Weitere Ergebnisse...

Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors

Vielversprechende Verbindung

15.07.2024 – Die Steuerung regelbarer Verbraucher nach §14a EnWG erfordert detaillierte Einblicke in die Niederspannung und intelligent automatisierte Prozesse. ENERVIE Vernetzt kombiniert dazu die Plattformen von DIGIMONDO und envelio.

Neue elektrische Verbraucher wie Ladepunkte für Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen können bei gleichzeitigem Betrieb das Niederspannungsnetz überlasten – ein Risiko, das mit zunehmender Verbreitung dieser Technologien steigt. Mit dem neuen §14a EnWG ermöglicht der Gesetzgeber betroffenen Netzbetreibern, im Falle eines nachweislich bevorstehenden Engpasses die verfügbare Leistung zu reduzieren. Der Anschlusskunde profitiert im Gegenzug von einem reduzierten Netzentgelt.

Foto: nikkytok / shutterstock.com

Die Umsetzung bei der ENERVIE Vernetzt liegt im Verantwortungsbereich von Carsten Halbe. Er ist als Prokurist für die netzwirtschaftlichen und regulatorischen Themen im Umfeld von §14a zuständig und die Zielrichtung beim Netzbetreiber der ENERVIE-Gruppe ist klar: „Wir haben aktuell etwa 4.500 regelbare Verbraucher angeschlossen und noch keine Probleme in der Niederspannung, aber das könnte sich ändern. Darum wollen wir uns frühzeitig in die Lage versetzen, regelbare Verbraucher im Bedarfsfall netzorientiert steuern zu können.“

Intelligente Netzberechnung

Carsten Halbe hat die Entwicklungen in seinem Netzgebiet genau im Blick, denn auch die Netzanschlussanfragen fallen in seine Zuständigkeit – und die nehmen täglich zu. Die Prozesse in diesem Bereich hat ENERVIE Vernetzt digitalisiert und setzt dazu auf die Intelligent Grid Platform (IGP) von envelio.

Anhand von Echtzeitdaten aus der niotix-Plattform sollen Engpässe ermittelt und regelbare Verbraucher netzorientiert gesteuert werden. (Foto: envelio GmbH)

Die Lösung des jungen Kölner Unternehmens führt alle vorhandenen Netzdaten dauerhaft zusammen und ermöglicht es auf dieser Grundlage, Prozesse wie Netzverträglichkeitsprüfung, Zielnetzplanung und Netzüberwachung digital und automatisiert abzuwickeln. Derzeit nutzt der südwestfälische Netzbetreiber die Plattform, um mögliche Auswirkungen der Wärmewende zu ermitteln. Die Algorithmen der Plattform sind auch in der Lage, Engpässe in einzelnen Netzabschnitten oder Betriebsmitteln zu ermitteln und eine Steuerung nach §14a umzusetzen. Doch intelligente Algorithmen sind in diesem Fall nur die Hälfte der Lösung, wie Carsten Halbe erläutert: „Bislang arbeiteten wir auf der IGP lediglich mit statischen Daten und Simulationen. Das reicht für das netzorientierte – also automatisierte – Steuern nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur nicht aus.“ Dafür benötige man zwingend Live-Daten aus den NS-Abgängen der Ortsnetzstationen und später auch Netzzustandsdaten aus den intelligenten Messsystemen.

Echtzeitdaten aus verschiedenen Quellen

Dass diese Echtzeitdaten bei ENERVIE Vernetzt bereits seit längerem effizient erfasst und verarbeitet werden können, ist nicht zuletzt Henning Karl zu verdanken. Er ist ebenfalls Prokurist und zuständig unter anderem für den Messstellenbetrieb. „In dieser Eigenschaft kümmere ich mich hier im Haus auch um die IoT-Themen“, berichtet er. So hat Henning Karl beispielsweise das LoRaWAN-Netz des Unternehmens aufgebaut, doch die Perspektive ist deutlich weiter: „Mit Blick auf unsere zukünftigen Aufgaben im Netz und im Messstellenbetrieb wollen wir natürlich möglichst vielfältige Datenquellen nutzen“, erläutert Henning Karl. „LoRAWAN ist schließlich nur eine Option.“ Aus diesem Grund arbeitet man bei ENERVIE Vernetzt mit der niotix-Plattform von DIGIMONDO.

