01.08.2024 – Studienergebnisse zeigen, dass im Jahr 2030 bereits 1.000 öffentliche Megawatt-Ladestationen ausreichen könnten, um 91 Prozent des erwarteten E-LKW-Langstreckenverkehrs abzudecken.
In einer gemeinsamen Studie haben sich das Fraunhofer ISI und Amazon der Frage gewidmet, wie die optimale Anzahl und Standortwahl öffentlicher Schnellladestationen für den Langstrecken-LKW-Verkehr in Europa aussehen könnte. Bislang gibt es lediglich eine EU-Verordnung, die konkrete Mindestziele für die öffentliche Lkw-Ladeinfrastruktur für alle EU-Mitgliedstaaten vorgibt: So soll es nach Willen der EU bis zum Jahr 2030 europaweit mehr als 2.000 Lkw-Ladestationen geben.
Angesichts der begrenzten Reichweite von batterieelektrischen Lkw im Vergleich zu Diesel-Lkw stellen sich jedoch die Expert:innen des ISI die Frage, wie viele Schnellladestationen in Europa tatsächlich benötigt werden – vor allem entlang von Autobahnen. Die aktuelle Studie von ISI und Amazon hat daher auf Basis von Berechnungen des erwarteten europäischen LKW-Verkehrsaufkommens in 2030 ein optimiertes Lkw-Ladenetzmodell entwickelt, das den erwarteten Ladebedarf mit einer Mindestanzahl an Ladestationen deckt.
Dabei berücksichtigt die Studie auch Kapazitätsbeschränkungen im Hinblick auf Platzverfügbarkeit sowie Netzanschluss und berechnet einen optimierten, schrittweisen Netzausbau entlang der Strecken mit der höchsten Nachfrage in Europa.
1.000 Schnellladestationen für E-LKW
Die Studienergebnisse zeigen, dass bei einem prognostizierten Anteil von 15 Prozent batteriebetriebener Lkw im gesamten Fernverkehrsfahrzeugbestand lediglich 1.000 optimal ausgewählte Ladestationen über Europa verteilt ausreichen würden, um rund 91 Prozent des gesamten E-LKW-Fernverkehrs abzudecken. Damit fällt die Anzahl der in der Studie vorgeschlagenen Ladestationen geringer aus als die in den EU-Mindestinfrastrukturzielen.
Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Studienautor, betont: »Die Ergebnisse zeigen, dass sogar weniger Ladestandorte als von der Europäischen Union gefordert, fast den gesamten europäischen E-LKW-Verkehr abdecken würden. Diese neuen Standorte müssen aber eine ausreichende Netzleistung haben, wobei einige eine Kapazität von bis zu 12 Megawatt benötigen werden, um bis zu 20 MCS-Anschlüsse versorgen zu können. Dies verdeutlicht die Herausforderungen beim Energiebedarf und der Netzinfrastruktur, den die Elektrifizierung des europäischen Lkw-Güterfernverkehrs mit sich bringt. Mehrere europäische Regierungen arbeiten aber bereits aktiv an genau diesen Herausforderungen.«
Was die optimale Standortwahl für Lkw-Ladestationen in Europa anbelangt, empfiehlt die Studie, den Fokus auf stark befahrene Strecken an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu legen. Wenn das Ladenetz später ausgebaut wird, können sukzessive Standorte auf weniger stark befahrenen Strecken hinzukommen.
Megawatt-Laden als Grundlage
Die Studienpartner kommen zu dem Schluss, dass ein europäisches Ladenetz nur auf der Grundlage von Megawatt-Ladestationen die Verbreitung batteriebetriebener Lkw in Europa stärker fördern könne. „Unsere Untersuchung legt nahe, dass Industrie und Politik die weitere Entwicklung und Einführung von Megawatt-Ladesystemen wie MCS beschleunigen müssen. Denn dies ermöglicht etwa Logistikunternehmen, die keine Möglichkeit zum Depotladen haben, ihre Flotten zu elektrifizieren. Durch öffentliche MCS-Stationen könnten Herausforderungen etwa bei der Stromversorgung oder durch den Erwerb entsprechender Immobilien vermieden werden, die oft eine große Hürde für die Anschaffung von batteriebetriebenen Lkw sind.“, fasst Dr. Patrick Plötz vom ISI zusammen. (cp)
Beitragsbild: Sascha /stock.adobe.com