29.06.2022 – Das Land Baden-Württemberg weitet die Solarpflicht auf bestehende Gebäude aus. Ab 1. Januar 2023 müssen bestehende Wohn- und Nichtwohngebäude bei einer grundlegenden Dachsanierung mit einer Photovoltaikanlage versehen werden. Wie das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau hinweist, tritt damit nach der Anforderung für neue Nichtwohngebäude, Parkplätze und Wohngebäude die letzte Stufe der Solarpflicht des Landes in Kraft.
Wer ab 2023 sein Dach grundlegend saniert, muss 60 Prozent der solargeeigneten Dachfläche mit Photovoltaikmodulen belegen. Die Regelung gilt seit Januar dieses Jahres bereits für neue Büro- und Verwaltungsgebäude und Dächer von Parkplätzen mit mehr als 35 Stellflächen. Im Mai trat die Pflicht auch für neue Wohngebäude in Kraft. Zwar muss gemäß der neuen Pflicht nur gut die Hälfte des Dachs mit Photovoltaikmodulen belegt werden, doch auch eine größere Solaranlage kann gerade für diejenigen sinnvoll sein, die bereits eine Wärmepumpe betreiben und E-Autos nutzen oder entsprechende Anschaffungen planen. Zudem würden bei größeren Anlagen die relativen Kosten sinken.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Solarpflicht für Bestandsgebäude hat Zukunft Altbau zusammengetragen.
Was ist eine grundlegende Dachsanierung?
Eine grundlegende Dachsanierung liegt dann vor, wenn die Eindeckung eines Daches mit Dachziegeln oder die Abdichtung eines Flachdaches vollständig erneuert wird. Ausgenommen sind Baumaßnahmen, die ausschließlich zur Behebung kurzfristig eingetretener Schäden vorgenommen werden wie zum Beispiel Sturmschäden oder kleinflächige Reparaturen.
Jährlich gibt es im Südwesten laut Umweltministerium rund 11.000 Wohnungsneubauten, bei denen die Solarpflicht zum Tragen kommt. Pro Jahr werden zudem rund 3.500 neue Nichtwohngebäude errichtet – bei im Schnitt deutlich größeren Dachflächen. Die Zahlen bei Dachsanierungen sind noch höher. Jährlich werden knapp 40.000 grundlegende Dachsanierungen von Wohngebäuden vorgenommen und rund 10.000 von Nichtwohngebäuden. Zum Vergleich: 2021 wurden insgesamt knapp 40.000 Photovoltaikanlagen in Baden-Württemberg errichtet, die meisten auf Dächern. Es sei daher davon auszugehen, dass sich die Anzahl der Solaranlagen im Südwesten deutlich erhöhen wird, da auch viele Dächer ohne vorherige Dachsanierung zur Eigenstromnutzung belegt werden.
Wann greift die Solarpflicht?
Die Pflicht greift, wenn eine zur Solarnutzung geeignete Dach- oder Stellplatzfläche vorhanden ist. Dies ist bei den meisten Häusern der Fall. Als solargeeignet gelten Dachflächen, die ausreichend von der Sonne beschienen werden. Damit sind unverschattete oder nur geringfügig verschattete Dachflächen gemeint, die nach Süden, Osten oder Westen ausgerichtet sind. Zudem muss zumindest eine ihrer Einzeldachflächen eine zusammenhängende Mindestfläche von 20 Quadratmetern aufweisen. Dächer mit einer Dachneigung von mehr als 20 Grad, die nach Norden zeigen, werden als nicht geeignet eingestuft. Für eine Solarnutzung generell als ungeeignet gelten Gebäude mit einer Raumnutzfläche von weniger als 50 Quadratmetern. Denkmalgeschützte Gebäude sind nicht per se von der Solarpflicht ausgenommen. Dies wird im Einzelfall geprüft.
Ein Beispiel zeigt, was die Solarpflicht in der Realität konkret bedeutet. Ein freistehendes Einfamilienhaus verfügt etwa über rund 80 Quadratmeter Dachfläche. Um die Pflicht zu erfüllen, sind knapp 50 Quadratmeter des Dachs zu belegen. Das ergibt eine installierte Leistung der Solaranlage von rund zehn Kilowatt. Eine Photovoltaikanlage kostet derzeit pro Kilowatt Leistung rund 1.400 bis 1.600 Euro, die gesamte Beispielanlage also rund 15.000 Euro. Mit ihr können je nach Ausrichtung der Anlage rund 10.000 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt werden, rund dreimal so viel, wie ein Durchschnittshaushalt ohne E-Auto und Wärmepumpe verbraucht.
Wie kann das Gesetz auch erfüllt werden?
Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer können die Anlagen statt aufs Hausdach auch in unmittelbarer räumlicher Umgebung aufbauen, beispielsweise auf dem Carport vor dem Haus oder im Garten. Die Verpachtung der Dachfläche an Dritte, die dort eine Solaranlage installieren und betreiben, ist ebenfalls möglich. Eine weitere Option ist eine solarthermische Anlage, die das Brauchwasser erwärmt oder die Heizung unterstützt. (ds)