20.03.2025 – Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) soll in den nächsten Jahren das High Power Grid Lab entstehen – eine Testplattform zur Erprobung neuer Netzkomponenten unter realistischen Bedingungen.
Am High Power Grid Lab (HPGL) werden künftig neue Netztechnologien in einer Testumgebung untersucht, die das reale Stromnetz so präzise wie möglich nachbildet. Im Fokus stehen Nieder- und Mittelspannungsnetze zur regionalen Stromverteilung. Die Testplattform soll im Jahr 2030 in Betrieb gehen. Ihr Bau wird mit 32,8 Millionen Euro aus Mitteln für strategische Ausbauinvestitionen der Helmholtz-Gemeinschaft finanziert. Das HPGL wird dann Teil des Energy Lab am KIT, einer der größten Forschungsplattformen Europas, dieVersuchsanlagen zur Stromerzeugung, Energiespeicherung und -nutzung miteinander verknüpft, um ein intelligentes Gesamtsystem zur Energieversorgung zu entwickeln.
„Mit dem HPGL schaffen wir eine weltweit einzigartige Forschungsumgebung, um das Verhalten innovativer Netzbetriebsmittel unter realistischen Bedingungen zu untersuchen“, sagt Professor Marc Hiller, Leiter des Elektrotechnischen Instituts (ETI) am KIT. „Diese Infrastruktur wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, neue Technologien für den Umbau unserer Stromnetze zu entwickeln.“ Ziel des HPGL ist es, das Systemverhalten neuartiger Netzbetriebsmittel wie Stromrichter für Mittelspannungs-Gleichstromnetze in ihrer möglichst realen Netzumgebung zu erforschen.
Durch die zunehmende Elektrifizierung gewinnen miteinander gekoppelte Mittelspannungsnetze, regionale Verteilnetze sowie Industrienetze immer mehr an Bedeutung. Das Smart Energy System Simulation and Control Center des Energy Lab am KIT kombiniert die Echtzeitsimulation von Stromnetzen mit den künftig im HPGL verfügbaren Emulatoren für Mittelspannungsnetze. Dabei bestimmt die Echtzeitsimulation das Systemverhalten der Stromnetze, während die Emulatoren dieses Verhalten in der realen Welt mit realen Leistungsfluss nachbilden. So können verschiedene Komponenten umfassend erprobt werden. Es entsteht eine flexible Testumgebung – Power Hardware in the Loop –, die mit ihrem Verhalten das reale Netz so exakt wie möglich darstellt. So lässt sich zum Beispiel der Energiefluss von einem Mittelspannungsnetz in ein anderes regeln.
Modernste Technologie für Mittelspannungsnetze
„Die im HPGL eingesetzten Mittelspannungs-Emulatoren werden speziell für dieses Projekt entwickelt“, erklärt Lukas Stefanski, wissenschaftlich-technischer Projektleiter des HPGL. „Wir können Wechselspannungsnetze bis 20 Kilovolt und Gleichspannungsnetze bis 35 Kilovolt transformatorlos bis zu einer Leistung von 40 Megavoltampere emulieren. Das ist ein entscheidender Fortschritt für die Forschung an leistungsstarken Technologien für die immer wichtiger werdenden Mittelspannungs-Verteilnetze.“ Dr. Rüdiger Schwendemann, Teilprojektleiter für die HPGL-Komponenten, betont: „Ein zentrales Ziel des HPGL ist es, innovative leistungselektronische Betriebsmittel für Mittelspannungsnetze zu entwickeln und unter realen Bedingungen zu testen. Die Emulatoren erlauben es, das Netzverhalten präzise abzubilden sowie Betriebs- und Fehlerzustände reproduzierbar und sicher zu emulieren.“
Nationale und internationale Kooperation für die Energiewende
An dem Gesamtprojekt sind am KIT neben dem ETI das Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik, das Institut für Automation und angewandte Informatik sowie das Institut für Technische Physik beteiligt. Außerdem sind in der Aufbauphase viele nationale und internationale Industrieunternehmen, Netzbetreiber sowie Forschungsinstitute involviert. (pq)