15.12.2022 – Octopus Energy will sich am deutschen Markt als Ökostromanbieter etablieren. Wir sprachen mit Andrew Mack, CEO der deutschen Tochtergesellschaft Octopus Energy Germany, über Herausforderungen, bisherige Erfahrungen und weitere Pläne.
Herr Mack, welche Angebote haben Sie derzeit für deutsche Kund:innen im Portfolio?
Unser Portfolio in Deutschland konzentriert sich aktuell auf Ökostrom und Gas. Wir haben einen speziellen Tesla Stromtarif, der sich an Kund:innen mit PV-Anlage auf dem Dach und Tesla Powerwall richtet. Zudem planen wir weitere kundenzentrierte Angebote und Tarife. Für viele davon sind intelligente Zähler der Dreh- und Angelpunkt, doch diese sind in Deutschland noch Mangelware.
Seit einigen Monaten betreibt Octopus Energy in Deutschland Windkraftanlagen und wir sind kürzlich in das Wärmepumpen-Geschäft eingestiegen. Auch wollen wir in Zukunft Smart Meter bei den Kund:innen selbst verbauen, wie wir es auch schon auf dem Heimatmarkt in UK machen. Zudem werden wir das E-Auto-Roaming-Netzwerk des „Electric Universe“ in Deutschland verfügbar machen.
Sprechen wir über Strom: Sie bieten einem Haushaltskunden mit einem Verbrauch von 3.000 KWh einen Gesamtpreis von 65,06 ct/kWh an. Das ist für Ökostrom relativ günstig. Wie können Sie diese Preise realisieren?
Der Preis ist abhängig von der Postleitzahl ihres Wohnortes, bedingt durch die über 800 Netzbetreiber mit ihren ganz unterschiedlichen Netzgebühren, die wir 1:1 weitergeben. Des Weiteren kommen Beschaffung und Vertrieb zum Strompreis hinzu. Beim Arbeitspreis haben wir aktuell eine Spannweite von 49-65 Cent, was bei den derzeit sehr volatilen Preisen nur eine Momentaufnahme ist. Wir bepreisen stets recht nah an den Börsenpreisen und entsprechend der vor kurzem gesunkenen Börsenpreise konnten wir auch den Arbeitspreis nach unten anpassen.
Wo beschaffen Sie Ihre Energie?
Wir kaufen unsere Energie über einen Großhändler am Terminmarkt. Das ist eine Börse, die mit Future-Produkten handelt, so wie es im Markt Usus ist. Mit dem benötigten Energievolumen decken wir uns langfristig und umfassend ein, bei 24-Monats-Verträgen für zwei Jahre voraus.
Wie ist die Resonanz bei den Kund:innen? Wie entwickelt sich der deutsche Markt für Octopus Energy?
Wir merken, dass die Konsument:innen sehr verunsichert sind, was Kosten, Preisgarantien und die Liefersicherheit angeht. Manche rufen an und befürchten, dass wir ihren Vertrag vorzeitig auflösen, so wie es einige Anbieter letzten Winter getan haben, weil sie nicht ausreichend Energie beschafft hatten.
Die Marktentwicklung ist unter anderem abhängig davon, wie lange die kürzlich beschlossene Strom- und Gaspreisbremse ggf. verlängert werden. Vielleicht kühlt sich der Wettbewerb auch merklich ab, da nun auch die Boni gedeckelt wurden. Denn bei fast identischen Preisen gibt es eigentlich keinen Grund, den Anbieter zu wechseln – außer etwa bei einem Umzug. Allerdings bin ich mir sicher, dass Service und Kundenorientierung eine immer größere Rolle spielen werden und sie nicht nur eine Zahl sind.
Sie werben mit flexiblen Tarifen in Abhängigkeit von der verfügbaren Strommenge. Wie realisieren Sie das technisch?
In Deutschland bieten wir sogenannte Time-of-Use (ToU)-Tarife noch nicht an, damit haben wir aber in UK bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Zunächst einmal ist die flächendeckende Verbreitung intelligenter Zähler eine wesentliche Voraussetzung für diese Tarife und andere innovative Angebote. Die intelligenten Octopus-Tarife beruhen darauf, Stromabnahme zu belohnen, wenn dieser günstig und im Überfluss vorhanden ist.
In UK gibt es die „Saving Sessions“ – ein Angebot, mit dem wir es ermöglichen, den Energieverbrauch in ein bestimmtes Zeitfenster zu verschieben und damit Geld zu verdienen. Es würde mich überraschen, wenn das der Einführung von intelligenten Zählern in diesem Winter keinen weiteren Schub geben wird. Eine aktuelle Bitkom-Studie zeigt, dass sich auch in Deutschland Energiekund:innen mehr Transparenz beim Verbrauch wünschen.
Wir hoffen, dass die Bundesregierung rasch den Rahmen schafft, um Smart Meter für die Haushalte attraktiv zu machen, so dass wir ähnliche Angebote wie „Saving Sessions“ oder intelligente Tarife auch hierzulande starten können. Da aktuell nicht einmal ein Prozent aller deutschen Haushalte über einen intelligenten Zähler verfügt, bleibt viel Potenzial ungenutzt. Das muss sich dringend ändern. (ds)