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Wegweiser

11.10.2024 – Präzise Daten aus den Stationen bilden bei den Stadtwerken Völklingen Netz die Grundlage für die präventive Netzoptimierung. Bereitgestellt werden sie seit 2022 durch die Lösung SMIGHT Grid2.

Leistungsentwicklung PV in Völklingen (Grafik: Stadtwerke Völklingen Netz GmbH)

Sowohl im Netzbetrieb, vor allem aber in der Netzplanung, möchten sich Michael Trautwein, Abteilungsleiter Netzbetrieb der Stadtwerke Völklingen Netz, und sein Team nicht mehr allein auf ihr Bauchgefühl verlassen.

Die Gründe dafür liegen vor allem in der steigenden Leistungsentwicklung, sowohl auf der Last- als auch auf der Einspeiseseite. Seit 2021 steigt der Anteil an Photovoltaik-Anlagen in Völklingen stark an. Waren es 2021 noch weniger als 700 Anlagen mit mehr als 15.000 kVA, werden es nach aktuellen Planungen Ende 2024 bereits mehr als 1.000 Anlagen mit fast 40.000 kVA sein, die in das Netz einspeisen. Als Treiber auf der Leistungsseite sind hier vor allem Photovoltaik-Anlagen im Bereich von 100 kW bis hin zu mehreren Megawatt Anschlussleistung zu nennen, welche vorrangig auf Gewerbebauten oder Lagerhallen entstehen. Aber auch geplante Freiflächenanlagen fließen in die Gesamtbetrachtung ein. Im Bereich Elektromobilität sieht es ähnlich aus. Es entstehen viele neue Ladeparks, die in Summe mit fast 30.000 kVA geplanter Netzanschlussleistung einen über sechsfachen Leistungsbedarf im Vergleich zu 2021 abrufen.

Im Bereich der Wärmepumpen ist die Entwicklung aktuell eher konstant und liegt unter den erwarteten Zahlen. Entscheidend ist auch die Entwicklung bei den derzeit circa 7.000 Haushalten mit Gasanschlüssen und deren Umstellung auf alternative Heizarten. Führt diese Entwicklung in Richtung Wärmepumpe, wäre die resultierende Belastung für das Netz von erheblicher Bedeutung für die zukünftigen Planungen.

Datenbasierte Entscheidungen

Zwischen Mitte Januar 2024 (oben) und Mitte März 2024 (unten) sorgten die datenbasierten Maßnahmen der Stadtwerke Völklingen Netz dafür, dass die meisten ONS jetzt im grünen Bereich laufen. (Fotos: SMIGHT GmbH)

Bereits seit einigen Jahren beschäftigt sich der saarländische Netzbetreiber daher intensiv mit der Digitalisierung seines Verteilnetzes und hat bis heute 55 seiner knapp 200 Ortsnetzstationen mit SMIGHT Grid2 ausgestattet. Mit der Plug-and-Play-Nachrüstlösung werden die Leistungsflüsse minutengenau und abgangsscharf überwacht. Weniger als eine Stunde dauert es, eine Station mit der neuen Technologie auszurüsten. Bereits nach nur 15 Minuten sind die ersten Daten auf der webbasierten Oberfläche SMIGHT IQ zu sehen. Anhand dieser Informationen konnten, wie Trautwein berichtet, bereits mögliche kritische Ereignisse im Netz frühzeitig identifiziert werden. Insgesamt zeigten die Daten, die in Völklingen bereits seit 2022 erfasst und ausgewertet werden, dass nicht immer alles so ist, wie Erfahrungswerte oder Berechnungen anhand von Lastprofilen auf den ersten Blick vermuten lassen.

Planen und optimieren

Aktuell nutzen die Stadtwerke Völklingen Netz SMIGHT Grid2 vor allem in der Netzplanung und optimieren damit Schritt für Schritt einzelne stark ausgelastete Netzbereiche durch gezielte, präventive Maßnahmen. Dabei ergänzen die Echtzeitdaten aus SMIGHT Grid2 die bestehende Systeminfrastruktur: Deren Kernelement ist zum einen ein gut gepflegtes Geoinformationssystem (GIS), das eine exakte Netztopologie vom Umspannwerk bis zum Hausanschluss liefert. Diese Informationen können automatisiert in die Berechnungssoftware Neplan überführt werden, wodurch ein rechenbares Netzmodell für die Netzplanung auf allen Spannungsebenen zur Verfügung steht.

