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INTERVIEW: Fernwirktechnik in der Fläche

17.05.2023 – Mindestens 9 Millionen schaltbare Anlagen in der Niederspannung werden der Digitalisierung der Ortsnetze bis 2030 einen deutlichen Schub verleihen. Zu den Herausforderungen und den Möglichkeiten der Fernwirktechnik sprachen wir mit Oliver Callegari, Geschäftsführer Vertrieb von SAE IT-Systems.

Herr Callegari, wie sieht es in Sachen Digitalisierung der Ortsnetze aus?

Oliver Callegari, Geschäftsführer Vertrieb, SAE IT-Systems (Foto: SAE IT-Systems)

Sehr unterschiedlich: Einige wenige Stadtwerke haben bereits einen größeren Teil der Ortsnetzstationen ausgestattet, andere stehen noch ganz am Anfang. Man muss sich im Klaren sein, dass wir hier künftig in andere Größenordnungen kommen: Selbst kleine Netzbetreiber, die bisher 50 Stationen im Netz betreiben, werden irgendwann 200 haben. Natürlich wird man nicht alle Ortsnetzstationen in der Mittelspannung mit Fernwirktechnik ausrüsten müssen, man geht von etwa 30 Prozent aus. Wir raten dazu, die neuen Stationen auszustatten, denn eine Nachrüstung ist sehr teuer. Was wir wirklich dringend brauchen, sind die Daten aus der Niederspannung, die wir bisher so gut wie gar nicht haben.

Wie kommen Sie an diese Daten?

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, Sensoren in bestehenden ONS nachzurüsten. Die Systeme zur Auswertung dieser Daten aus der Niederspannung werden übrigens ganz andere sein als die Leitstellen, die wir aus der Mittel- und Hochspannung kennen. Auch andere Voraussetzungen werden sich grundlegend ändern. In der Fläche habe ich keine Verbindungskabel, muss also das Mobilfunknetz oder 450 Mhz-Verbindungen nutzen. Ich brauche die Cloud, einen Broker, ein Patch- und Device-Management, ein Management für den Zertifikateaustausch, also Technologien, um die Schritte zu automatisieren, die früher von Hand gemacht wurden. Es ist eben etwas anderes, ob ich 15 Stationen in Umspannwerken oder 1.500 Stationen in den Ortsnetzen habe. Die Anforderungen an den Fernwirker verändern sich hier, Unterstützung aus der IT-Abteilung ist regelmäßig notwendig.

Wie können gerade kleinere Netzbetreiber das schaffen?

Das kann ich gerne am Beispiel der Stadtwerke Kempen zeigen: Hier gab es einen gewissen Grad an Automatisierung in den ONS, man wollte aber auch Daten aus der Niederspannung – vor allem dort, wo Probleme vorlagen oder vermutet wurden. Dazu haben wir gemeinsam einen mobilen Messkoffer entwickelt, mit dem temporär die Niederspannungsabgänge überwacht werden können. Dadurch konnten die Stadtwerke Kempen schnell problematische Kunden im Netz erkennen. In den entsprechenden Stationen wurde dann die bestehende Fernwirktechnik um eine Messung auf der Niederspannungsseite erweitert. Dafür haben wir ein Modul, das die Daten aus der Mittelspannung in die Leitstelle überträgt und die Daten aus der Niederspannung in ein Monitoring-System. Das geht aus einer Fernwirkanlage heraus – das gleiche Tool, die gleiche Hardware, nur ein Patch- und Device-Management. Das spart Zeit und Ressourcen.

Automatisierung spielt also auch bei Ihnen eine Schlüsselrolle?

Ja, wir haben sehr viel entwickelt, um Abläufe zu automatisieren. Beispielsweise ist es möglich, eine maximale Standard-Konfiguration für die Fernwirktechnik in einer ONS festzulegen. Über einen einfachen Editor können dann die Parameter individuell für jede Anlage anders gesetzt werden. Die Grundkonfiguration bleibt aber immer dieselbe. Wenn sich dann dort etwas ändert – neue IP-Adressen oder ein neues Leitsystem – dann ändere ich nur das Typical und „vererbe“ dies an alle Stationen, die daraus abgeleitet sind. So kann man mit einem Mausklick bei 1.000 Stationen die Konfiguration anpassen.

Und wie kann man die IT-Sicherheit mit einem vertretbaren Aufwand in den Griff bekommen?

Auch bei Themen wie Verschlüsselungsalgorithmen, Benutzerverwaltung oder Austausch von Zertifikaten haben wir viel investiert. Unabhängig davon, ob die Verschlüsselung zur Leitstelle über einen VPN-Tunnel oder in eine Cloud über eine TLS-Verschlüsselung gesichert ist – man benötigt Zertifikate mit begrenzter Laufzeit. Deswegen haben wir ein Zertifikatemanagement entwickelt, über das ich auch diesen Prozess automatisiert und aus der Ferne steuern kann. Das System kann als Ergänzung zum intelligenten Messsystem, bei dem die Verwaltung und der Zugriff komplexer ist, genutzt werden. Über die Fernwirktechnik werden die Mittelspannung und – wo in Zukunft möglich – die Niederspannungsabgänge geschaltet, Verbraucher und Erzeuger in der Niederspannung aber über die Steuerbox und das CLS-Management. (pq)

www.sae-it.de