13.11.23 – Um E- Fahrzeuge zukünftig als mobilen Zwischenspeicher für Strom zu verwenden, müssen jetzt die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Das bidirektionale Laden von Elektroautos birgt großes Potenzial für die Sektorenkopplung. Noch sind hier aber nicht nur technische, sondern auch regulatorische Hürden zu meistern. Die Studie „Bidirektionales Laden in Deutschland – Marktentwicklung und Potenziale” von NRW.Energy4Climate und e-mobil BW untersucht das Potenzial von bidirektionalem Laden im deutschen Markt und ordnet die Umsetzbarkeit unter Berücksichtigung verschiedener Rahmenbedingungen und Alternativen ein. Sie gibt zudem konkrete Empfehlungen, welche Voraussetzungen für eine flächendeckende und wirtschaftliche Einführung der Technologie geschaffen werden müssen.
„Mit dem bidirektionalen Laden von Elektrofahrzeugen sind große Hoffnungen verbunden: Die Stromnetze sollen entlastet und große Mengen Erneuerbare Energie könnten zwischengespeichert werden“, sagt Ulf C. Reichardt, Vorsitzender der Geschäftsführung von NRW.Energy4Climate. „NRW.Energy4Climate wird die Akteure dabei unterstützen, die Handlungsempfehlungen zeitnah umzusetzen und die bestehenden Hürden abzubauen.“
Bidirektionales Laden bietet die Möglichkeit, elektrisch betriebene Fahrzeuge als mobilen Zwischenspeicher für Strom zu verwenden. Der Strom kann nicht nur in Richtung des Fahrzeug-Akkus, sondern bei Bedarf auch wieder ins Netz zurückgespeist werden. Damit kann das bidirektionale Laden zu einer Schlüsseltechnologie für die Energiewende werden und zur Netzstabilisierung beitragen. Zudem hat es Potenzial als zukünftiges Geschäftsmodell für Netzbetreiber und Nutzer:innen.
Die Studie bereitet wissenschaftlich die Potenziale und Mehrwerte des bidirektionalen Ladens auf, unter Berücksichtigung der aktuellen und künftigen Marktentwicklung und verschiedener Rahmenbedingungen. Sie kommt zu folgenden zentralen Ergebnissen:
Realistische Potenziale erkennen
Laut den Berechnungen der Studie werden im Jahr 2035 rund 33 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge in Deutschland zugelassen sein. Unter Berücksichtigung der von den Fahrzeugherstellern kommunizierten Planungen sind bis 2035 circa 65 Prozent dieser Fahrzeuge technisch in der Lage, bidirektional zu laden. Jedoch werden nicht alle davon die benötigte Ladeinfrastruktur vorfinden. Somit ergibt sich ein Potenzial von circa 7,6 Millionen Fahrzeugen, die tatsächlich bidirektional Laden können. Mit dieser Menge an Fahrzeugen stünden bis zu 380 Gigawattstunden als mobiler Speicher zur Verfügung, was dreimal so viel ist wie der deutschlandweite Bedarf an stationären Batteriespeichern.
Standards und Schnittstellen abstimmen
Für eine flächendeckende und wirtschaftliche Einführung der Technologie ist zunächst die Klärung der regulatorischen Rahmenbedingungen wichtig – hier besteht der größte Handlungsbedarf. Auch aus technischer Sicht fehlt die Einigung auf Standards und Schnittstellen, um bidirektionales Laden herstellerübergreifend umzusetzen und Produkte auf den Markt zu bringen.
Nicht noch mehr Potenziale verlieren
Laut den Berechnungen hätten mit dem Bestand an reinen Elektrofahrzeugen im Jahr 2023 in Deutschland bereits zehn Gigawatt an Speicherleistung zur Verfügung stehen können. Das entspricht in etwa der zehnfachen Leistung der deutschen Pumpspeicherkraftwerke. Dazu sind aber weder derzeitige Batteriefahrzeuge noch die aktuell installierten Wallboxen in der Lage. Eine Nachrüstung der Bestandsfahrzeuge auf bidirektionales Laden ist technisch kaum umsetzbar, so dass ausschließlich zukünftige Neufahrzeuge in Frage kommen. Die Befähigung der Fahrzeuge für bidirektionales Laden wird zurzeit aber erst bei wenigen Modellen einzelner Autohersteller berücksichtigt, wie die Studie aufzeigt.
Potenziale gesamtwirtschaftlich ausschöpfen
Um die Potenziale des bidirektionalen Ladens erfolgreich nutzen zu können, müssen die Maßnahmen der einzelnen Akteure zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Vor einem flächendeckenden Rollout der Technologie müssen zunächst die technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen seitens der Industrie und Politik geklärt werden. Damit sich tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln können, ist intensive Kommunikation und Information zu den Vorteilen des bidirektionalen Ladens für die Nutzer:innen Voraussetzung.
Die Studie „Bidirektionales Laden in Deutschland – Marktentwicklung und Potenziale“ ist eine bundesländerübergreifende Kooperation zwischen NRW und Baden-Württemberg und umfasst die gemeinsame Zielsetzung, die Potenziale des bidirektionalen Ladens zu bewerten. Sie wurde von einem Autorenteam der P3 automotive GmbH in Zusammenarbeit mit der Boesche Rechtsanwälte PartGmbB durchgeführt und heute (9. November) von NRW.Energy4Climate auf dem „Kompetenztreffen Elektromobilität in NRW “ in Köln vorgestellt.
Die Ergebnisse werden zudem im Rahmen einer Online-Veranstaltung der Landesagentur e-mobil BW am 21.11.2023 von 10 bis 11 Uhr ausführlich vorgestellt. (bs)