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Unterwegs mit MoNiKa

12.06.2025 – Mit dem mobilen Niederspannungs-Kabelverteiler „MoNiKa“ können die Einsatzteams bei Störungsfällen im Niederspannungsverteilnetz erste Hilfe vor Ort am Hausanschluss leisten.

Der vollausgestattete mobile Niederspannungs-Kabelverteiler MoNiKa wurde erstmalig auf der Messe elektrotechnik in Dortmund vorgestellt. (Foto: sig Media GmbH & Co. KG)

Folgende Situation dürften wohl die meisten Entstörungsteams lokaler Verteilnetzbetreiber kennen: Spät am Abend kommen Anrufe von gereizten Stromkunden, dass bei ihnen der Strom ausgefallen sei – und auch beim Nachbarn in der Siedlung kein Licht mehr brenne. „Was denken Sie, wie oft der Entstörungsdienst nachts raus muss? Manchmal sind die Einsätze nicht aufwendig und die Störung schnell beseitigt. Doch es gibt auch Fälle, wo wir die Störung nicht sofort lokalisieren können und die betroffenen Netzanschlüsse ein paar Stunden außer Gefecht bleiben. Wünschenswert ist es, hier einen strukturierten Entstörungsprozess zu starten, bei dem eine messtechnische Fehlerortung stattfindet, doch schlimmstenfalls muss nachts noch ein Bagger geholt und auf Verdacht die Straße bei strömendem Regen aufgegraben werden, wenn der Fehler unter dem Asphalt vermutet wird. Das ist weder für die betroffenen Kunden noch für die Entstörungsdienste eine angenehme Situation“, berichtet Christoph Rogmann, Leiter Netzbetrieb bei der Westnetz GmbH, recht eindrücklich aus dem Berufsalltag.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Westnetz-Betriebsleiter die Frage gestellt, ob es nicht eine Lösung gibt, die bei solchen Störungskonstellationen zum Einsatz kommen könnte, um zumindest eine provisorische Spannungsversorgung der betroffenen Netzanschlüsse zu gewährleisten. Aus dieser Überlegung entwickelte Christoph Rogmann das Konzept für den mobilen Niederspannungs-Kabelverteiler namens „MoNiKa“, mit dessen praktischer Realisierung das Elektrotechnikunternehmen Jean Müller beauftragt wurde.

Das Einsatzgebiet

Bei MoNiKa handelt es sich um einen elektrotechnisch voll ausgestatteten Tandemachs-Anhänger, der als temporärer Ersatz bei lokal auftretenden Defekten im Niederspannungsverteilnetz vorgesehen ist. Mit Hilfe dieses rollenden Niederspannungskabelverteilers sollen von einem Stromausfall betroffene Hausanschlüsse schnell wieder mit Energie versorgt werden können. Zudem lässt sich das System auch bei anstehenden aufwendigeren Wartungsarbeiten im Verteilnetz nutzen – beispielsweise, wenn einige an einem Strang liegende Hausanschlüsse über einen geplanten Zeitraum stromlos geschaltet werden müssen.

„Falls ein Einsatz ansteht, kann das diensthabende Entstörungsteam MoNiKa einfach an sein Wartungsfahrzeug anhängen und zum Einsatzort fahren. Je nachdem, wie sich die Störungssituation vor Ort darstellt, brauchen die Monteure nur noch den – der Störungsstelle am nächsten befindlichen – spannungsführenden Netzanschluss finden und diesen mit MoNiKa verbinden. Daraufhin können je nach Variante bis zu elf spannungslose Hausanschlüsse über die Steckverbinder im mobilen Niederspannungs-Kabelverteiler wieder mit Strom versorgt werden. So haben die Entstörungsprofis freie Bahn sich auf die Fehlersuche- und -behebung zu konzentrieren, ohne dass die Stromkunden die gesamte Zeit über ohne Strom bleiben“, skizziert Christoph Rogmann ein denkbares Einsatzszenario.

Rollende Netztechnik

Blick ins Innere von MoNiKa: Die auf der Messe vorgestellte Konfiguration kann bis zu 11 Hausanschlüsse provisorisch mit Strom versorgen. (Foto: Jean Müller GmbH)

Die zum Jahresbeginn 2025 erstmalig auf der Messe elektrotechnik Dortmund von Jean Müller vorgestellte Lösung weist im Detail verschiedene technische Parameter auf, die überhaupt erst den praktischen Einsatz ermöglichen. Da die zulässige Gesamtmasse des Anhängers samt verbauter Netztechnik maximal 2,7 Tonnen beträgt, lässt er sich problemlos von den üblichen Wartungsfahrzeugen der Einsatzteams ziehen.

