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Neuer Motor

23.06.2025 – Moderne Energieangebote verlangen mehr als klassische Abrechnungssysteme leisten können. Der französische Anbieter triPica will das ändern – mit einer übergreifenden Plattform, die sich bereits in der deutschen Energiewirtschaft bewährt.

Foto: srki66 / stock.adobe.com

Die Zeiten, in denen Versorger und Stadtwerke ihren Kund:innen einfach nur Strom oder Gas verkauft haben, sind vorbei. Die Bedürfnisse der Kund:innen wandeln sich – und mit ihnen die Angebote. Ob das Freibad- oder Busticket im Stromvertrag, die Wallbox zusammen mit dem Ladestromtarif oder Freiminuten für den E-Roller – all das gehört zum neuen Gesicht eines modernen Stadtwerks. Was vielen Unternehmen aber buchstäblich einen Strich durch die Rechnung macht, ist die Abbildung solcher neuen Geschäftsmodelle in den vorhandenen IT-Systemen.

Diese wurden einst für klassische Energieliefermodelle entwickelt und sind nicht ohne Weiteres in der Lage, andere Prozesse zu unterstützen. Um trotzdem handlungsfähig zu bleiben, ergänzen Versorger ihre Kernsysteme vielfach um spezifische Add-ons oder binden externe Einzellösungen an. Für jede neue Funktion ein zusätzliches Modul, für jede Ausnahme ein weiterer Workaround – bis die IT-Struktur zum schwerfälligen „Frankenstein“ aus eigentlich unverbundenen Einzelteilen geworden ist.

Vorreiter des Wandels?

Vor allem die großen Player im Energiemarkt sind einen anderen Weg gegangen und haben ihre Kernsysteme teilweise komplett durch innovative Plattformlösungen ersetzt. Eine davon ist die Plattform des französischen Anbieters triPica, die 2017 das SAP-System eines großen Regionalversorgers ablöste, und inzwischen auch bei mehreren Stadtwerken im Einsatz ist.

Die Plattform kommt ursprünglich aus der Telekommunikation und erlaubt es, Daten und Prozesse über Systemgrenzen hinweg zu verbinden und gestalten. Das Konzept unterscheide sich fundamental von den bisherigen Kernsystemen der Energiebranche – und könne gerade dadurch zum Game Changer werden, sagt Mathieu Horn, Geschäftsführer von triPica: „Die Energiewelt verändert sich. Daher ist es eine gute Idee, einen neuen Blick auf die Art und Weise zu werfen, wie man Dinge tut.“ Seit Anfang 2025 vermarktet triPica sein Produkt auch hierzulande selbst.

Abstrakt gedacht

triPica verfolgt einen Plattformansatz, der alle energiewirtschaftlichen Kernprozesse in einem System bündelt – von der Kundenverwaltung über das Abrechnungswesen bis hin zum Forderungsmanagement. Technisch fußt das Ganze auf einer cloud-nativen, modular aufgebauten Infrastruktur, die auf Echtzeit-Reaktionen und Ereignisverarbeitung ausgelegt ist.

Grafik: triPica

Das Besondere ist die hohe Abstraktion: Die Plattform basiert auf einem übergreifenden Datenmodell, das ursprünglich aus der Telekommunikation stammt. Es wurde von Beginn an so entwickelt, dass es sich für unterschiedlichste Anwendungsfälle eignet. „Für uns ist alles eine Informationsquelle“, sagt Horn. „Ob Stromanschluss, Mobilfunkvertrag oder E-Roller – das System lässt sich flexibel konfigurieren und an den jeweiligen Bedarf anpassen und funktioniert trotzdem auf derselben Basis.“ Über standardisierte Schnittstellen lassen sich externe Anwendungen problemlos integrieren – vom Ticketsystem des ÖPNV-Anbieters bis zum CLS-Management des Messstellenbetreibers. Auch Effizienz und Flexibilität sind mitgedacht: Unternehmen erhalten eine Bibliothek vorkonfigurierter Prozesse, die sich an den eigenen Be- darf anpassen lassen. Die deutsche Marktkommunikation, die unterschiedlichen Marktrollen sowie andere regulatorische Besonderheiten der deutschen Energiewirtschaft sind dabei bereits mit an Bord. „Wir haben – quasi hinter den Kulissen – ja schon alles umgesetzt, was man braucht, um die die digitalen Herausforderungen der Versorgungsbranche anzugehen“, fasst Mathieu Horn zusammen. Dass dynamische Tarife darin problemlos abbildbar sind, sei für ihn fast schon selbstverständlich: „Für uns ist das ganz einfach. Das passt perfekt in unser Modell.“

Mit an Bord sind zudem KI-gestützte Funktionen, die sowohl Servicepersonal als auch Endkund:innen unterstützen – etwa durch smarte Tarifvorschläge oder virtuelle Assistenten im Kundenservice.

Ablösung oder Ergänzung

Für Versorger, die die Plattform nutzen wollen, hat der triPica-CEO eine klare Empfehlung: Ablösung statt Flickwerk. „Wir migrieren die bestehenden Kund:innen auf unsere Plattform – und ab da profitieren sie von allem, was wir an Innovation mitbringen“, erklärt Horn.

Für Versorger, die noch nicht bereit für eine vollständige Umstellung sind, gibt es einen schlanken Einstieg: Die sogenannte „Rating Engine“, eine Art Rechenkern, der sämtliche Informationen aus unterschiedlichen Quellen verarbeitet und in Echtzeit den korrekten Preis kalkuliert, kann auch isoliert per API angesprochen werden. „Die Altsysteme schicken uns einfach die Daten, wir berechnen – und die Unternehmen bauen das Ergebnis in ihre Rechnung ein“, erklärt Horn. Der Wandel kann also auch schrittweise erfolgen.

Plattform trifft Praxis

Der offene Ansatz der Plattform soll es möglich machen, das System nicht nur branchen- sondern auch länderübergreifend einzusetzen. Was also heute für Stromtarife in Deutschland funktioniert, lasse sich morgen für Mobilfunkpakete in Frankreich oder Ladeinfrastrukturen in Italien nutzen, erklärt Horn. Mit diesem Ansatz ist die triPica-Plattform international erfolgreich im Einsatz – von der Schweiz über Französisch-Guyana bis nach Malaysia.

Im Heimatland Frankreich setzte 2024 triPica zusammen mit The Mobility House und Renault den nach eigenen Angaben weltweit ersten kommerziellen Vehicle-to-Grid-Dienst (V2G) erfolgreich um. Wer sein E-Auto zu Hause an die Wallbox anschließt, stellt dem Netzbetreiber zeitweise die Flexibilität seiner Batterie zur Verfügung – und erhält dafür eine Vergütung.

Mathieu Horn: „Möglich machen das triPicas SaaS-CRM und -Abrechnungsplattform sowie insbesondere vollständig API-basierte Architektur, die problemlos externe Systeme andocken lässt – ob nun Wallbox, Wärmepumpe oder künftig auch smarte Haushaltsgeräte.“ Während also in Frankreich das E-Auto längst als mobiler Speicher ins System integriert wird, scheitert die Umsetzung innovativer Energiedienstleistungen in Deutsch-and oft schon im Zählerkasten. Vielleicht hilft ein Freibadticket im Stromvertrag, die Wartezeit zu überbrücken. (pms)

www.tripica.com