stromnetz angeschlossen werden. Da die Anrainerstaaten strenge Vorschriften für die Verlegung von Seekabeln erlassen haben, sind die Betreiber:innen von Offshore-Anlagen verpflichtet bei der Kabelplanung verschiedene Punkte zu berücksichtigen.  

So muss beispielsweise mit einer sogenannten Post-Burial Survey (PBS) nachgewiesen werden, dass die tatsächliche Position des Kabels nach dem Verlegen mit dem geplanten Verlauf übereinstimmt. Damit sollen unter anderem bestehende Infrastrukturen geschützt sowie Schäden durch zukünftige Bauaktivitäten vermieden werden.  

Da sich die Position der Seekabel, die wenige Meter unterhalb des Meeresbodens verlegt worden sind, aufgrund von Meeresströmungen und daraus resultierenden Sedimentbewegungen im Laufe der Zeit ändern, müssen sie kartiert werden. Dies ist im Vorfeld von neuen Infrastrukturbaumaßnahmen oder Instandsetzungsarbeiten notwendig, da sonst Kabel evtl. nicht auffindbar sind.  

Seismoakustisches Abbildungsverfahren

Bislang werden bei der Suche von Seekabeln oftmals akustische oder magnetische Methoden eingesetzt. Diese weisen allerdings Defizite hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit auf und sind kostenintensiv. Beispielsweise erlauben existierende Suchsysteme keine flächenhafte Kabelvermessung oder sie erfordern die Abschaltung des Stroms in dem zu vermessenden Kabel.  

Das vom Fraunhofer IWES zusammen mit der Universität Bremen und TenneT Offshore neu entwickelte System soll viele dieser Defizite lösen. Mit Hilfe des seismoakustischen Abbildungsverfahren werden Offshore-Kabel in den obersten Meeresbodensedimenten hochgenau lokalisiert. Dadurch können vorgesehene Wartungsarbeiten planbarer werden, was wiederum den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb von Offshore-Windparks ermöglicht.

Das neue System zur seismischen Messung von Seekabeln wird zu Wasser gelassen. (Bild: Frank S. Bauer, Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES)

Das neue System zur seismischen Messung von Seekabeln wird zu Wasser gelassen. (Bild: Frank S. Bauer, Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES)

Messsystem lokalisiert Dezimetergenau 

Die Besonderheit der neuen Kabelvermessungsmethode besteht darin, dass sich so Kabel mit einem Durchmesser von über 25 Zentimetern mit einer Genauigkeit von wenigen Dezimetern aufspüren lassen. »Die Suche nach Kabeln unter Wasser ist extrem schwierig. Ohne geeignete Hilfsmittel kann man es mit der Suche nach der Nadel im Heuhaufen vergleichen«, sagt Dr. Jude Castelino, Wissenschaftler und Projektleiter am Fraunhofer IWES. »Hier kommt unser seismoakustisches Messsystem ins Spiel, mit dem wir den Meeresuntergrund dort abfahren, wo das Kabel ungefähr vermutet wird.« Die genauere Verortung des Kabels hilft sowohl bei der Neuverlegung von Seekabeln, die aufgrund von Hitzeentwicklung nicht direkt neben bereits vorhandenen liegen dürfen, als auch beim Schutz der alten Kabel sowie bei der Reparatur von defekten Verbindungen. 

Seismische Sensoren im Schlepptau

Das tief geschleppte Datenaufnahme- und Positionierungssystem operiert in einer Höhe von rund zehn Metern über dem Meeresboden. (Bild: Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES)

Das tief geschleppte Datenaufnahme- und Positionierungssystem operiert in einer Höhe von rund zehn Metern über dem Meeresboden. (Bild: Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES)

Der Messplattformprototyp kann mit seiner installierten Sensorik große Flächen am Meeresboden untersuchen und abtasten – wobei die ausreichende Eindringtiefe in das Sediment gewährleistet wird. Das Messsystem umfasst einen mit speziellen seismischen Sensoren (Hydrophonen) und Positionsbestimmungssystemen ausgestatteten Schlepprahmen. Die Plattform wird von einem Vermessungsschiff geschleppt und kann sich im Betrieb etwa zehn Meter über dem Meeresboden oder flacher befinden. 

Während der Datenerfassung fangen die seismischen Sensoren die von einer Signalquelle an der Meeresoberfläche emittierten und von dem Untergrund reflektierten oder gestreuten Schallwellen auf. Dies ermöglicht nicht nur die Kartierung der Sedimentschichten, sondern auch die Lokalisierung der Kabel, die in einer Tiefe von bis zu zehn Metern im Sediment verlegt sein können. Mit dieser Methode kann man die von den Kabeln gestreute akustische Energie zu ihrem Ausgangspunkt zurückverfolgen. Die anschließende Datenauswertung erfolgt mit einer eigens entwickelten Software, die die Position der Kabel hochauflösend in Echtzeit darstellt. 

Der Vorteil des Systems für den Anlagenbetreiber liegt laut Dr. Jude Castelino auf der Hand: „Eine Abschaltung des zu vermessenden Kabels während des Vorgangs ist nicht erforderlich. Eine ununterbrochene Stromübertragung während der Vermessung verringert die Betriebskosten der Windparks. Bisher musste das Kabel je nach Auftrag bis zu mehreren Tagen abgeschaltet werden“. (cp) 

www.iwes.fraunhofer.de 

Beitragsbild: Ilja / stock.adobe.com