Neben den vergleichsweisen kompakten Ausmaßen des Anhängers von 524 cm Länge und 257 cm Breite, sind vor allem die verbauten elektrotechnischen Komponenten und Spezifikationen von Bedeutung. So basiert die Lösung auf einem Dreiphasenwechselstromnetz mit einem PEN-Leiter (TN-C / 3~ / PEN 400/230V AC), wobei die Isolations- Nennspannung (Ui) – also die maximal zulässige Spannung für die Isolation – bei 690V liegt. Die Einspeisung von MoNiKa erfolgt in dieser Variante über Stäubli Power Steckverbinder, die auf einen Nennstrom (Inc) von 500A ausgelegt sind. Der an der Hauptsammelschiene (InA) anliegende Nennstrom beläuft sich auf bis zu 985A – der Spitzenkurzschlussstrom (Ipk) auf 154kA.

Bei der auf der Messe präsentierten Lösung sind zwei der elf Abgänge zur provisorischen Hausanschlussversorgung als 5-polige Kupplung vorkonfiguriert und lassen sich über die integrierten Kabelrollen auf maximal 16 Meter ausziehen. Die restlichen 9 Abgänge sind via 5-polige CEE-Anbausteckdosen fest mit dem Anhänger verbunden. Je nach gewünschter Konfiguration kann MoNiKa auch ohne integrierte Kabelrollen mit Aufwickelfunktion ausgeliefert werden.

Die elf Abgänge für die Hausanschluss- versorgung werden in der Messe-Variante über die fernschaltbaren Leitungsschutzschalter Reflex iC60 von Schneider Electric abgesichert und geschaltet. Dabei lassen sich die Schalter über ein autarkes Monitorsystem beobachten und steuern, oder in das SCADA-System des Energieversorgers einbinden. Auf diese Weise wird eine vollständige Integration in das übergeordnete Verteilernetz ermöglicht und ein konsistenter Betriebs- und Steuerungszustand zwischen Fahrzeug, Monteur oder Netzleitstelle gewährleistet.

Optimiertes Arbeitsumfeld

Die mobile Niederspannungsverteilung ist stark auf den praktischen Einsatz fokussiert, wie Maik Heigel, Technischer Projektmanager bei Jean Müller, exemplarisch erläutert: „Da MoNiKa als Anhängerlösung konzipiert wurde, erleichtert sie den Arbeitsalltag von Entstörungs- und Wartungsteams. Es mag zwar banal klingen, doch die Möglichkeit MoNiKa einfach am Straßenrand des Einsatzorts abstellen zu können, hilft dabei, auftretende Verkehrsbehinderungen und den damit verbundenen Unmut mancher Anwohner in Grenzen zu halten.“ Zudem können sich die Techniker:innen im Bereitschaftsdienst den Anänger vor die eigene Haustür parken, wenn dafür genügend Platz vorhanden sein sollte. Dies kann im Einsatzfall bei größeren Netzgebieten von Vorteil sein, da sich so überflüssige Wege – also erst einmal vom Wohnsitz zum Betriebshof und dann von dort aus mit dem Anhänger zur Einsatzstelle – vermeiden lassen.

Um das Arbeitsumfeld vor Ort zu optimieren, verfügt MoNiKa zusätzlich über einen kleinen begehbaren Raum, der sich im vorderen Teil des Anhängers befindet und über eine Seitentür betreten wird. Je nach gewünschter Konfiguration finden die Monteur:innen einen Tisch sowie weiteren Stauraum vor, um während des Einsatzes beispielsweise Stromlaufpläne im Trockenen zu studieren, Werkzeugkoffer zu lagern oder schlichtweg Warnkegel für die Verkehrsregelung vorzuhalten.

Plattformbasierte Varianten

Das Gesamtkonzept des mobilen Niederspannungs-Kabelverteilers fußt auf einem modularen Baukastensystemansatz. Die Fahrzeugplattform ist so konzipiert, dass verschiedene Ausbaustufen abgedeckt werden. Ausgehend von einer Basisvariante – mit beispielsweise nur einem einzelnen Abgang, ohne Fernsteuerung und Energiedatenerfassung – ist bis hin zur Vollausstattung mit bis zu elf fernschaltbaren Abgängen, integrierter Energiedatenerfassung sowie autarker Energieversorgung über ein Solarpanel mit Batteriespeicher alles konfigurierbar. Damit ermöglicht dieses Konzept die flexible Skalierung von Leistungsklassen und Funktionsumfängen.

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Die Fähigkeiten von MoNiKa als provisorischer Ersatz für defekte Niederspannungsverteilnetze oder zur schnellen Wiederversorgung von Hausanschlüssen lassen sich für unterschiedliche Situationen anwenden. Neben den klassischen Netzstörungen im Verteilnetz oder geplanten Wartungsarbeiten, kann das System perspektivisch als lokaler Netzersatz bei Umweltkatastrophen oder kriminellen Handlungen – Stichwort: Vandalismus oder Kupferdiebstahl – zum Einsatz kommen. Damit ist der mobile Niederspannungs-Kabelverteiler nicht nur für Stadtwerke und Versorger ein probates Tool. Auch Einsatzkräfte wie Feuerwehr, THW oder Polizei können das System bei Bedarf nutzen – je nachdem, welche Situation die Einsatzkräfte vor Ort erwartet. (cp)

www.jeanmueller.com

www.westnetz.de