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Windkraft: Datenkommunikation nach Satellitenstörung wiederhergestellt

12.05.2022 – Der Ausfall eines Satellitennetzwerks legte jüngst die Fernsteuerung tausender Windkraftanlagen lahm. Der technische Betriebsführer AIRWIN beschaffte kurzfristig LTE-Modems, die auch für andere Einsatz­zwecke geeignet sind.

Wenn eine Windkraftanlage ausfällt oder in den Sicherheitsbetrieb heruntergefahren wird, liegt dies in den meisten Fällen an Umweltereignissen, also Stürmen, Vogel- oder Fledermausschwärmen. Am 24. Februar 2022 waren zahlreiche Windparks in Europa von einem Ereignis beeinträchtigt, vor dem Cybersecurity-Experten seit Jahren warnen: Ein Cyberangriff verursachte eine Störung des Satellitennetzwerks KA-SAT. Laut Bundesverband Windenergie (BWE) lag die Zahl der betroffenen Windenergieanlagen europaweit im vierstelligen Bereich. Das Lüneburger Unternehmen AIRWIN betreut als technischer Betriebsführer über 200 Windenergieanlagen von Norderney bis zum Schwarzwald. Rund 25 Anlagen waren von dem Kommunikationsausfall betroffen.

Anbindung an das SCADA-System

Jeder Windpark ist über ein SCADA-System des jeweiligen Herstellers angebunden, sodass die einzelnen Anlagen aus der Ferne überwacht werden können. „Diese Verbindung erfolgt typischerweise über DSL. Da in einigen ländlichen Regionen die Abdeckung nicht ausreicht, greift man in diesen Fällen gerne auf Satellitenverbindung zurück“, schildert AIRWIN-Geschäftsführer Tim Stromer. Über eine Satellitenschüssel, die am Turm der Windkraftanlage oder an einer Übergabestation angebracht ist, erfolgt die Datenkommunikation netzunabhängig über die Satellitenverbindung.

Windkraftanlagen Airwin

Trotz der Störung des Satellitennetzwerks waren die Windkraftanlagen in Betrieb und produzierten Energie, jedoch war eine Überwachung und Steuerung aus der Ferne nicht möglich. Foto: AIRWIN GmbH

Tim Stromer und sein Team konnten am besagten Tag die Ursache für den Ausfall schnell feststellen. Die Anlagen liefen weiter und produzierten auch Energie, jedoch war eine Überwachung und Steuerung aus der Ferne nicht möglich, sodass die Datenkommunikation gestört sein musste. Konkret legte die Cyberattacke die Router lahm, die Hardware musste also ausgetauscht werden. Das AIRWIN-Team erkannte die Dringlichkeit zum Handeln, da das Unternehmen auf die Daten für die Zustandsüberwachung der betreuten Anlagen angewiesen ist. „Bei den von uns betreuten Windkraftanlagen werden alle zehn Minuten Daten gespeichert – zum Status, zur Temperatur oder zur Lagertemperatur. Wir brauchen diese Daten, um unseren Kunden ein möglichst genaues Bild von der Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Anlage geben zu können.“

Für die Anlagenbetreiber bilden diese gesammelten Daten die Grundlage für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit ihres Investments, sodass sie ebenfalls großes Interesse an der schnellen Beseitigung der Störung zeigten. Hinzu kam, dass in den ersten drei Monaten des Jahres ein hohes Windaufkommen zu verzeichnen war. Eine Störung, die zu einem Stillstand der Anlage führt, hätte hohe Ertragsausfälle zur Folge gehabt. Der Hersteller Enercon bestätigte die Vermutung von AIRWIN zur gestörten Datenkommunikation und die Lüneburger setzten sich daran, Ersatzgeräte zu beschaffen. „Hier konnten wir glücklicherweise über unser Netzwerk schnell neue LTE-Modems besorgen“, so Tim Stromer. Zunächst musste über eine Anfrage bei den zuständigen Mobilfunknetzbetreibern überprüft werden, ob an den Standorten der betroffenen Windkraftanlagen eine ausreichende LTE-Netzabdeckung vorhanden ist.

 LTE Modem AIRWIN Satellitenstoerung

Nach dem Einbau der LTE-Modems erfolgte über Fernschaltung die Integration der neuen Geräte in die Netzwerke. Foto: AIRWIN GmbH

Umrüstung der LTE-Modems vor Ort

Die Umrüstung wurde direkt vor Ort in den zwölf betroffenen Windparks in Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachen umgesetzt. Bei den von AIRWIN betreuten Anlagen befinden sich die SCADA-Systeme in den nächstgelegenen Netzübergabestationen, in denen die gesamte Kommunikationstechnik verbaut ist. In anderen wurde der Gerätetausch direkt im Turm der Windkraftanlage durchgeführt. Nach dem Einbau mussten die SIM-Karten an den Geräten zunächst freigeschaltet werden. Im Anschluss erfolgte über Fernschaltung mit Enercon die Integration der Modems in die Netzwerke. „Danach konnten wir die Windparks wieder vollumfänglich überwachen und aus der Ferne steuern“, fasst Stromer das Ergebnis der Aktion zusammen.

Einige Anlagenbetreiber haben nicht auf die Störung reagiert, für sie zählte nur, dass sich die Rotorblätter weiterhin drehen. Zum Unverständnis vom AIRWIN-Geschäftsführer: „Es gab zwar keine Gefahr für die Netzstabilität und die Anlagen hätten sich im Fall einer schwerwiegenden Störung auch automatisch abgeschaltet. Aber ohne Zugang zum SCADA-System agieren die Betreiber bei der Übertragung von Live-Daten, die für eine solide Prognose benötigt werden, im Blindflug. In windreichen Zeiten kommen schnell einige Tausend Euro zusammen, also kein Vergleich zu den Kosten für den Einbau neuer Hardware.“ Nach rund einer Woche hatte AIRWIN alle betroffenen Windenergieanlagen umgerüstet. Alternativ hätte man das Modem ausbauen und die Platine reparieren können, jedoch hätte dieses Vorgehen laut Stromer zu viel Zeit gekostet.

Redundantes System für Datenkommunikation

AIRWIN entschied sich für den Einbau klassischer Industriemodems, die ein redundantes System unterstützen. Neben einer LTE-Antenne kann zusätzlich ein DSL-Kabel angeklemmt werden. Die Datenkommunikation kann auch über Satellit erfolgen, mit LTE als Backup – oder umgekehrt. „Wichtig ist, dass bei zukünftigen Störungen zwei Kommunikationswege zur Verfügung stehen. Diese separate Verbindung ist auch für die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung erforderlich. Zudem wollen wir losgelöst vom SCADA sein. Wir haben den Anlagenbetreibern eine Kommunikationstechnik bereitgestellt, mit der sie für zukünftige Anforderungen vorbereitet sind“, erklärt Tim Stromer abschließend. (ds)

AIRWIN GmbH
Tim Stromer
stromer@airwin.de
www.airwin.de