Weitere Ergebnisse...

Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors

LTE450: Das neue Netz vor dem Start

22.08.2022 – Das LTE450-Netz für kritische Infrastrukturen soll 2025 flächendeckend verfügbar sein. Betreiber 450connect will damit einen sicheren, bidirektionalen Datenaustausch für ein breites Anwendungsspektrum im Verteilnetz ermöglichen. Der Aufbau erfolgt gemeinsam mit Technologiepartnern und Anwendern.

Die großen Herausforderungen der Energiewirtschaft wie die Digitalisierung der Energiewende oder die Integration von Millionen PVAs, WKAs, Batteriespeichern, Transformatoren, Zählern und Sensoren sind nur mit einer leistungs- und widerstandsfähigen Kommunikationsinfrastruktur zu meistern. Die aktuelle geopolitische Lage mit dem realen Risiko von Cyber-Angriffen oder Ereignisse wie der Flutkatastrophe im Ahrtal, die konventionelle Telekommunikationsnetze zum Erliegen bringen, haben die Sensibilität dafür nochmals erhöht. LTE450 soll den sicheren Betrieb kritischer Infrastrukturen auch bei Großschadenlagen und großflächigen Blackouts sicherstellen. Dazu dient unter anderem eine 72-stündige Notstromversorgung.

Dedizierte Netze für die Energiewende

Als autarkes und schwarzfallfestes Kommunikationsnetz wird LTE450 grundsätzlich allen Betreibern kritischer Infrastrukturen zugänglich sein, größter Bedarfsträger ist die Energiewirtschaft. „Wir brauchen dedizierte Netze, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und ein Wiederhochfahren der Systeme im Schwarzfall zu ermöglichen – aber auch, um die Energiewende überhaupt möglich zu machen“, so Dr. Frederik Giessing, Geschäftsführer des Funknetzbetreibers 450connect. Das Unternehmen baut derzeit das auf 4G/5G basierende LTE450-Netz in Deutschland auf. Die physikalischen Eigenschaften der 450MHz-Frequenz – hohe Durchdringung von Gebäuden und in dicht besiedelten Regionen, große Reichweiten in ländlichen Regionen – erlauben die fernwirktechnische Anbindung abgelegener dezentraler PV- und Windkraftanlagen oder Speichersysteme ebenso wie die Integration von Smart Metern, Kommunikationsgateways und Sensoren. Diese Voraussetzung für eine intelligente, automatisierte und netzdienliche Steuerung der Assets sei, so Giessing, „über öffentliche Mobilfunknetze nicht ohne weiteres realisierbar – und über Glasfaser nicht finanzierbar“.

2023 soll LTE450 in den ersten Regionen verfügbar sein, 2025 dann deutschlandweit – gerade einmal vier Jahre nach dem finalen Zuschlag für die 450MHz-Frequenzen durch die Bundesnetzagentur. Das Konzept einer sicheren und robusten Plattform für die Betreiber kritischer Infrastrukturen reicht allerdings zurück in die Zeit der 3G-Technologie CDMA zurück. CDMA (Code-Division Multiple Access) ist ein Verfahren, mit dem mehrere Signale einen einzigen Übertragungskanal verwenden können. Auf diese Weise wird die Nutzung der verfügbaren Bandbreite optimiert.

Energiewende Daten shutterstock

Foto: metamorworks / shutterstock

450MHz-LTE-Funknetztechnologie: Messen und steuern

Dr. Jürgen Tusch hat 2019 die ersten Praxistests mit der 450MHz-LTE-Funknetztechnologie für die Anwendungsfälle von Energieversorgern durchgeführt – gemeinsam mit 450connect und einem technischen Ausrüster. Tusch war damals Bereichsleiter Telekommunikation bei Innogy, der späteren Westenergie; heute gibt er als Berater seine Erfahrungen im Markt an Anbieter und Dienstleister weiter, die LTE450-Lösungen für Energieunternehmen implementieren wollen. „Nicht nur zählen und messen, sondern vor allem auch steuern“ sei das Ziel. Weitere Anwendungsfälle sind aus seiner Sicht: die automatische Rekonfiguration von digitalen Ortsnetzstationen im Fehlerfall inklusive der Versorgung der zusätzlichen Sensoren und die Verbindung zu intelligenten Messsystemen. Der technische Aufwand bei der Implementierung sei berechtigt, sagt Tusch, denn „hohe Versorgungssicherheit ist immer mit großen Anstrengungen verbunden!“ Mit seinem Team realisierte er im Testfeld im Raum Dortmund zum Beispiel die Steuerung von Windanlagen und die Einbindung von Smart Metern als Proof of Concept.

Sein Fazit: Die Anforderungen an die Kommunikation in den unterschiedlichen Anwendungsfällen, werde LTE450 auch unter schwierigsten Bedingungen erfüllen – bis hin zur Sprachkommunikation bei Blackout. „Mit LTE450 können auch die Sprachdienste zur effektiven Bewältigung von Extremszenarien aufrechterhalten werden“.

Kommunikationstechnologie ist einsatzbereit

Da Tests und Netzaufbau parallel laufen, haben Hardwarehersteller bereits Komponenten entwickelt, die LTE450-ready sind. Die Technologie sei vorhanden, betont Jörg Brunk, Geschäftsführer der DigiComm Gesellschaft für Kommunikationssysteme mbH. Die von seinem Unternehmen entwickelten industriellen Router können nicht nur zwischen den unterschiedlichen aktuellen Standards wie LTE und den IoT-Funktechnologien LTE-M oder NB-IoT wechseln, sondern auch zu LTE450 migrieren, sobald es vor Ort verfügbar ist. „Der Hardware-Rollout kann damit schon vor der Netzverfügbarkeit erfolgen, ohne Einschränkungen bei der Funktionalität in Kauf nehmen zu müssen.“ Als Beispiele nennt Brunk neben der Anbindung dezentraler Erzeugungsanlagen die Digitalisierung von Ortsnetzstationen. In der Praxis erwartet Brunk auch hybride Anbindungen, bei denen Massendaten für Monitoring oder Analysen über LTE (mit VPN-Zugang) und sensible Daten über das nichtöffentliche LTE450 übertragen werden. Auch der Dauerbetrieb über LTE mit LTE450 als Back-up für den Schwarzfall sei möglich.

Der Glasfaser-Backbone

Um höchstmögliche Resilienz und Verfügbarkeit zu gewährleisten, werden die zentralen Richtfunkstandorte per Glasfaser an die Zentraltechniken von 450connect angebunden. Dieser sogenannte Glasfaser-Backbone wird durch den Infrastrukturanbieter GasLINE im Rahmen der Kooperation mit 450connect bereitgestellt. Die Trassen liegen in Tiefen zwischen 60 cm und einem Meter; die Trassen des Kernnetzes verlaufen in den besonders sicheren Schutzstreifen der deutschlandweiten Gashochdruckleitungen.

Hinter der GasLINE steht ein Gesellschafterkreis von 10 Regional- und Ferngasgesellschaften, bei 450connect besteht der Kreis aus mehr als 70 Energieversorgungsunternehmen, unter anderem die Alliander, E.ON, ein Konsortium regionaler Energieversorger sowie die Versorger-Allianz 450, zu der zahlreiche Stadtwerke, Energie- und Wasserversorger unter Beteiligung der EnBW-Tochter Netze BW gehören. Die Gruppe repräsentiert die gesamte Breite der Branche, „die Leistungen allerdings stehen allen Betreibern kritischer Infrastrukturen diskriminierungsfrei zur Verfügung“, wie Giessing betont. (pq)

www.450connect.de
www.digicomm.de
www.gasline.de