08.01.2023 – Der Aufbau einer DC-Schnellladestation erfordert normalerweise einen hohen Zeit- und Kostenaufwand. Mit vorkonfigurierten und skalierbaren Modulen für die 19“-Rack-Montage will Phoenix Contact jetzt eine schnelle Inbetriebnahme bei geringen Systemkosten ermöglichen.
Die Transformation des Verkehrssektors hin zur Elektromobilität ist in vollem Gange. Die dafür erforderliche Ladeinfrastruktur macht die Energiewirtschaft zu einem zentralen Akteur für nachhaltige Mobilität und bietet der Branche erhebliche Wachstumschancen. Dies gilt insbesondere für Schnellladepunkte, die gerade im öffentlichen Raum bevorzugt genutzt werden und zudem für einen hohen Stromabsatz sorgen. Eine derartige Infrastruktur bereitzustellen, ist jedoch nicht ganz trivial, wie Eduard Hartmann aus dem Product Marketing High Power Systems bei der Phoenix Contact Power Supplies GmbH berichtet: „Die Entwicklung und der Aufbau einer DC-Schnellladestation gemäß dem internationalen Standard IEC 61851 erfordert besondere Expertise und Erfahrung. Insbesondere bei Kleinserien ist dieser initiale Aufwand nicht kostendeckend.“ Bisher führte der Weg zur Schnellladestation daher zwangsläufig zunächst zum spezialisierten Anbieter.
Die DC-Schnellladestation für jedermann
Damit Schnellladestationen künftig schnell und ohne spezialisiertes Know-how bereitgestellt werden können, hat Phoenix Contact das modulare 19“-Charx-System entwickelt. Es umfasst Verteiler-, Leistungs- sowie Steuermodule. Damit, so Eduard Hartmann, kann eine DC-Schnellladestation innerhalb weniger Minuten aufgebaut werden. Die Ladeleistung kann sowohl vorab skaliert als auch nachträglich gesteigert oder reduziert werden. Da die einzelnen Module einfach ein- und ausgebaut werden können, unterstützt das modulare 19“-Charx-System nicht nur eine schnelle Montage, sondern senkt auch den Aufwand für Wartungen und Reparaturen.
Montage in Minuten
„Im Vergleich zur klassischen Bestückung mit Tragschienenkomponenten reduziert der modulare Aufbau mit dem Charx-System die Verdrahtungsarbeiten und Fehleranfälligkeit einer DC-Ladesäule erheblich“, führt Eduard Hartmann aus. Schnellanschlusstechnik, RJ45 Kommunikationsschnittstellen und das etablierte 19“-Standardmaß ermöglichen die schnelle Installation mit standardisiertem Montagematerial. „Verbindungskabel müssen lediglich abisoliert werden“, erläutert der Produktmanager und verweist auf die erheblich geringeren System- und Montagekosten. „Vergleichbare Leistungsmodule erfordern hingegen eine herstellerspezifische Konfektionierung von Leitungen und variieren beim Bauraum. Ähnliche Module zur Absicherung, Steuerung oder Überwachung der Ladestation sucht man bisher vergeblich“, so Hartmann.
Die 19“-Module
Das Charx-System im 19“-Format umfasst 30 kW Leistungsmodule als AC/DC oder DC/ DC Variante, eine Leistungssteuereinheit sowie eine AC-Verteilereinheit. „Technisch punkten die Leistungsmodule mit einem Wirkungsgrad von bis zu 96 Prozent und einer konstanten Ausgangskennlinie in einem Spannungsbereich von 150 – 1.000 V“, stellt Eduard Hartmann heraus. Zudem seien die Leistungsmodule durch die galvanische Isolation sowie die Möglichkeit, bis zu 48 Module parallel zu schalten, sehr flexibel einsetzbar. Insgesamt können Ladeleistungen von bis zu 1,5 MW realisiert werden, die beispielsweise für Nutzfahrzeuge oder Elektrobusse benötigt werden. Zur direkten Anbindung an Solaranlagen ist die Variante mit DC-Eingang mit einer Maximum-Power-Point-Tracking- Software ausgestattet. „Leistungsmodule in dieser Leistungsklasse sind auch für andere Anwendungsbereiche interessant wie etwa für lokale Batteriespeicher zum Auffangen von Lastspitzen oder zur Notstromversorgung“, ergänzt Hartmann.
