08.01.2023 – Mehr als eine Tankstelle: Der Next Mobility Hub in Passau bietet neben H2-Zapfsäulen und Schnellladepunkten ein wegweisendes Energiemanagement. Zwei Stromspeicher im Industrie-Maßstab puffern dabei Lastspitzen ab.
Als der erste Wasserstoff in den 24-Tonner fließt, wird in Passau gefeiert: Auf dem Gelände des Sonderfahrzeugbauers Paul wurde im September mit der Eröffnung des Next Mobility Hubs die Zukunft der modernen Tankstellen eingeläutet. Diesel, Benzin, erneuerbarer Wasserstoff, Strom oder Snacks für den Fahrer – der Mobility Hub vereint alles, was der nachhaltige Mobilist begehrt unter einem Dach, auf dem eine Photovoltaik-Anlage gleichzeitig für grüne Energie sorgt.
„Mit unserem Ansatz des Next Mobility Hubs in Passau sehen wir uns als Innovationsführer für eine Tank- und Ladeinfrastruktur in Deutschland und darüber hinaus“, sagte Investor und Bauherr Lorenz Maier, Geschäftsführer des Tankstelleninfrastrukturbetreibers Maier-Korduletsch auf der Eröffnungsfeier. Die Kombination von nachhaltiger Energieerzeugung vor Ort, großen Energiespeichern, Wasserstoff und einem intelligentem Energiemanagement biete völlig neue Perspektiven für zukünftige Tankstelleninfrastruktur.
In rund zehn Minuten haben die Kund:innen ihre Fahrzeuge für die CO2-neutrale Weiterfahrt mit den alternativen Kraftstoffen betankt. Die zwei H2-Zapfsäulen arbeiten mit 350 bar und beziehen ihre Leistung aus einer leistungsfähigen Verdichter- und Speicherlösung mit zwei Kompressoren, wodurch zweimal fünf Lkw pro Säule parallel und ohne Wartezeiten hintereinander tanken können. Laut Maier ist diese Kapazität bisher einmalig in Europa. Die Anlieferung des Wasserstoffs wird über mehrere Druck-Trailer sichergestellt, die über ein Fassungsvermögen von 1.000 kg verfügen. Die zehn HPC-Schnellladeplätze für Pkw können zeitgleich jeweils 150 kW abgeben. Damit erfülle der Hub bereits heute die Forderung der Regierung, dass zukünftig der Großteil aller Tankstellen in Deutschland mit Schnellladern mit einer Ladeleistung von 150 kW ausgestattet sein müssen, so Maier.
Smartes Energiekonzept für CO2-neutralen Betrieb
Initiiert vom Next Mobility Accelerator Konsortium, an dem maßgeblich der Energiekonzern Shell, das Energieunternehmen Maier-Korduletsch und der Fahrzeughersteller Paul Group beteiligt sind, verfügt der Mobility Hub über ein zukunftsweisendes Energiemanagement, was in Zusammenarbeit mit einem Expertenteam entwickelt wurde, wie der Bauherr betont. Dazu gehören nachhaltige Eigenenergiegewinnung aus PV für die betriebliche Nutzung sowie Energiehandel im Intra-Day-Strommarkt mit netzdienlichen Leistungen durch Sektorenkopplung von Strommarkt und Mobilität.
Speicher puffern Lastspitzen ab
Zwei Energiespeicher der Firma Fenecon bilden das Herzstück des Systems. Sie speichern den überschüssigen Strom aus der leistungsstarken 230 kWp PV-Anlage, die auf allen zur Verfügung stehenden Dachflächen bis zu 1 MW Leistung für die Ladesäulen und das angegliederte Bistro produziert.
Zudem stabilisieren sie das Netz, indem sie Lastspitzen abpuffern – denn an der Tankstelle saugen nicht nur bis zu zwölf Schnellladepunkte gleichzeitig große Strommengen, auch der Kompressor der Wasserstoffanlage zieht vor allem beim Anlaufen eine hohe Leistung. Mit Einsatz von intelligenter Speichertechnologie kann bei Projekten wie diesem dennoch auf einen teuren Netzausbau verzichtet werden.
Konkret kommen in Passau zwei Industrial L-Stromspeicher von Fenecon zum Einsatz. Große Stromspeicher der Industrieklasse sind für eine Vielzahl an Anwendungen ausgelegt. Sie liefern hohe Ladeleistung, eignen sich auch für Orte mit geringem Netzausbau und entlasten das Stromnetz. Die Industrial L-Speicher mit hoher Entladeleistung und hoher C-Rate, also einer dazu relativ kleinen Batterie, erwiesen sich für den Mobility Hub den Angaben zufolge als die günstigste Lösung. Die Batterien kommen von deutschen E-Auto-Herstellern. Das für den Außeneinsatz konzipierte System liefert mehr als 700 kW Leistung sowie rund 1,3 MWh Speicherkapazität. Der Speicher besitzt mehrere Wechselrichter, um auch bei Teillast einen hohen Wirkungsgrad zu gewährleisten.
„Unsere Speicher federn die Leistungsspitzen ab und können auch mit einem möglichen Ausbau der Ladepunkte mitwachsen“, erklärt Franz-Josef Feilmeier, Gründer und Geschäftsführer von Fenecon. Für ein intelligentes Energiekonzept sei es zudem wichtig, das Speicher- und Ladepunkt-Management in einem Energiemanagement zu vereinen, um eine ganzheitlich optimierte Lösung zu schaffen.
Während der eine Speicher die Kappung der Lastspitzen sicherstellt, nimmt der zweite am Stromhandel teil. Beide werden für einen effizienten Betrieb des Hubs netzdienlich gesteuert. Das hauseigene Energiemanagementsystem FEMS regelt die nachhaltige Eigenenergiegewinnung aus der PV-Anlage und steuert das Stromspeichersystem so, dass bei hohem Netzbezug die Batterie entladen wird, um die Leistung am Netzanschlusspunkt unter dem definierten Wert zu halten. Sobald der Netzbezug wieder sinkt und unter einen zweiten Belade-Schwellwert fällt, belädt sich die Batterie wieder, um für die nächste Lastspitze bereit zu sein. Die Lastspitzenkappung kann auch phasengenau erfolgen. Ebenso ist eine Umsetzung im Rahmen des Hochlastzeitfensters möglich. (bs)