17.10.2023 – Für mehr Transparenz durch bessere Überwachung der Verteilnetze gibt es mehr Gründe denn je – doch der Bedarf bei den Netzbetreibern ist sehr unterschiedlich. Die comtac AG hat ihr Lösungsspektrum den unterschiedlichen Anforderungen angepasst.
Mehr als 860 Unternehmen in Deutschland betreiben laut dem „Bericht zum Zustand und Ausbau der Verteilnetze 2022“ ein Mittel- und/oder Niederspannungsnetz und sie alle stehen aktuell vor der Herausforderung, die Auslastung und den Zustand der Betriebsmittel transparenter zu machen. Dass sich die einzelnen Unternehmen hinsichtlich der vorhandenen Anlagen, der Entwicklung von Einspeisung und Lasten im Netzgebiet sowie nicht zuletzt der budgetären Möglichkeiten erheblich unterscheiden, liegt auf der Hand. Lösungsanbieter müssen sich auf diesen Umstand einstellen – und sie tun es auch.
Als Spezialanbieter für IoT-Lösungen „vom Sensor bis zur Cloud“ hat sich die comtac AG vielfach mit Aufgaben im Zusammenhang mit Condition Monitoring in der Industrie sowie im Umfeld kommunaler Versorgungsunternehmen befasst. „Der Weg zu Lösungen für die digitale Zustandsüberwachung von Verteilernetzen war deshalb nicht weit – insbesondere aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Fernwirktechnik“, sagt Uwe Scholz als Verantwortlicher für Business Development beim Schweizer Unternehmen: „Wir haben frühzeitig festgestellt, dass es einen beträchtlichen Bedarf an Lösungen zur Überwachung und Steuerung von Infrastruktureinrichtungen wie Trafostationen, Verteilerkästen, Mast-Schaltern oder anderen Netzkomponenten gibt.“
Komplettlösung als Ausgangspunkt
Trafostationen sind in den Verteilnetzen allgegenwärtig, und so vielfältig wie diese Netzelemente sind die Wünsche an eine Monitoring-Lösung. Die Stadtwerke München (SWM) hatten als einer der ersten Netzbetreiber in Deutschland ein Projekt zur Digitalisierung und Betriebsoptimierung ihres bestehenden Verteilnetzes gestartet. Die Wahl fiel auf eine Komplettlösung, die die comtac AG gemeinsam mit den Partnern EPS Energy und ACAL BFI und in enger Abstimmung mit dem SMW realisierte. Sie ist mittlerweile als „Trafo Stationsmonitor (TSM)“ verfügbar. Diese Geräte können Signale für eine schnelle Störungslokalisierung sowie Daten zur Beurteilung des Netz-, Störungs- und Anlagenzustands erfassen und mit der Long-Range Funktechnologie LoRaWAN an die Netzzentrale übertragen. Alternativ zu LoRaWAN verfügen die TSM über einen Ethernetanschluss.
Was Trafo-Monitore leisten können
Die TSM erfüllen dabei drei Aufgaben: Die erste und wichtigste ist die Meldung akuter Störungen und Versorgungsausfälle – primär Kurz- und Erdschlüsse – zur schnellen Störungsbehebung. Für diese Funktion verfügen sie über Digitaleingänge. Die zweite Aufgabe ist die Überwachung potenziell kritischer Betriebszustände wie die Einhaltung der Spannungs- und Stromgrenzen sowie die Trafotemperatur.
Die dritte Aufgabe ist die permanente Überwachung der Stromqualität auf der Niederspannungsseite: „Dazu bietet die comtac AG ergänzend ‚intelligente‘ Spannungs- und Rogowski-Stromsensoren an, die über Modbus angeschlossen werden können. Mit Hilfe dieser Komponenten liefert der TSM neben den Strom- und Spannungswerten auch Qualitätsparameter wie cosϕ Wirk-/Blindleistung und Lastflussrichtung“, ergänzt Uwe Scholz. Der Anschluss dieser Sensoren erfolgt im Daisychain-Prinzip („Wäscheleine“), das heißt der Verkabelungsaufwand ist bei der Inbetriebnahme gering und kann mit normalen Ethernet-Patch-Kabeln erfolgen. Die Rogowski-Stromsensoren zeichnen sich durch hohe Messgenauigkeit, einfache Handhabung und ein Autoranging von 63 A bis 2kA aus, der Sensor bestimmt seinen Messbereich anhand des Messwertes automatisch und erhöht somit die Messgenauigkeit ohne weitere Einstellungen oder Parametrisierungen. Der Modbus erlaubt zudem den Anschluss weiterer externer Geräte, wie etwa Kurzschlussanzeiger.
