04.09.20204 – Der Trend zur Elektromobilität hat längst auch den Schwerlastverkehr erreicht. Anfang 2024 waren laut Statista fast 79.000 Elektro-Lkw auf Deutschlands Straßen unterwegs, eine Verdreifachung im Vergleich zu 2020. Diese Entwicklung erfordert eine ebenso dynamische Anpassung der Ladeinfrastruktur, insbesondere durch den Ausbau von Schnellladepunkten. Diese sollen das nächtliche Laden in Depots ergänzen und den Einsatzradius der Elektro-Lkw erheblich erweitern.
Um den wachsenden Bedarf zu decken, hat die Europäische Union ehrgeizige Ziele formuliert: Bis 2030 sollen europaweit mehr als 2.000 Lkw-Ladestationen errichtet werden. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und Amazon wirft jedoch eine interessante Frage auf: Sind so viele Ladestandorte tatsächlich notwendig? Die Untersuchung zeigt, dass rund 1.000 optimal platzierte Ladestationen ausreichen könnten, um bis zu 91 Prozent des gesamten europäischen Elektro-Lkw-Fernverkehrs abzudecken. Voraussetzung ist ein prognostizierter Anteil von 15 Prozent batteriebetriebener Lkw im gesamten Fernverkehrsfahrzeugbestand.
HERAUSFORDERUNG NETZ
Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Studienautor, betont: Die Ergebnisse zeigen, dass sogar weniger Ladestandorte als von der Europäischen Union gefordert, fast den gesamten europäischen E-Lkw-Verkehr abdecken würden. Diese neuen Standorte müssen aber eine ausreichende Netzleistung haben, wobei einige eine Kapazität von bis zu 12 Megawatt benötigen werden, um bis zu 20 MCS-Anschlüsse versorgen zu können. Dies verdeutlicht die Herausforderungen beim Energiebedarf und der Netzinfrastruktur, den die Elektrifizierung des europäischen Lkw-Güterfernverkehrs mit sich bringt. Mehrere europäische Regierungen arbeiten aber bereits aktiv an genau diesen Herausforderungen. Die Studie berücksichtigt daher Kapazitätsbeschränkungen und empfiehlt einen schrittweisen Ausbau der Netzinfrastruktur entlang der am stärksten frequentierten Routen.
DEUTSCHLAND ALS VORREITER?
Auch Deutschland arbeitet intensiv an der Umsetzung dieser Ziele. Die Bundesregierung plant, an etwa 350 Standorten entlang der Autobahnen eine E-Lkw-taugliche Schnellladeinfrastruktur zu errichten. Gemeinsam mit Netzbetreibern und dem Branchenverband BDEW wurde erst kürzlich der offizielle Startschuss für den Ausbau gegeben. Wer die Ladeinfrastruktur an den 130 unbewirtschafteten Raststätten errichten wird, entscheidet sich im Rahmen einer für Spätsommer 2024 geplanten Förderausschreibung. Die Autobahn GmbH des Bundes, die vom BMDV mit der Beauftragung der Netzanschlüsse betraut wurde, arbeitet derzeit intensiv an der Prüfung und Umsetzung der erforderlichen Infrastrukturtechnik an den geeigneten Standorten. Für die ersten Standorte hat die Autobahn GmbH bereits die Netzanschlussbestellungen ausgelöst. (pms)