Die Messstellenbetreiber in Deutschland stehen vor der Herausforderung, den Rollou wirtschaftlich umzusetzen. Bei der Städtische Werke Netz + Service GmbH in Kassel setzt man auf qualitativ hochwertige und damit langlebige Stromzähler made in Germany. Dr. Nermin Brgulja, Head of Metering, erläutert seine Zählerstrategie. Lieferant ist die eBZ GmbH aus Bielefeld.
Herr Dr. Brgulja, wo steht die Städtische Werke Netz + Service GmbH beim Rollout von iMSys und mME?
Dr. Nermin Brgulja, Head of Metering, Städtische Werke Netz + Service GmbH in Kassel. (Bild: Städtische Werke Netz + Service)
Beim Rollout moderner Messeinrichtungen kommen wir sehr gut voran. Die Einbauprozesse sind tausendfach erprobt und laufen in jeder Hinsicht stabil. Wir bringen jedes Jahr rund 10.000 Geräte ins Feld. Der mME-Einbau ist ein Massenprozess, den wir komplett im Griff haben. Bei den intelligenten Messsystemen sind wir noch nicht da, wo wir hinwollen und hinmüssen. Das liegt maßgeblich an der Komplexität der iMSys-Prozesse und der Tatsache, dass diese von den IT-Systemherstellern in Teilen noch entwickelt werden. Wie viele andere Stadtwerke haben auch wir bereits begonnen, die einfachen Anlagen mit iMSys auszustatten. Bis wir alle Fälle vollumfänglich abdecken können, ist noch ein Weg mit den IT-Systemherstellern zu gehen.
Wir wollen heute über die Bedeutung der Zählerqualität für die Messstellenbetreiber reden: Warum ist dieses Thema so wichtig für Sie?
Der Messstellenbetrieb war in den letzten Jahrzehnten von langlebigen mechanischen Ferraris-Zählern geprägt. Diese Zähler wurden 40 und mehr Jahre im Netz betrieben, das war nichts Ungewöhnliches. Die ältesten Zähler in unserem Netz sind Baujahr 1955. Die Eichdauer dieser Geräte wurden in Rahmen von Stichprobenverfahren kontinuierlich verlängert, und nach 70 Jahren funktionieren sie immer noch sehr zuverlässig.
Man kann also annehmen, die mechanischen Zähler haben ihr Geld verdient?
Damals kostete der Stromzähler einiges mehr als heute. Aufgrund ihrer langen Lebensdauer haben sich die Geräte dennoch bezahlt gemacht. Vor allem muss man bedenken: Je länger ein Zähler im Netz betrieben werden kann, desto weniger oft muss er getauscht werden. Je zuverlässiger er funktioniert, desto weniger Ausfälle und damit verbundene Rückabwicklungsprozesse fallen an. Das alles wirkt sich direkt auf die Wirtschaftlichkeit aus.
Wie gehen Sie bei den neuen elektronischen Zählern mit dem Thema um?
All die Vorteile der Langlebigkeit wollen wir bei den modernen Messeinrichtungen und FNN-Basiszählern genauso nutzen. Die Rahmenbedingungen sind deutlich härter geworden. Vor allem ist die von der BNetzA vorgegebene Preisobergrenze sehr knapp bemessen. Die Einnahmen sind durch die POG gedeckelt, aber die realen Kosten steigen mit der Inflation. Dem kann man nur mit effizienten Prozessen und vor allem einer langen Lebensdauer der Zähler begegnen.
Heute beziehen Sie Ihre modernen Messeinrichtungen vorrangig von der eBZ GmbH aus Bielefeld. Wie kam es dazu?
Unser Hauptlieferant ist in der Tat die eBZ GmbH aus Bielefeld, von der wir rund 90 % der bislang in unserem Netzgebiet verbauten mME bezogen haben. Die Geschäftsbeziehung geht auf meinen Vorgänger zurück, der den eBZ-Ansatz als sehr interessant ansah. Die Städtische Werke Netz + Service war 2016 der erste Kunde von eBZ. Das Konzept dieses Anbieters hat uns nachhaltig überzeugt. Das Unternehmen hatte sich 2014 neu gegründet und verfolgt das Ziel, besonders hochwertige Zähler mit dem Siegel Made in Germany herzustellen.
Können Sie den Entscheidungsprozess etwas genauer beschreiben?
Wie bereits erwähnt, spielt die Qualität der Geräte eine herausragende Rolle. Aus diesem Grund haben wir bereits zu Anfang im Jahr 2017 einen externen Experten beauftragt, die zu der Zeit am Markt erhältlichen Geräte eingehend zu untersuchen. Diese Spezialisten haben zum Beispiel Röntgenbilder von den einzelnen elektronischen Komponenten gemacht und sich Lötpunkte unter dem Mikroskop angeschaut. Ehrlicherweise muss man sagen, dass man selbst mit diesen Mitteln nur an der Oberfläche kratzt. Trotzdem gewinnt man wichtige Einblicke, die Schlussfolgerungen zulassen. Was wir gelernt haben: Alle Anbieter beherrschen das SMD-Löten, aber beim Platinen-Layout und bei der Qualität einzelner Komponenten gibt es Unterschiede. Zudem war uns das Feedback unserer Monteure im Feld wichtig.
