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Intelligenz an der Anlage

16.05.2025 – Die KI-gestützte Mobile Workforce Management-Lösung von Kraftwerk überwindet Sprachbarrieren, wertet Bilddaten aus und kann lernen, Fehler zu erkennen.

Angesichts steigender technischer Anforderungen kann KI auch im Außendienst wertvolle Unterstützung leisten. (Foto: Esquire / stock. adobe.com / Symbolbild)

Unterstützung beim Verfassen und Überarbeiten von Texten, Chatbots für die Kundenkommunikation oder die Aufbereitung von Daten zu Berichten und Präsentationen: Das sind derzeit die häufigsten Anwendungsfälle für Künstliche Intelligenz in Unternehmen der Versorgungswirtschaft. Dass KI auch in der Lage ist, Monteure vor Ort bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen, zeigt das Beispiel der Kraftwerk Software Gruppe. Mit ihrem KI-gestützten Mobile Workforce Management sorgt ein großer deutscher Netzbetreiber schon heute für mehr Zuverlässigkeit und Qualität bei den Einsätzen im Feld.

Nicht nur bei großen Netzbetreibern, sondern in fast jedem Stadtwerk werden heute technische Aufgaben im Netz vielfach von externen Dienstleistern erledigt. Deren Mitarbeiter sind zwar technisch ausgebildet, beherrschen aber in manchen Fällen die deutsche Sprache nicht perfekt. „Bei vielen einfachen Tätigkeiten mag das kein Problem sein. Aber bei Arbeiten an der Netzinfrastruktur gibt es Vorgaben, wie etwas zu installieren und zu warten ist, wie genau das Wartungsprotokoll abläuft oder wie Schäden und Störungen zu dokumentieren sind. Die entsprechenden Dokumente sind aber in der Regel in deutscher Sprache verfasst“, beschreibt Kai Sölter, CTO der Kraftwerk Software Gruppe, die Herausforderung. Fehler, die durch mangelndes sprachliches Verständnis der technischen Dokumentation entstehen, können dazu führen, dass die Monteure vor Ort gegen Richtlinien und Vorschriften verstoßen. Gerade im Mittel- und Hochspannungsbereich können solche Fehler sogar lebensgefährlich sein.

Mehrsprachig informieren

Mit Hilfe von Large-Language-Modellen (LLM) und generischer KI konnte die Kraftwerk Software Gruppe diese Herausforderung lösen. Dazu wurden alle relevanten Wartungsunterlagen und technischen Dokumentationen der Netzinfrastruktur in das LLM geladen. Die KI übersetzt diese Informationen in eine eigene Metasprache und stellt sie dann mehrsprachig zur Verfügung. „Auf diese Weise kann der Monteur seine Anfragen nun in seiner Muttersprache stellen, egal ob diese tschechisch, spanisch oder arabisch ist, und erhält auch die Antworten in dieser Sprache, inklusive der Verweise auf die Originaldokumente“, erläutert Kai Sölter die Lösung. Je nach Ausstattung der mobilen Endgeräte ist dafür noch eine Online-Verbindung notwendig. Bei neueren Geräten mit entsprechend KI-fähigen Chips und ausreichend Speicher können die Informationen aber auch offline direkt im mobilen Endgerät vorgehalten werden und stehen so auch an Einsatzorten ohne Datenverbindung zur Verfügung, etwa bei Arbeitseinsätzen im Keller.

Trainiert wurde die KI über einen von Kraftwerk selbst aufgebauten so genannten „Vector Store“. Dabei handelt es sich um einen hochdimensionalen Datenraum, in dem zusammengehörige Wortpaare Gruppen bilden können. Zum Beispiel die Wörter Zähler, Smart Meter, intelligentes Messsystem, Zählerstand, Einspeiser, Batterie oder Solar: „Wenn man diese in alle möglichen Beziehungen zueinander setzt, bilden sich irgendwann Schwerpunktgruppen, in denen gewissermaßen die Fäden zusammenlaufen. Wie beim Kommissar im Tatort an der Wand mit den Fahndungshin- weisen. Dieses mehrdimensionale Geflecht von Begriffen und ihren Beziehungen untereinander bildet dann die Grundlage für die Arbeit der KI“, erklärt Kai Sölter die Funktionsweise.