Mit Blick auf die hohe Gebäudedurchdringung und die vergleichsweise geringen Kosten wählten die SWM in Eigenregie die Datenkommunikation per LoRaWAN. Interessante Alternativen – wie das für Betreiber kritischer Infrastrukturen konzipierte 450MHz- Netz – waren allerdings zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht verfügbar.
Lösungen für unterschiedliche Anforderungen
In der vertrieblichen Praxis stellte die comtac AG allerdings fest, dass selbst die „Komplettlösung“ nicht allen Anforderungen gerecht wird: „Nicht jeder Netzbetreiber hat Bedarf am Leistungsumfang des TSM. Viele suchen stattdessen eine kompaktere Lösung, die auch für die Querstromanalyse in Kabelverteilern geeignet ist“, so Uwe Scholz. Hinzu kommt, dass inzwischen neue Technologien und sogar „fertige“ Funknetze für Monitoring-Anwendungen in Verteilernetzen zur Verfügung stünden. „Deshalb haben wir ein kompaktes Fernwirkgerät als Alternative zum TSM entwickelt: den konfigurierbaren Controller und Monitor Cluey.“
Ursprünglich als reiner Kurzschluss-Monitor für Erd- und Kurzschlüsse konzipiert, ist der Cluey in seiner heutigen Form für zahlreiche Anwendungen ausgelegt, in denen digitale Signale, Zählimpulse, Analogwerte oder Temperaturen und/oder Steuerbefehle ausgegeben werden sollen – auch und gerade in Trafostationen. Der Cluey kann sowohl mit 24 V-Versorgung als auch im Low-Power-Batteriebetrieb arbeiten und steht serienmäßig ebenso für andere Funktechnologien wie 450 MHz, CAT M1, LTE oder Mioty zur Verfügung.
Kostengünstige Nachrüstung
„Die integrierte batteriegestützte Stromversorgung und die einfache Anbindung an private oder öffentliche Netze erlauben eine kostengünstige Aufrüstung der Trafostationen für eine schnellere Fehlerlokalisierung und Wiederversorgung“, führt Uwe Scholz aus. Über eine Modbus-Schnittstelle ermöglicht der Cluey MB den flexiblen Anschluss unterschiedlicher Endgeräte. Standardmäßig eignet sich das Gerät folglich für eine Reihe von Anwendungen in Kombination mit Modbus-Geräten und einer E/A-Ebene. Für die Überwachung von Trafostationen und Kabelverteilern erhält der Cluey MB eine Zusatzanwendungssoftware, die Alarm- und Eventhandling, Datenaufbereitung und -komprimierung sowie weitere Funktionen abdeckt.
Besonders eignet sich der Cluey MB für die Nachrüstung bestehender Anlagen, in denen der Installationsplatz meist sehr knapp ist. Schließlich stellt er trotz kleiner Abmessungen in Verbindung mit dem modularen Spannungs- und Rogowski-Stromsensor-Konzept alle wichtigen Messgrößen aus dem Verteilnetz zur Verfügung.
Damit verbindet der Cluey MB ein breites Anwendungsspektrum mit kostengünstiger Installation und Inbetriebnahme sowie einem hohen Maß an Flexibilität. Uwe Scholz: „Hat der Kunde Zusatzwünsche, so können wir diese projektspezifisch realisieren. Zudem lässt sich das System einfach an alle Visualisierungs- und Leittechnik-Systeme anbinden, so dass sich der Anwender nicht an spezielle Dienstleister oder Produkte binden muss.“
Betreiber haben (k)eine Wahl
Die Überwachung der Verteilnetze ist ein zentrales Element eines zukunftssicheren Smart Grid. Weil heterogene Netze verschiedene Ansätze zur Überwachung erfordern, bietet die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Lösungen aus Sicht der comtac AG den Netzbetreibern deshalb ausschließlich Vorteile. Uwe Scholz: „Betreiber haben kaum noch die Wahl, ob sie ihre Verteilnetze besser überwachen und damit transparenter und resilienter machen wollen. Da ist es umso wichtiger, dass sie die Wahl haben, wie und mit welchem Funknetz sie mehr Transparenz und Resilienz herstellen wollen.“ (pq)