Bei den eBZ-Geräten wurden bei diesen Tests und in der Praxis keine Mängel entdeckt?
Die Platine der eBZ-Geräte ist sehr sauber und stringent durchstrukturiert, die Komponenten sind sauber verarbeitet. Die Robustheit des Vergusses ist etwas, was besonders positiv auffällt. Wir haben außerdem bisher ausnahmslos gute praktische Erfahrungen mit diesen Zählern gemacht und dadurch viel Vertrauen gewonnen. Die Geräte laufen durch, bisher gab es keine nennenswerten Probleme. Das gibt uns die Sicherheit, auf einem guten Weg zu sein.
Hat die Qualität einzelner Zählerkomponenten Auswirkungen auf die Ausfallwahrscheinlichkeit?
Es ist viel Glaskugelleserei dabei, und der Teufel steckt im Detail. Doch jede Komponente bringt ein spezifisches Ausfallrisiko mit – durch ihre Materialqualität, durch ihr Alterungsverhalten, durch ihre Verarbeitung, durch das Gesamtdesign usw. Je besser diese Einzelfaktoren zu bewerten sind, desto geringer das Risiko eines Ausfalls bestimmter Teile und somit des gesamten Zählers – und desto länger seine mutmaßliche Lebensdauer.
Welche wirtschaftliche Bedeutung hat der Faktor „lange Lebensdauer der Zähler“ für einen MSB wie die Städtische Werke Netz + Service?
Unter den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist eine hohe Lebensdauer der Geräte sehr wichtig. Sie müssen möglichst lange halten, damit wir die getätigten Investitionen – hierzu zählen auch die Montagekosten – wieder verdienen können. Unsere Berechnungen haben gezeigt, dass dies in der ersten Eichperiode nicht möglich ist. In unserem Fall müssen die Geräte mindestens eine Eichfristverlängerung schaffen, da sonst kein positiver Business Case eintritt. Wenn die Rahmenbedingungen passen, bin ich davon überzeugt, dass elektronische Zähler lange halten können. Deshalb brauchen wir qualitativ hochwertige Geräte. Über die Langlebigkeit verdienen die Zähler ihr Geld. Die Ferraris-Zähler haben es vorgelebt.
2024 haben Sie die erste Stichprobenuntersuchung auf das 2016 erworbene Los eBZ-Zähler durchgeführt. Mit welchem Ergebnis?
Im Rahmen des Stichprobenverfahrens haben wir ein Los mit den ersten 3.394 eBZ-Zählern vom Typ DD3, Baujahr 2016, der Prüfung unterzogen. Alle 80 Prüflinge haben ausnahmslos bestanden. Zudem konnte der DD3 durch sehr gute spezifische Prüfergebnisse überzeugen. Über alle Prüflinge und messtechnischen Prüfungen hinweg lag der Messfehler im schlechtesten Fall bei ca. 1 %. Zum Vergleich: In der Genauigkeitsklasse A, in die diese Zählerart fällt, beträgt die Stichprobenfehlergrenze 5,5 %. Im Durchschnitt aller Prüflinge lagen die Messfehler bei ca. 0,2 %. Die Ergebnisse der Stichprobenprüfung 2024 haben wir mit den Ergebnissen der Annahmeprüfung aus dem Jahr 2016 verglichen. Im Neuzustand hatten die Zähler nur geringfügig bessere Ergebnisse. Diese erste Stichprobenuntersuchung zeigt: Die Geräte sind nach wie vor in einem sehr guten Zustand und messen nach acht Betriebsjahren einwandfrei.
Also könnten diese Geräte auch weitere Stichprobenuntersuchungen bestehen und noch länger im Einsatz sein?
Das ist unser Ansatz: Wir kaufen höherwertige Geräte und hoffen auf eine möglichst lange Laufzeit. Die Ergebnisse der ersten Stichprobenprüfung stimmen uns zuversichtlich, die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben. Mindestens zwei weitere Verlängerungen sind das, was wir uns wünschen, gerne auch mehr.
Was überzeugt neben den Geräten bei eBZ?
Dadurch, dass es sich bei eBZ um ein kleines, mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Deutschland handelt, ist der Austausch persönlich und intensiv. eBZ verfügt über absolute Experten mit sehr viel Zählererfahrung und klarem Fokus auf ein Produkt. Das Unternehmen arbeitet sehr transparent und informiert umfassend darüber, was es tut und plant. So nehmen wir regelmäßig an den jährlich durchgeführten Quality Days teil. Die Zusammenarbeit ist in allen Belangen sehr gut und konstruktiv. Es wird stets pünktlich geliefert. Das war auch so, als die Weltwirtschaft unter der Halbleiterkrise litt. (pq)
Das Interview wurde Anfang Januar 2025 von etamedia geführt.