Regelkonform arbeiten

Das KI-gestützte WMS beschreibt die erforderlichen Arbeitsabläufe im Detail und bietet direkten Zugriff auf die relevanten Regelwerke – nicht nur in deutscher Sprache. (Foto: Kraftwerk Software Gruppe)

Grundsätzlich offline arbeiten andere KI- Funktionen, die erfasste Daten gegen beliebige Regeln prüfen können und mit Mustererkennung arbeiten. Ein Beispiel sind datenschutzkonforme Dokumentationsfotos. Hier stellt die KI sicher, dass die Rechte Dritter nicht verletzt werden, indem diese versehentlich auf Fotos zu sehen sind, und gibt eine entsprechende Warnung aus. Eine noch weitaus größere Erleichterung für den Monteur ist die Fähigkeit der KI, Daten aus Fotos oder anderen Quellen zu extrahieren. So können beispielsweise Seriennummern, Zählerstände oder andere Informationen direkt und simultan aus einem Bild oder Video ausgelesen und für die weitere Verwendung gespeichert werden. „Ein wichtiges Thema ist hier beispielsweise die Erkennung von Abgangsbezeichnungen in elektrischen Anlagen im Zusammenhang mit dem §14a des Energiewirtschaftsgesetzes und der Digitalisierung im Niederspannungsnetz“, so Sölter.

Fehler erkennen

Die KI kann auch auf das Erkennen von Fehlerzuständen trainiert werden. Schon heute erkennt sie zum Beispiel Fundamentbrüche in einer Schaltanlage oder Trafostation. Ein weiteres Einsatzgebiet könnte die Kontrolle von Straßenlaternen auf den Zustand der Fundamente, Rost oder defekte Wartungsklappen sein. Auch hier können die mobilen Endgeräte der Monteure ohne Internetverbindung genutzt werden. Die erfassten Daten oder erkannten Schäden werden erst dann an die Backend-Systeme übermittelt, wenn das Gerät wieder eine Kommunikationsverbindung aufgebaut hat.

„Der Trainingsaufwand ist sehr hoch. Denn man muss die Systeme mit einer Vielzahl von Bildern füttern und dem Modell dann sagen, was es richtig und was es falsch erkannt hat. Mit der Zeit lernt die KI dann, richtig von falsch zu unterscheiden“, erklärt Kai Sölter.

Übergang zum strategischen Asset-Management

Doch die Potenziale gehen weit über einfache Anwendungen wie Zählerstands- oder Schadenserkennung hinaus. So sollen die Außendienstmitarbeiter vor Ort über das Workforce Management sämtliche Betriebsmittel einschließlich aller verbauten Komponenten KI-gestützt erfassen. Im Ergebnis steht eine vollständige, leicht zugängliche Dokumentation der kompletten Netztechnik. „Damit können wir dann die Brücke vom operativen zum strategischen Asset Management schlagen und diese Informationen an entsprechende Lösungen wie das LCC unserer Gesellschaft Signion übergeben“, erklärt er. Dort werden Korrelationen von Störungen mit Hersteller, Bauart und Bautyp oder Baujahr ermittelt, die Rückschlüsse auf die Störanfälligkeit erlauben: Komponente X von Hersteller Y hat häufiger Störungen als von Hersteller Z, Anlagen aus dem Jahr 1964 sind störanfälliger als solche aus dem Jahr 2000. Solche Korrelationen nutzt das strategische Asset Management, um Lebenszyklusbetrachtungen anzustellen und datenbasierte Investitionsempfehlungen zu berechnen, auch in großem Stil.

Offen für alles

Um nicht von einem Anbieter abhängig zu sein, sind die KI-Anwendungen im Workforce Management von Kraftwerk Software als offene Lösungen konzipiert. Dazu gehört auch ein KI-Store, über den Drittanbieter ihre Modelle und Anwendungen zur Verfügung stellen können. „Auf diese Weise können wir in Zukunft neue Workflows und Anwendungen integrieren und standardisieren, ohne alles selbst entwickeln zu müssen. Auch wenn die aktuellen Funktionalitäten für den Einsatz bei einem großen Netzbetreiber entwickelt wurden, können auch kleinere Unternehmen davon profitieren. Und das nicht nur im Bereich der Stromnetze, sondern prinzipiell auch beim Betrieb aller anderen kritischen oder unkritischen Infrastrukturen“, so der Ausblick von Kai Sölter. (pq)

www.kraftwerk.io