14.03.2023 – „Trotz des großen Drucks auf die Sicherheit der Strom- und Energieversorgung, der beispiellosen Volatilität der Energiemärkte und der hohen Gas- und Strompreise haben wir unser Versprechen, eine hohe Netzverfügbarkeit von 99,9996 % zu gewährleisten, erneut eingelöst. Zugleich haben wir fast 4,5 Milliarden EUR in den Netzausbau investiert. Damit treiben wir die Energiewende voran und gewährleisten Energiesicherheit“, berichtet Manon van Beek, CEO von Tennet.
In den nächsten zehn Jahren würden die Investitionen des Übertragungsnetzbetreibers voraussichtlich auf mindestens acht Milliarden Euro pro Jahr ansteigen. Zwischen 2011 und 2022 investierte Tennet nach eigenen Angaben über 30 Milliarden Euro in die Onshore- und Offshore-Strominfrastruktur – davon über 21 Milliarden in Deutschland.
Fortschritte bei Energiewende wirken positiv auf Finanzindikatoren
Die Umsatzerlöse stiegen von 6,367 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 9,840 Milliarden Euro im Jahr 2022. Das bereinigte EBIT stieg auf 1.210 Millionen Euro (2021: 834 Mio. EUR). Die gestiegenen Energiekosten hätten den Aufwand für die Netzstabilisierung erhöht, was zu negativen Auswirkungen auf das IFRS-Ergebnis führte. Gemäß den IFRS-Rechnungslegungsstandards werden derzeit die künftigen regulatorischen Erstattungen von Tennet für die in 2022 angefallenen außerordentlichen Netzstabilisierungskosten nicht bilanziell erfasst. Dies führe zu einem ausgewiesenen negativen EBIT in Höhe von 976 Millionen Euro.
Neuer Standard für den Anschluss von Offshore-Windenergie
Mit der „Esbjerg-Erklärung“ wurden im Mai 2022 neue Ziele für die Offshore-Windenergie in der Nordsee festgelegt. Es handelt sich um das erste zwischenstaatliche Abkommen zwischen Belgien, Dänemark, Deutschland und den Niederlanden, das den Bau von 65 GW Offshore-Windenergie bis 2030 und bis zu 150 GW bis 2050 vorsieht. Tennet werde bis 2030 40 GW an Offshore-Windenergiekapazität in den Niederlanden und Deutschland anschließen.
Um diese Ziele zu erreichen, hat Tennet die nächste Generation von Offshore-Netzanbindungssystemen mit dem Zwei-GW-Gleichstrom-Standard entwickelt. Mit diesen Anbindungssystemen werden künftig größere Windparks angeschlossen und somit mehr Strom an Land transportieren. Das bedeutet gleichzeitig weniger Plattformen und Kabel und ist damit umweltschonender. Für diese Offshore-Netzanschlüsse mit einer höheren Übertragungskapazität hat TenneT im Jahr 2022 Großausschreibungen gestartet. Die 2-GW-Offshore-Konverterplattformen sind „hub-ready“, d.h. technisch ausgelegt für eine Vernetzung, und sollen an ein künftiges vermaschtes Overlay-Gleichstromnetz angeschlossen werden. Zudem hat TenneT im vergangenen Jahr begonnen, Optionen für Energieknotenpunkte, sog. Hubs auf See, zu untersuchen. Diese sollen Offshore-Windparks mit den Onshore-Netzen verbinden und zugleich als Verbindungen zwischen den Nordseeländern dienen.
Redispatch und hohe Netzstabilisierungskosten
Wie Tennet vermeldet, sind die Gesamtkosten des Energiesystems im Jahr 2022 aufgrund der hohen Energiepreise und der gestiegenen Kosten für die Beschaffung von Strom auf den Großhandelsmärkten zur Aufrechterhaltung des Netzgleichgewichts oder zum Ausgleich von Netzverlusten erheblich gestiegen. Der Trend steigender Preise begann dem ÜNB zufolge bereits im September 2021 und setzte sich im Laufe des Jahres 2022 fort. Gründe waren neben dem Ukraine-Krieg und seinen Auswirkungen auf die Netzsituation in Europa auch Änderungen der europäischen Rechtsvorschriften zum grenzüberschreitenden Handel sowie zur Marktkopplung.
In Deutschland sind die Kosten für Engpassmanagement, Regelenergie und andere Systemdienstleistungen deutlich gestiegen. Neben dem starken Anstieg der Großhandelspreise sei dies auch auf die höheren Strommengen zurückzuführen, die zur Stabilisierung des Netzes benötigt werden. Eine Erhöhung der Übertragungsnetzentgelte in Deutschland konnte vermieden werden, da die gestiegenen Kosten durch einen Zuschuss der Bundesrepublik Deutschland ausgeglichen wurden.
Verkauf der deutschen Aktivitäten von Tennet wird geprüft
Der Übertragungsnetzbetreiber und sein Gesellschafter, der niederländische Staat, führen derzeit Gespräche mit der deutschen Bundesregierung, um die Möglichkeit eines vollständigen Verkaufs der deutschen Aktivitäten von Tennet zu prüfen. Ziel sei es, den Kapitalbedarf für die umfassende Investitionsagenda langfristig zu sichern. Eine solche Transaktion, die in eine langfristige bilaterale Energiekooperation eingebettet ist, würde die Schaffung von zwei starken nationalen Akteuren ermöglichen, die gemeinsam die Energiewende vorantreiben.
„Im vergangenen Jahr hat sich die Energiewelt drastisch verändert. Das hat auch Konsequenzen für TenneT. Eine neue Eigentümerstruktur ermöglicht uns, den erheblich gestiegenen Kapitalbedarf zu decken. Gleichzeitig ist die weiterhin enge Zusammenarbeit im Energiebereich entscheidend für die Integration der europäischen Energiemärkte, die Beschleunigung der Energiewende und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit“, erklärt Manon van Beek. (ds)