20.03.2023 – Bereits Anfang 2022 belegte eine VDE Studie zum Arbeitsmarkt in der Elektrotechnik, dass die kommende Generation in der Elektrotechnik wenig Potenzial sieht. Für den Fachbereichstag Elektrotechnik und Informationstechnik wurden kürzlich 658 Schüler:innen kurz vor dem Schulabschluss, 50 „High Potentials“ mit der Note 1 oder 2 in Mathe/Physik/Informatik sowie 1.195 Studierende der Elektro- und Informationstechnik befragt.
Vor allem bei den High Potentials, aber auch bei vielen anderen Schüler:innen herrscht ein denkbar schlechtes Image, was die Aufgaben von Elektroingenieur:innen angeht, wie Studienleiterin Dr. Maya Götz erklärt: „Gebückte Haltung, Kabel verlegen oder Weihnachtsbeleuchtung am Marktplatz installieren: Solche Bilder haben Jugendliche im Kopf – und diese Tätigkeiten sind leider so gar nicht attraktiv.“ Auch zeige die Studienreihe, dass Ingenieur:innen als diejenigen gelten, die lediglich Arbeitsaufträge abwickeln oder elektrische Geräte kontrollieren und reparieren. Demgegenüber stehe der Wunsch junger Menschen, Lösungen zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. „Man sieht, dass reale Berufswünsche mit dem falsch vorgestellten Berufsalltag kollidieren, was zu sinkenden Einschreibungszahlen führt“, erklärt Dr. Götz.
Hinzu kommt, dass sich die Hälfte der angehenden Studienberechtigten online über mögliche Studiengänge informiert. Die Präsentation der Elektro- und Informationstechnik ist jedoch häufig gespickt mit Fremdwörtern und für Jugendliche wenig ansprechend gestaltet, was eher abschrecke.
Lücke am Arbeitsmarkt bremst Zukunftsthemen
Zwar kann aktuell Deutschland die Lücke an Elektroingenieur:innen großenteils mit Fachkräften aus dem Ausland schließen, doch dies ist keine Lösung für die Zukunft. Zum einen treiben demografischer Wandel und Tätigkeitsfelder wie Erneuerbare Energien, Mobilität, Digitalisierung oder Industrie 4.0 die Zahl offener Stellen weiter nach oben, zum anderen werden auch im Ausland Elektrotechnik-Spezialist:innen immer mehr gebraucht.
Kommunikation verbessern, Berufsbild schärfen
Oft sind es der Umfrage zufolge Zufallsimpulse, die Jugendliche von der Elektrotechnik wegtreiben, keine bewussten Entscheidungen auf Basis einer fundierten Beratung von Jobcentern oder Hochschulen. Somit sind zum einen Unternehmen gefragt, Orientierung zu schaffen. Was bietet die Elektrotechnik dem Nachwuchs, was macht sie attraktiv und – ganz konkret – was lässt sich im späteren Berufsleben verdienen? Werden diese Botschaften zielgruppentauglich kommuniziert, lässt sich das schiefe Bild zurechtrücken. Zum anderen sieht eine Mehrheit der Studierenden „Durchhaltevermögen“ als wesentliche Eigenschaft für das Studium. Gelingt es den Hochschulen zu vermitteln, für welche Aufgaben das Studium im späteren Berufsleben qualifiziert, sei eine höhere intrinsische Motivation zu erwarten.
Ein anderer Aspekt ist die konkrete Ansprache von Mädchen und jungen Frauen, um sie für Elektro- und Informationstechnik zu gewinnen. Selbst unter den High Potentials in MINT-Fächern gibt die Mehrheit der beteiligten Schülerinnen der Branche ein schlechtes Zeugnis. Es sei immer noch eine Männerdomäne, man wolle sich im Job nicht unterbuttern lassen oder im Umfeld blöde Sprüche anhören müssen wegen der Berufswahl. „An all diesen Themen müssen wir mit Hochdruck arbeiten,“ resümiert Dr. Schanz. „Wer weiß, vielleicht brauchen wir auch neue Bezeichnungen für die Studiengänge der Elektrotechnik, um das in Schieflage geratene Image aufzulösen.“ (ds)