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Werkzeuge für stabile Netze

10.06.2025 – Es gibt viel zu tun in unseren Stromnetzen, doch Netzbetreiber und ihre Dienstleister kämpfen mit knappen Ressourcen. Welche Wege führen aus dem Engpass?

Quelle: Deloitte | Fachkräftelücke in der Energiewirtschaft (2024)

Die Stromversorgung hierzulande gehört zu den stabilsten der Welt und das ist nicht zuletzt all denen zu verdanken, die im Netzbetrieb und draußen im Feld tagtäglich dafür sorgen, dass die Betriebsmittel heute und in Zukunft zuverlässig arbeiten. Im aktuellen Umbau unseres Energiesystems bedeutet das viel mehr als turnusmäßige Wartungen durchzuführen oder ab und an ein defektes Kabel zu reparieren. Steigende Zahlen erneuerbarer Einspeiser und elektrischer Verbraucher müssen in die Netze integriert werden – von der Netzanschlussprüfung bis hin zum Zählertausch in der Ladesäule. Parallel werden Betriebsmittel in der Fläche erneuert und digitalisiert. Das ist zwingend notwendig, doch auch die dafür erforderliche Mess- und Kommunikationstechnik will eingebaut, gewartet und im Bedarfsfall repariert werden. Schließlich zeigt nicht nur der Blackout auf der iberischen Halbinsel, dass das Stromsystem störanfälliger wird. Kurz: Der Netzbetrieb steht vor einem enormen Zuwachs geplanter und ungeplanter Aufgaben.

Fachkräfte fehlen

Schon die vorhandenen Ressourcen reichen dafür vielfach nicht aus, nun gehen immer mehr Fachkräfte in den Ruhestand und qualifizierter Nachwuchs ist aus verschiedenen Gründen knapp. In einer aktuellen Deloitte-Umfrage zum Fachkräftemangel in der Energiewirtschaft gibt nur noch ein Drittel der Befragten an, alle offene Stellen zeitnah besetzen zu können, 87 Prozent glauben, dass das in den kommenden Jahren noch schwieriger werden wird. Die Serviceunternehmen haben ähnliche Probleme: Neue, gar kurzfristige Aufträge können oft gar nicht angenommen werden.

Effizienter arbeiten

Wo Personal knapp ist, muss effektiver gearbeitet werden und nicht umsonst beschäftigen sich laut der aktuellen Stadtwerkestudie von BDEW und EY derzeit 87 Prozent der Unternehmen intensiv mit der Optimierung interner Prozesse und der betrieblichen Reorganisation. Die Digitalisierung der Netze und die Bereitstellung intelligenter Analysetools schafft hierfür wesentliche Voraussetzungen – und hier geht es tatsächlich voran: Im Zuge der Umsetzung von §14a EnWG werden allmählich auch die Vorgänge in der Niederspannung transparent. Die Daten stehen in der Regel auch mobil für den Außendienst zur Verfügung. Standardprozesse wie etwa Anschlussanfragen laufen inzwischen fast überall automatisiert über digitale Schnittstellen.

Zwillinge und KI

Ein Drittel der deutschen Industrieunternehmen ist von Problemen durch Stromunterbrechungen betroffen. Von Stromunterbrechungen unter drei Minuten sind inzwischen 16 Prozent der Betriebe betroffen, 2021 waren es 10 Prozent. Foto: blacklight_trace / stock.adobe.com | RightPurpose / stock.adobe.com

Der „digitale Zwilling“ des gesamten Netzes ist zwar noch eine Vision, aber ein vollständig digitalisiertes Umspannwerk kann man bei MITNETZ Strom virtuell begehen und sogar bei der Planung von Ortsnetzstationen können Netzbetreiber heute von industriellen Engineering-Lösungen profitieren, die Wartung, Instandhaltung und Entstörung erheblich vereinfachen. Für eine vorausschauende Wartung benötigt man allerdings zusätzliche Daten aus den Betriebsmitteln sowie Tools, die diese Informationen zusammenführen und bewerten. In den höheren Spannungsebenen und bei den Betreibern erneuerbarer Energieanlagen ist das Stand der Technik, in der Niederspannung geht es auch.

Künstliche Intelligenz und Machine Learning sind in vielen Lösungen bereits „eingebaut“ und die Potenziale sind enorm – von der Datenanalyse über die Einsatzplanung bis hin zur Überwindung von Sprachbarrieren in multinationalen Teams.

Der Markt stellt heute viele Tools für effiziente Netzprozesse bereit, die sich sich über die eingesparten Prozesskosten meist sehr schnell rentieren. Ein regulatorischer Rahmen, der entsprechende Innovationen aktiv fördert, wäre damit ein wirklich wertvoller Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Gemeinsam besser

Kräfte zu bündeln und Synergien zu schaffen, erweitert ebenfalls die Handlungsspielräume und auch in diesem Bereich wird die Branche agiler. Viele Netzbetreiber teilen sich Aufgaben oder agieren als Dienstleister für kleinere Stadtwerke. Manche kooperieren bereits mit regionalen Fachunternehmen oder setzen – ähnlich wie die großen Serviceanbieter auf die Übernahme von Spezialbau-, Elektrotechnik- oder Montagefirmen.

Gerade im kommunalen Verbund lassen sich erhebliche Effizienzpotenziale durch koordinierte Planung heben: Wo eine Straße viermal im Abstand von zwölf Monaten aufgebaggert wird, um – nacheinander – Fernwärmeanschlüsse zu legen, die Fahrbahn zu reparieren, Breitbandkabel (des örtlichen Versorgers) einzubauen und anschließend drei neue Ladesäulen einschließlich Netzverstärkung zu installieren, lassen sich definitiv Personal und Kosten sparen.

Die wichtigste Ressource

Doch klar ist auch: So sehr sich die Effizienz durch gute Planung, weitreichende Datenerfassung oder Künstliche Intelligenz auch einsparen lässt – die wichtigste Ressource bleiben die Menschen, die Geräte ins Feld bringen, Datenanalysen prüfen und bewerten und vor Ort den Kurzschluss beheben. Engagierte Mitarbeiter:innen zu gewinnen, zu entwickeln und zu binden, ist somit für eine langfristig stabile Stromversorgung heute wichtiger denn je. (pq)