Das Unternehmen beobachtet die Auslastung genau: „Wir können exakt prognostizieren, wohin die Reise bei den einzelnen Stationen und Abgängen geht. Einblicke geben uns dann bei Bedarf die SMIGHT-Daten und das minutengenau. So verfügen wir über eine sehr zuverlässige Grundlage, um das Netz genau zu überwachen. Auf zukünftige Szenarien sind wir sehr gut vorbereitet“, betont Trautwein.

Cockpit für die Netzplanung

Mögliche präventive Maßnahmen
• Netzumschaltungen
• Netzverstärkung durch Querschnittserhöhung
• Netzverstärkung durch Leitungsausbau (Doppelleitung)
• Verteilung von Anschlüssen
• Transformatoraustausch
• Ausbau weiterer Stationen im Netzgebiet
Ultima Ratio
• Steuerung nach §14a EnWG durch „Dimmen“ von Lasten

Anhand der monatlichen SMIGHT-Reports werten die Völklinger die Auslastung ihrer Stationen über das ganze Jahr hinweg aus. Um die punktuellen Belastungen im Netz zu erkennen und die Auswirkung von Optimierungsmaßnahmen zu bewerten, nutzen die Mitarbeiter:innen in der Netzplanung das SMIGHT IQ Cockpit. Ampelfarben zeigen, wie stark die Stationen ausgelastet sind. Damit ist auf einen Blick erkennbar, wo eine Überschreitung der Grenzwerte und stark belastete Leitungsstrecken im Netzgebiet auftreten. Ziel ist es, daraus präventive Maßnahmen abzuleiten, um kritische Punkte aufzulösen, wobei – je nach den Gegebenheiten vor Ort – unterschiedliche Herangehensweisen erforderlich sind. Das Mittel der Steuerung von Verbrauchseinrichtungen nach §14a EnWG setzen die Stadtwerke Völklingen Netz nur dann ein, wenn alle anderen Maßnahmen vorbehaltlos erschöpft sind.

In der Praxis schaut sich das Team die grenzwertigen (gelben) und kritischen (roten) Zustände in den einzelnen Netzgebieten regelmäßig an. Welche Maßnahmen für die jeweilige Situation die richtigen sind, entscheiden die Völklinger individuell und in enger Zusammenarbeit mit dem Netzbetrieb. „Die Monteure sind regelmäßig vor Ort und kennen ihre Stationen und die Netzstruktur ganz genau“, sagt Trautwein. Gemeinsam mit dem Team in der Netzplanung entscheiden sie, wo Bedarf besteht, das Netz zu verstärken, wo eine Umschaltung sinnvoll ist oder wo zum Beispiel eine Ortsnetzstation errichtet werden muss. Besondere Faktoren wie Wochenenden, Feiertage oder auch Umweltsituationen wie Wetterlagen werden dabei immer mit in die Planungen einbezogen. Zudem ist es wichtig zu wissen, ob und wo Reserven für Netzumschaltungen vorhanden sind. Diese Erkenntnisse tragen die Kollegen zusammen. Je nach Priorisierung optimieren sie gezielt ihr Netz und dokumentieren offene Punkte.

Beispiel 1: Netzumschaltung

Im Februar 2024 zeigten sich mehrere Grenzwertüberschreitungen an einem Freileitungsabgang eines Wohngebietes mit 41 Hausanschlüssen, zwei PV-Anlagen und zwei gemeldeten Wallboxen. Um den Abgang zu entlasten, entschieden sich die Völklinger kurzerhand für eine Netzumschaltung zur Aufteilung der Hausanschlüsse auf einen anderen Abgang mit wenig Auslastung.

