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Brückentechnologie

05.11.2024 – Vieles spricht dafür, Stromverbrauchsdaten sofort digital verfügbar zu machen. Die Initiative Simplify Smart Metering setzt sich dafür ein, kommunikationsfähige Zähler übergangsweise für Abrechnungszwecke zuzulassen.

Die erfolgreiche Integration erneuerbarer Energien in unser Stromsystem erfordert unter anderem Anreize, Strom dann zu verbrauchen, wenn er reichlich eingespeist wird. Dazu sieht das zukünftige Strommarktdesign flexible respektive dynamische Tarife auf Grundlage der aktuellen Börsenpreise vor, denn diese spiegeln unmittelbar Angebot und Nachfrage. Ab 2025 müssen alle Versorger diese Tarife anbieten und benötigen für die Abrechnung naturgemäß Verbrauchsdaten in einer zeitlichen Auflösung von höchstens 15 Minuten.

Diese wiederum dürfen nur über das intelligente Messsystem ausgelesen werden und das ist – Stand heute – an den meisten Messstellen noch nicht eingebaut. Für Versorger, bei denen Kund:innen einen dynamischen Tarif anfragen, wird es also schwierig. Felix Zösch, Prokurist der Stadtwerk Haßfurt GmbH, erläutert: „Wenn ich den Kunden und die Messstelle nicht verlieren möchte, muss dort ein intelligentes Messsystem hin.“ Daraus folgen bekanntermaßen zahlreiche, aufwendige Prozesse – von der Beschaffung über die Montage bis hin zum Betrieb in der vorgeschriebenen sicheren Infrastruktur. Hinzu kommen Kosten für zertifizierte IT- Systeme oder -Dienstleister, SIM-Karten und vieles mehr.

Digitalisierung beschleunigen

Die Initiative empfiehlt, smarte moderne Messeinrichtungen übergangsweise für Abrechnungszwecke zuzulassen.
(Foto: Initiative Simplify Smart Metering (Symbolbild))

Die Preisobergrenzen deckten diese Aufwendungen nicht ansatzweise ab, fährt Zösch fort. „Und wenn es dumm läuft, steht der Monteur am Ende im Keller und stellt fest, dass es dort keinen Netzempfang gibt.“ Regelmäßige Probleme mit der Datenübertragung und mangelnde Wirtschaftlichkeit der intelligenten Messsysteme bestätigt auch Marcel Linnemann, Stabsbereichsleiter Energiewirtschaft der items GmbH aus Münster. „Ich habe zudem gewisse Zweifel, ob die Prozesse wirklich massentauglich sind“, ergänzt er und findet es vor diesem Hintergrund sehr nachvollziehbar, dass sich die grundzuständigen Messstellenbetreiber beim Smart Meter-Rollout auf die Pflicht beschränken. De facto bedeute das aber, dass die Digitalisierung der Messstellen und damit wichtige Voraussetzungen für den klimaneutralen Umbau unseres Energiesystems noch sehr lange nicht geschaffen werden können. Dazu gehören auch Anwendungsfälle im Netzbetrieb – von der stichtagsgenauen Abrechnung kleiner PV-Anlagen unter 7 kW über zeitvariable Netzentgelte (Modul 3) für Betreiber steuerbarer Verbrauchseinrichtung in Netzgebieten ohne Steuerungsbedarf bis hin zur Netzplanung anhand realer Lastprofile.

Das will die Initiative Simplify Smart Metering so nicht hinnehmen und schlägt eine Übergangslösung vor. 32 offizielle Unterstützer – Stadtwerke unterschiedlicher Größe, IT- und Metering-Dienstleister sowie Technologieanbieter – versammeln sich inzwischen hinter dem Konzept zur digitalen Bereitstellung von Stromverbrauchsdaten mit einfacheren Mitteln. „Wir wollen hier keine Alternative zum intelligenten Messsystem propagieren. Wir werben lediglich darum, nicht einfach abzuwarten, bis der Rollout großflächig umgesetzt ist, sondern die Zeit sinnvoll zu überbrücken“, betont Gerhard Radtke, der als Berater mit langjähriger Managementerfahrung in der Energiewirtschaft die Initiative gemeinsam mit Felix Zösch, Marcel Linnemann und Andreas Fabri, Leiter Messstellenbetrieb der N-ERGIE, ins Leben gerufen hat. Außerdem beschränke man sich bewusst auf Abrechnungsdaten nach TAF 7. „Netzzustandsdaten und Steuerbefehle benötigen definitiv das Sicherheitskonzept des intelligenten Messsystems“, betont Radtke.

Anforderungen zu hoch?

Bei Stromverbrauchsdaten allerdings bezweifeln die Gründer der Initiative, ob wirklich jeder – im übertragenen Sinne – einen Porsche im Zählerkasten benötigt. Das Argument der sicheren Datenübertragung überzeugt den Praktiker Felix Zösch nicht: „RLM-Zähler übermitteln seit Jahrzehnten Daten über ein integriertes Kommunikationsmodul, das nicht nach BSI – TR -03109 zertifiziert ist. Unsere SLP-Kunden tragen teilweise die Ablesewerte auf Postkarten und im Kundenportal ein oder geben sie notfalls am Telefon durch“, führt er aus. Zudem hätte auch niemand ein Problem damit, dass Gas-, Wasser- oder Wärmezähler per LPWAN oder wMBus ausgelesen würden.

Die smarte mME

Genau diese Technologien will die Initiative Simplify Smart Metering auch für die digitale Auslesung des Stromverbrauchs nutzen. „Eine sinnvolle Übergangslösung besteht unserer Ansicht nach in einer modernen Messeinrichtung, die zunächst über ein LPWAN-Netz oder wMBus ausgelesen und nach dem Einbau eines Smart Meter Gateways – wiederum über wMBus – an diesen angebunden werden kann“, berichtet Marcel Linnemann. Diese Lösung sei kostengünstig und schnell ins Feld zu bringen. „Eine moderne Messeinrichtung kostet einen Bruchteil eines zertifizierten Gateways, muss nicht über eine sichere Lieferkette vom Hersteller zum Kunden gebracht werden und lässt sich in wenigen Minuten einbauen.“ LPWAN-Netze oder wMBus-Gateways seien vielerorts vorhanden oder könnten notfalls günstig (und mit weiteren Mehrwerten) bereitgestellt werden. Diese Netze bieten bereits heute eine Abdeckung von über 90 Prozent und komplett automatisierte Prozesse.

„Seitens der Zählerhersteller hören wir, dass Konzepte für solche smarten mME problemlos umsetzbar sind – und vielfach schon in der Schublade liegen“, ergänzt Gerhard Radtke. Das einzige Problem: Die Zähler respektive die Übertragungstechnik sind für Abrechnungszwecke nicht zugelassen. Das zu ändern, ist das Anliegen der Initiative, die dazu bereits mit den zuständigen Behörden in engem Kontakt stehe. Gerhard Radtkes Fazit: „Es gibt bei unserem Konzept keine Verlierer und wir freuen uns über jede Unterstützung.“ (pq)

www.simplify-smart-metering.de