Diese unterstützt eine breite Palette von Datenformaten und Kommunikationsprotokollen – von etablierten Standards wie LoRA-WAN, wMbus oder IEC-60870-5-104 bis hin zu LTE450 oder modernen IoT-Protokollen wie MQTT – und ermöglicht damit, prinzipiell beliebige Sensoren oder Messgeräte einzubinden. Dem Netzbetreiber eröffnet sich damit der Zugriff auf Echtzeitdaten aus Ort netzstationen, Verteilern oder intelligenten Messsystemen an den Kundenanschlüssen, die über eine Standardschnittstelle zum GWA ausgelesen werden. Auch hinsichtlich der Übergabe der Daten, beispielsweise an Abrechnungs-, ERP- oder GIS-Systeme, die Leitstelle oder die Netzberechnung, erweist sich die Plattform als höchst flexibel und offen.

Die niotix-Plattform sammelt Daten aus unterschiedlichen Quellen und stellt sie für andere Anwendungen bereit (Bild: Digimondo GmbH)

Plattformen verbunden

Als ENERVIE Vernetzt im Herbst vergangenen Jahres mit den konzeptionellen Überlegungen zu §14a startete, kam daher schnell die Idee auf, die Plattformen von envelio und DIGIMONDO zu koppeln. „Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass dies mit einer einfachen Schnittstelle machbar war – es war also alles da, was wir brauchen“, berichtet Henning Karl. Kurz darauf stand die Lösung, die sich aktuell im Labortest befindet.

Im finalen Prozess verbinden sich die Stärken beider Plattformen, dabei ist der Ablauf eigentlich einfach und somit auch problemlos automatisierbar: Die Live-Daten aus den digital angebundenen Betriebsmitteln – zunächst im Wesentlichen Strom und Spannung – werden auf niotix gebündelt, kontextualisiert und an die IGP übergeben. Dort werden sie in die Netzberechnung integriert und genutzt, um die aktuelle Netzsituation darzustellen und tatsächliche oder bevorstehende Engpässe zu ermitteln und zu lokalisieren. „Außerdem liefert die Plattform exakte Angaben zu Art und Umfang des erwarteten Engpasses, ermittelt die Steuerungspotenziale und verteilt die erforderlichen Leistungsbeschränkungen diskrimierungsfrei und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben“, ergänzt Carsten Halbe.

Die eigentlichen Schaltbefehle gelangen über das GWA-System von smarOPTIMO zum intelligenten Messsystem. Eine integrierte Applikation der IGP sendet die Steuerungsmaßnahmen dann umgehend und automatisiert über die CLS-Steuerbox an die ausgewählten Wallboxen oder Wärmepumpen.

Pilotprojekt in Hagen

Foto: ENERVIE Vernetzt GmbH

Die komplexen Interaktionen zwischen den unterschiedlichen Rollen und Systemen werden aktuell bei ENERVIE Vernetzt im Labor in unterschiedlichen Szenarien getestet. Im nächsten Schritt ist ab Sommer ein Feldtest in einem potenziell problematischen Netzgebiet in der Hagener Innenstadt geplant. „Hier haben wir es mit Wohngebäuden, aber auch zahlreichen Gewerbeimmobilien zu tun, wo per se höhere Lasten anfallen“, berichtet Carsten Halbe. Werden hier in größerem Umfang Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge installiert und dann gleichzeitig genutzt, könnte es zu Engpässen kommen.Genau dort will man die Steuerprozesse nach §14a im Zusammenspiel der beiden Plattformen erproben. Dazu stattet der Netzbetreiber einerseits die dortigen Ortsnetztrafos an den Niederspannungsabgängen mit digitaler Messtechnik aus, so dass Echtzeitdaten über den Netzzustand jederzeit verfügbar sind und strukturiert für die Engpassberechnung bereitgestellt werden können. Die am Test beteiligten Wallboxen verfügen über intelligente Messsysteme und CLS-Steuerboxen und können somit im Bedarfsfall gemäß den neuen gesetzlichen Vorgaben „gedimmt“ werden. Bei ENERVIE Vernetzt sieht man sich jedenfalls auf einem guten Weg, die Netzstabilität auch im Zuge der Mobilitäts- und Wärmewende gewährleisten zu können. (pq)

www.enervie-vernetzt.de

www.digimondo.com

www.envelio.com