20.10.2025 – Mit dem Hochlauf der Elektromobilität wird die Verfügbarkeit der Ladeinfrastruktur zum kritischen Faktor. Neue Konzepte für den technischen Service sind damit zwingend erforderlich, meint Alexander Siegl, stellvertretender Business Unit Leiter TI Service Factory bei Axians Deutschland. Wir sprachen mit ihm über Herausforderungen und Lösungsansätze.
Herr Siegl, Sie haben die Entwicklung der Serviceangebote von Axians für Ladeinfrastruktur beinah von Beginn an begleitet.

Alexander Siegl, stellv. Business Unit Leiter TI Service Factory, Axians Deutschland. (Foto: Axians)
Ja, tatsächlich war ich ursprünglich als Servicetechniker für Telekommunikation für Axians draußen an den Anlagen unterwegs. Später konnte ich den Geschäftsbereich E-Mobility mitgestalten – bis hin zu unseren heutigen Dienstleistungen und der dahinterliegenden Serviceplattform.
Was hat sich in den letzten Jahren geändert?
Wir sehen, dass Ladeinfrastruktur für die betriebliche und private Mobilität immer wichtiger wird – und mit der Skalierung natürlich auch ein zunehmend attraktives Geschäftsfeld. Das gilt für die Hersteller von Ladesäulen, aber auch für die Provider. Das können Anbieter großer Netze sein, aber auch Unternehmen, die Ladepunkte auf ihrem Gelände gegen Entgelt auch für die Öffentlichkeit verfügbar machen. Damit wird die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur zum geschäftskritischen Faktor.
In welcher Hinsicht?
Jeder Ladepunkt, der nicht funktioniert, kostet bares Geld – weil der Außendienstler nicht pünktlich losfahren kann oder der zahlende Ladekunde eben anderswo Strom tankt. Und das summiert sich mit steigenden Zahlen. Hinzu kommt: Kein Ladesäulenhersteller oder -betreiber kann sich heute negative Nutzererfahrungen leisten, denn inzwischen herrscht starker Wettbewerbsdruck in allen Marktsegmenten. Die Ausfallzeiten müssen also auf ein Minimum reduziert werden – durch sehr effek- tive Wartungs- und Instandhaltungsprozesse. Aber das ist eben gar nicht so einfach…
Können Sie das konkretisieren?
Eine Herausforderung liegt in der Skalierung: Ein Hersteller oder Betreiber, der an vielen Standorten – vielleicht sogar europaweit – Lademöglichkeiten anbietet, und schnell auf Probleme reagieren muss, kann das mit einem Heer lokaler Installateure einfach nicht effizient leisten.
Gleichzeitig sind die technischen Anforderungen hoch. Eine Ladesäule ist ja nicht nur Strom, sondern ein komplexes Ganzes aus Kühltechnik, Telekommunikation, Sensorik, Mess- und Regeltechnik und jeder Menge IT. Und die Systeme entwickeln sich rasant, man denke zum Beispiel an die neuen High-Power-Charger mit flüssigkeitsgekühlten Systemen, die ausgesprochen temperatursensibel sind. Da sind Spezialisten gefragt.
Wie kann man den angesprochenen Problemen begegnen?
Nach unserer Überzeugung braucht es ein hohes Maß an Digitalisierung und Automatisierung – einschließlich datenbasierter präventiver Ansätze, mit denen sich Risiken erkennen lassen, bevor sie zu Ausfällen führen. Wir setzen hier auf eine cloudbasierte Lösung, die sämtliche Stationen anhand von Echtzeitdaten überwacht, Probleme automatisch erkennt, bewertet und an die zuständigen Fachkräfte übermittelt. Über unsere Plattform lassen sich übrigens 90 Prozent der gemeldeten Störungen remote lösen – durch Neustart oder Anpassung bestimmter Konfigurationen. Das zahlt natürlich auf die Verfügbarkeit ein.
Und wenn doch einmal ein Techniker gefragt ist?
Dann können wir bei Axians im europäischen Netzwerk der VINCI Energies sehr schnell und strukturiert agieren. Alles wird zentral koordiniert, sämtliche relevanten Informationen stehen den Technikern vor Ort schon vor dem Einsatz zur Verfügung, alle Abläufe werden digital gesteuert. So sind beispielsweise auch benötigte Ersatzteile zeitnah verfügbar…
Sie sprachen eben von vorausschauender Wartung …
Im Rahmen unseres digitalen Betriebsmodells werden Temperaturverläufe, Lastverteilungen und Systemdaten permanent analysiert. Dabei erkennt das System Abweichungen und lernt Muster, die auf Handlungsbedarf hinweisen. So kann man beispielsweise sehen, ob und wann bestimmte Grenzwerte angepasst, Teile ausgetauscht oder Kühlflüssigkeit nachgefüllt werden muss. Die Serviceeinsätze werden damit gut planbar und es kommt gar nicht zu Ausfällen.
Aber das lohnt sich doch vermutlich nur für große Ladenetze?
Keineswegs – das sehen wir an einer steigenden Zahl kleinerer Kunden, die zunächst versucht haben, Wartung und Service in Eigenregie zu organisieren. (pq)