Beispiel 2: Netzausbau

Nicht immer ist eine Netzumschaltung möglich oder sinnvoll. Die Zunahme der Anzahl an E-Mobilität und Wärmepumpen in einigen Völklinger Wohnvierteln zeigt, dass es ohne weiteren Netzausbau nicht geht. Fehlt die notwendige Kapazität, um im Falle von Wartung oder Umbau die Last auf andere Stationen zu verteilen, müssen weitere Ortsnetzstationen errichtet und in das Netz integriert werden. Dies hat somit auch Auswirkungen auf die Netzstruktur des Mittelspannungsnetzes und somit auch auf die Planungen in diesem Bereich.

Beispiel 3: Unklare Lastentwicklung

Innenstadtbereich mit unklaren Lastanstiegen im Winter. (Grafik: Stadtwerke Völklingen Netz GmbH)

In einem älteren Wohngebiet in der Innenstadt Völklingens lag ein 500 kVA-Trafo in den Wintermonaten deutlich über seiner Leistungsgrenze. Die Ursache für diese hohe Auslastung war nicht nachvollziehbar: Lediglich drei Wallboxen und keine einzige Wärmpumpe waren gemeldet. Das Jahresprofil ist jedoch identisch zu einem anderem, etwa zehn Jahre jungen Baugebiet mit sehr hohem Wärmepumpenanteil und Photovoltaik-Ausbau.

Anhand der Auswertung von SMIGHT-Daten konnten die Völklinger gezielte Maßnahmen ergreifen. Ohne die Datenanalyse und dem Einleiten präventiver Maßnahmen wäre der Netzbereich an die Belastungsgrenze gekommen. Daraufhin wurde nicht nur präventiv der Trafo ausgetauscht. Die Völklinger gingen noch einen Schritt weiter und planen bereits den Neubau von weiteren Stationen und einen Umbau der Netzinfrastruktur in diesem Gebiet, um die Belastung in den nächsten Jahren konstant im grünen Bereich halten zu können.

Beispiel 4: Beobachtung mit Wetterdaten (Altbau versus Neubau)

Wie unterschiedlich die einzelnen Netzgebiete sind und welchen Einfluss Wärmepumpen, PV-Anlagen oder Ladeeinrichtungen auf die Netze haben, zeigt der Vergleich eines Lastprofils des Völklinger Altbaugebietes im Vergleich zu einem Neubaugebiet mit vergleichbarer Anzahl an Hausanschlüssen. Während das Neubaugebiet bereits mehr als 50 Prozent Wärmepumpen, fast 70 Prozent Photovoltaik-Anlagen und mehrere Ladeeinrichtungen verfügt, ist im Altbaugebiet nichts davon installiert oder bekannt. Das Altbaugebiet zeigt nahezu identische Lastprofile im Sommer wie im Winter. Im Neubaugebiet hingegen wurde im Winter zeitweise der doppelte Leistungsbedarf in Abhängigkeit von der Außentemperatur gemessen. Ein klares Indiz dafür, dass bei niedrigen Temperaturen der Leistungsanstieg durch Wärmepumpen hervorgerufen wurde.

Das Neubaugebiet ist erst zur Hälfte bebaut und überschreitet im Winter bereits die Schwellwerte. Mit der zunehmenden Bebauung konnte das Unternehmen dank der neuen Technologie Investitionsplanungen konkretisieren und den Netzbereich bedarfsgerecht ausbauen.

SMIGHT Grid2 ist in weniger als einer Stunde installiert und liefert sofort Daten. (Fotos: SMIGHT GmbH)

Für die Stadtwerke Völklingen Netz lohnt sich die Intelligenz im Verteilnetz: Mit Hilfe von Echtzeit-Daten aus SMIGHT Grid2 kann auf Veränderungen im Energiebedarf effektiv reagiert werden, der Abgleich mit den Rechenergebnissen erfolgen und so die Effizienz gesteigert und die Kosten für den Netzausbau gesenkt werden. „Wir haben es als Stadtwerke Völklingen Netz mit intelligenter Planung, der Einleitung von bedarfsgerechten Maßnahmen und mit Hilfe neuer Technologien geschafft, unser Netz sehr nah in Richtung Idealzustand zu bringen“, führt Michael Trautwein aus. Ziel ist es, weitere Ortnetzstationen zu digitalisieren und mit modernster Messtechnik auszustatten. (pq)

www.swvk-netz.de

www.smight.com

Vorschaubild: Militarist / shutterstock.com