01.08.2022 – Die Integration von Photovoltaik ins Stromnetz erfordert besonders bei steigenden Kapazitäten immer bessere Prognosen. Dabei stellen seltene meteorologische Extremereignisse noch besondere Herausforderungen dar. Neben Vulkan-Asche und Sahara-Staub erfordert eine Sonnenfinsternis die besondere Aufmerksamkeit der Netzbetreiber, Stromhändler und Prognose-Dienstleister. Wetterprognosen enthalten solche seltenen Extremereignisse bisher nicht routinemäßig. Am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE wurde nun eine Lösung entwickelt, um den Bedeckungsgrad orts- und zeitspezifisch mit etablierten Wetterprognose-Modellen zu kombinieren.
Die vorherige Abschätzung einer Sonnenfinsternis muss laut Fraunhofer IEE rein auf Basis vorher bekannter Daten möglich sein. Schon mittels Persistenzprognose (clear-sky-Index) kann der Tagesgang von Globalstrahlung oder PV-Einspeisung über eine Sonnenfinsternis hinweg gut fortgesetzt werden. Dabei könne der Effekt der Sonnenfinsternis zwar langsamer und kleiner sein als der Einfluss wechselnder Bewölkung, spiele aber in jedem Fall eine signifikante Rolle im Ergebnis. Auch volatiler Eigenverbrauch wirkt sich massiv im Einspeiseprofil von Solaranlagen aus und muss (und kann) daher gesondert behandelt (und prognostiziert) werden.
Die Validierung der Ergebnisse mit Daten vom 10. Juni 2021 erfolgte in zwei Schritten: durch bodengestützte Messung der Globalstrahlung auf Basis von Daten des Deutschen Wetterdienstes DWD und Einspeise-Messungen tausender PV-Parks, die für Hochrechnung- und Prognose-Prozesse beim Übertragungsnetzbetreiber Amprion genutzt werden.
Wetterprognosen und Leistungsprognosen des Fraunhofer IEE enthalten das neue Simulations-Feature bereits. Außerdem steht die Lösung als Algorithmus oder fertiges Softwaremodul für die Integration beim Anwender direkt zur Verfügung. So werden Fehler vermieden und die Vermarktung und der Netzbetrieb optimal unterstützt.
Optimierte Leistungsprognosen an neuen Standorten
Leistungsprognosen sind ein Grundbaustein für eine sichere Netzintegration von erneuerbaren Energien. Der weitere Ausbau von PV-Anlagen in Deutschland erfordert skalierbare Modelle, die schnell und zeitnah nach Anlageninstallation Prognosen mit einer guten Prognosegüte liefern können. Mithilfe von Multi-Task- und Transfer-Learning konnten diese Anforderung in einer Methodik umgesetzt werden, die am Fraunhofer IEE erfolgreich für PV-Prognosen sowie (Eigen-) Verbrauchsprognosen getestet wurde.
Alternativ kann auf neue, unbekannte oder nicht vermessene Standorte und Regionen hochgerechnet werden, ausgehend von bekannten bzw. vermessenen Solarparks. Solche Hochrechnungsverfahren für aktuelle Messwerte oder auch Prognosen wurden im Projekt SOLREV in Kooperation mit Fraunhofer ISE und den Übertragungsnetzbetreibern optimiert und verglichen.
Sonnenfinsternis im Oktober 2022 mit starker Bedeckung
Die Sonnenfinsternis am 25. Oktober 2022 wird mit ca. 25 Prozent Bedeckungsgrad etwa doppelt so stark sein wie die Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 mit ca. 13 Prozent. Konkrete Wetterprognosen wenige Tage vorher sollen Aufschluss darüber geben, wie stark die Bewölkung und damit letztendlich der Effekt der Sonnenfinsternis sein wird.
Zusammenfassend seien die Studienergebnisse vielversprechend und erlauben die Anwendung auf individuelle Wetterprognosen, berichtet Dr. Rafael Fritz vom Fraunhofer IEE. „Zusätzlich zu den schon guten Prognosemodellen für die Einspeisung einzelner PV-Parks oder ganzer Portfolios – inklusive Eigenverbrauch und anderer individueller Effekte – kann so ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um Fehler zu vermeiden oder zu reduzieren.“ Daten jeder weiteren Sonnenfinsternis und andere Optimierungen sollen die Methodik weiter verbessern und Energiesysteme weltweit resilienter machen gegen solche Extremereignisse. (ds)