Mithilfe des Verteilermoduls und des Leistungssteuermoduls wird der gesamte Leistungsfluss vom Netz bis ins Fahrzeug aufgebaut. Dabei wird die AC-Leistung aus dem Netz vom AC-Verteilmodul auf bis zu fünf Leistungsmodule verteilt. Die erzeugte DC-Leistung wird im Leistungssteuermodul gesammelt und ans Fahrzeug übergeben. Das Verteilermodul versorgt alle Komponenten in der Ladesäule mit AC-Netzstrom. Eduard Hartmann: „Ein integrierter Überspannungsschutz, Sicherungsautomaten sowie ein Überhitzungsschutz sorgen für die Sicherheit aller nachgeschalteten Module und Leitungen. Somit kann auch für die AC-Verteilung auf die Montage einer Hutschiene verzichtet werden.“
Das Leistungssteuermodul vereint die notwendigen Funktionen, um Leistungsmodule zu steuern und den Ladeprozess zu überwachen: In dem kompakten, hochintegrierten Gerät von 19“ und 3 Höheneinheiten sind Ladesteuerung, Mobilfunkmodem, Isolationsüberwachung, Leistungsschütze und Sicherung zusammengefasst. Zur einfachen Systemintegration und zum Fernzugriff bietet es die Kommunikationsschnittstellen TCP/IP, RS-485, CAN-Bus und I/Os. Die Temperaturmessung an mehreren Stellen ist ebenso möglich wie die Versorgung und Steuerung externer Lüfter zum Kühlen der Ladestation. Die eingesetzte Ladesteuerung ist vorkonfiguriert, sodass unmittelbar nach dem Abschluss der Montage ein Ladevorgang mit Basisfunktionalitäten gestartet werden kann. „System- und Temperaturtests der Ladesäule können umgehend begonnen werden“, sagt Eduard Hartmann. Ein Leistungssteuermodul managt bis zu fünf Leistungsmodule mit je 30 kW, sodass Ladeleistungen von bis zu 150 kW mit einem Ladestrom von maximal 500 A realisiert werden können.
Erweiterungen im System
Alle Komponenten der Ladetechnik für die Elektromobilität sind bei Phoenix Contact unter der Marke Charx gebündelt. Das Gesamtportfolio umfasst unter anderem AC- und DC-Ladekabel, AC- und DC-Ladesteuerungen, eichrechtskonforme Energiezähler oder Überspannungsschutzgeräte. „Das modulare System im 19“ Format enthält einige dieser Komponenten und ist optimal auf die Anbindung weiterer Bausteine vorbereitet“, ordnet Eduard Hartmann ein. Beispielsweise könne analog zum DC-Ladekabel mit einem Bemessungsstrom von 250 A auch das Leistungssteuermodul kurzzeitig höhere Ladeströme von bis zu 500 A führen. Auch die Einbindung von notwendiger Peripherie für eine Lade- säule wie z.B. ein HMI-Panel oder ein RFID-Gerät sei möglich. Sein Fazit: „Bisher konnten Anbieter von Ladeinfrastruktur einzelne Komponenten oder eine vollständige Ladestation auf dem Markt erwerben. Individuelle Anforderungen waren zudem nur mit beträchtlichem Aufwand umsetzbar. Das modulare 19“-Charx-System eröffnet hier neue Spielräume.“ Zukünftig soll das 19“-System von Phoenix Contact um weitere Module erweitert werden, die den Aufbau einer batteriegepufferten Ladestation ermöglichen, um DC-Schnellladen auch unabhängig von der örtlichen Infrastruktur anbieten zu können. (pq)