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Ladestrom to go

19.06.2024 – In einem Feldtest von TransnetBW in Zusammenarbeit mit decarbon1ze, badenova und Stadtwerk am See wurde getestet, wie E-Mobilist:innen künftig ihren eigenen Stromlieferanten an die öffentlichen Ladesäulen „mitnehmen“ können.

Wer mit seinem Elektrofahrzeug bundesweit unterwegs ist, steht vor einer Vielzahl von Anbietern und Vertragsmodellen für das Laden des Fahrzeugs. Dabei haben die Nutzer:innen bisher keine freie Wahl des Stromlieferanten an der Ladesäule und oft ist unklar, ob eine Roaming-Verbindung besteht oder zu welchem Preis der Ladevorgang abgerechnet wird. Die von der Bundesnetzagentur im Jahr 2021 vorgelegten „Netzzugangsregeln zur Ermöglichung einer ladevorgangsscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung für Elektromobilität (NZR-EMob)“ ermöglichen den Ladesäulenbetreibern bereits den Betrieb inklusive Lieferantenwettbewerb und schreiben die Einführung eines virtuellen Bilanzierungsgebietes vor, in dem die Ladevorgänge nach den entsprechenden Regeln der Marktkommunikation den jeweiligen Lieferanten bilanziell zugeordnet werden. Ein Feldtest in Breisach in Baden-Württemberg im Rahmen des Forschungsprojektes Banula zeigt, wie der eigene Stromvertrag inklusive PV-Eigenverbrauch an der öffentlichen Ladesäule mitgenommen werden kann.

BANULA

Jederzeit und überall den eigenen Strom laden – und zwar ganz ohne Roaming. (Foto: TransnetBW GmbH)

Das Forschungsprojekt BANULA – BArrierefreie und NUtzerfreundliche LAdemöglichkeiten besteht aus acht Partnern aus Wisseschaft und Industrie, die gemeinsam alle relevanten energiewirtschaftlichen Rollen der Elektromobilität abbilden. Im Projekt wird die Mitnahme des eigenen Stromlieferanten an die Ladesäule durch virtuelle Bilanzkreise konzipiert und umgesetzt. Der Ansatz besteht darin, die Ladepunkte als digitale Zwillinge aus den Bilanzkreisen in ein virtuelles Netzgebiet auszulagern. Dies ermöglicht, die Strommengen zielgerichtet den jeweiligen Teilnehmer:innen der Banula-Plattform zuzuordnen und abzurechnen. Endkund:innen sollen so gewünschte Stromanbieter für den Ladestrom nutzen oder sogar selbst erzeugten Solarstrom an beliebigen Ladesäulen tanken können.

Für den Datenaustausch innerhalb des Netzwerks wird auf eine dezentrale Open-Source-Lösung auf Basis der Blockchain-Technologie gesetzt. Die Software erfüllt die Anforderungen des virtuellen Bilanzkreismanagements und kann die notwendige Transparenz der Prozesslandschaft und damit Vertrauen in die den Bilanzkreisen zugeordneten Energiemengen schaffen. Des Weiteren soll durch die kontrollierte Weitergabe von Informationen aus der Blockchain die Bereitstellung von Mehrwertdiensten für die Branche möglich werden. So sollen Ladeinfrastrukturbetreiber ihre Ladesäulen zur Verfügung stellen können, ohne für die Beschaffung des Ladestroms verantwortlich zu sein. Verteilnetzbetreiber erhalten in Echtzeit einen transparenten Einblick in die Ladebelastung ihres Netzes und können Maßnahmen zur Netzstabilität einleiten.

In der Praxis

In dem Feldversuch des Konsortiums TransnetBW, decarbon1ze, badenova und Stadtwerk am See wurde erfolgreich getestet, wie öffentliche Ladesäulen in das virtuelle Bilanzkreismodell eingebunden werden können. Das Management des virtuellen Bilanzkreises, in dem sich die Ladesäule befindet, wurde als Dienstleistung von dem Berliner Start-up-Unternehmen decarbon1ze GmbH übernommen, indem die jeweilige Ladesäule an die Softwarelösung von decarbon1ze angeschlossen wurde. Durch die Einrichtung eines Default-Providers konnte der Zugriff auf Ad-hoc-Ladevorgänge, Roaming und andere Tarife des Ladesäulenbetreibers jederzeit aufrechterhalten werden. Betreiber können so ihre Ladeinfrastruktur einfach für das Roaming zu Hause, am Arbeitsplatz oder unterwegs öffnen. „Ladepunktbetreiber können damit bei Ausschreibungen punkten“, erklärt Knut Hechtfischer, Geschäftsführer von decarbon1ze. Die neue Möglichkeit, den Stromvertrag an den intelligenten Ladepunkt mitzunehmen, ermögliche ‚echten Fahrstrom‘, der korrekt bilanziert wird und neue energiewirtschaftliche Angebote für Flotten von Stromlieferanten und Elektromobilitätsdienstleistern schafft. Insbesondere für Flotten kann das interessant sein.

Um das Geschäftsmodell auch für Ladepunktbetreiber weiter attraktiv zu gestalten, wurde ein Infrastrukturentgelt festgelegt („Preis je kWh ohne Strom“), das den Ladepunktbetreiber für die Bereitstellung seiner Ladesäule für andere Lieferanten entlohnt. Mit diesem Ansatz soll erreicht werden, dass wesentliche Hemmnisse für Ladestellenbetreiber, in das virtuelle Bilanzierungsgebiet zu wechseln, beseitigt werden und gleichzeitig das bestehende Roamingmodell problemlos fortgeführt werden kann. „So konnten die Kunden der Stadtwerke am See aus Friedrichshafen ihr E-Auto problemlos an der Ladesäule der badenova in Breisach mit dem Strom der Stadtwerke am See laden – ohne Roaming-Gebühren. Gleichzeitig konnten Bestandskunden von badenova und Roamingkunden an derselben Ladesäule weiterhin von badenova mit der ladevorgangsgenauen Bilanzierung versorgt werden“, fasst Hannes Meyer-Schönbohm, Projektleiter Elektromobilität beim Freiburger Energiedienstleister badenova, zusammen.

Peter Majer, Leiter Unternehmensentwicklung und Innovation beim Stadtwerk am See, sieht in den Ergebnissen des Feldversuchs eine große Chance: „Die Lösung, Ladesäulen in einem virtuellen Bilanzkreis abzubilden, ermöglicht es auch kleineren EVU, ihren Kunden deutschlandweit Fahrstrom ohne Roaming anzubieten.“ In weiteren Feldtests sollen energiewirtschaftliche Anwendungsfälle, wie beispielsweise netzdienliches Laden, näher erprobt werden. (pms)

www.transnetbw.de

www.decarbon1ze.com

www.badenova.de

www.stadtwerk-am-see.de