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Ultrakondensatoren und Batterien: Reine Konkurrenz oder ungeahnte Verbündete?

18.10.2022 – Ultrakondensatoren speichern Energie mittels eines elektrostatischen Feldes, während Batterien Energie mithilfe einer chemischen Reaktion speichern. Diese Prozesse haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, wie Linus Froböse, Chief Operating Officer bei Skeleton Technologies, ein Hersteller von Ultrakondensatoren, im Interview erläutert.

Herr Froböse, worin unterscheiden sich die beiden Speichertechnologien Ultrakondensatoren und Lithium-Ionen-Batterien?

Linus Froböse: Ultrakondensatoren (UK) sind schnelle Energiespeicher mit einer hohen Leistungsdichte. Ihre technischen Vorteile spiegeln sich vor allem darin wider, dass sie innerhalb von Sekunden vollständig auf- und entladen werden können und dabei Megawattsekunden statt Kilowattstunden an Leistung liefern können, ohne dass die Lebensdauer darunter leidet. Diese Langlebigkeit spiegelt sich in mehr als einer Million Ladezyklen wider. Im Vergleich zu Batterien speichern sie dafür jedoch nur ein Zehntel derselben Energie.

Linus Froboese Skeleton Technologies

Linus Froböse, Chief Operating Officer bei Skeleton Technologies. Foto: Skeleton Technologies GmbH

Lithium-Ionen-Batterien (LIB) sind also langsame Energiespeicher und somit im alltäglichen Gebrauch effektiver. Die Be- und Entladezyklen entsprechender Batterien dauern aufgrund der hohen Energiedichte bekanntlich länger und entladen sich, abhängig von Batteriegröße und -Typ, über mehrere Stunden – die Energie steht also länger und kontinuierlich zur Verfügung. Längere Betriebszeiten bedeuten längere Ladezeiten und das begrenzt die durchschnittliche Lebensdauer, die sich bei Batterien zwischen 2000 bis 5000 Ladezyklen einpendelt.

Wie schneiden die beiden Technologien beim Wirkungsgrad ab?

Linus Froböse: Der Wirkungsgrad gängiger Batterien liegt mit 70-80 Prozent unter dem beinahe volleffizienten Wirkungsgrad von knapp 99 Prozent bei Ultrakondensatoren. Während die Leistung, Speicherdichte und Funktionalität von Batterien maßgeblich von der Umgebungstemperatur abhängt, bestechen Ultrakondensatoren durch eine hohe Toleranz gegenüber extremen Temperaturen. Selbst bei -40°C erreichen Supercaps nahezu volle Effizienz.

Komplementär dazu treten Lithium-Ionen-Batterien und andere Batteriespeicher als Marathonläufer auf. Sie sind ausdauernd und besitzen eine hohe Batteriekapazität, die von Zeit zu Zeit und auch bei geringem Bedarf abgegeben werden kann. Schnelle Be- und Entladungen aufgrund kurzzeitiger Lastspitzen, ähnlich denen von Ultrakondensatoren, lassen sich mit gängigen Batteriespeichern allerdings nicht realisieren. Im Gegenteil: Schnellladen und abruptes Entladen befeuern Degradationsprozesse und lassen Batterien schneller altern.

Gibt es noch weitere Unterschiede?

Linus Froböse: Vor allem beim Thema Nachhaltigkeit stellen Ultrakondensatoren andere Speicher in den Schatten. Bereits bei der Herstellung von Batterien und der jeweiligen Rohstoffgewinnung wird viel Energie verbraucht und Treibhausgase emittiert. Dies auszugleichen kostet Geld und erhöht schließlich den Preis des Endprodukts. Ultrakondensatoren verzichten auf verschiedene kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel oder Kupfer. Sie sind somit umweltfreundlicher, einfacher zu recyceln, um einiges leichter als LIB und – besonders wichtig – sicherer als andere Batteriespeicher. Ultrakondensatoren haben nämlich nicht die chemische Zusammensetzung, die für ein thermisches Überhitzen anfällig ist – sie fangen nicht an zu brennen oder zu explodieren, nur weil sie zyklisch oder in falschen Temperaturen betrieben werden.

Können die beiden Technologien gemeinsam eingesetzt werden?

Linus Froböse: Es kann schnell der Eindruck entstehen, dass sich sämtliche Kritikpunkte regulärer Batteriespeicher durch den Einsatz von Superkondensatoren beheben ließen. Doch das täuscht. Die Anwendungsbereiche beider Energiespeicher überschneiden sich zwar, lassen sich aber nicht beliebig austauschen. Der gemeinsame Einsatz eignet sich für Anwendungen z.B. im Netz-, Automobil- und Transportbereich. Batterien liefern hier langfristige Energie, während Ultrakondensatoren hohe Leistungsspitzen und Leistungsdichten abdecken. Das bietet langfristig die Perspektive, Synergien zu nutzen und durch neue Innovationen die Stärken beider Technologien zu vereinen.

Welchen Nutzen haben hybride Speicher?

Linus Froböse: Die Option hybrider Speicher, also eine ausgeklügelte Kombination aus Langstreckenläufer LIB und Sprinter UK, verbindet die jeweiligen technologischen Vorteile und eliminiert gleichzeitig deren Nachteile. Hybride Speichersysteme könnten daher bessere Optionen bieten als reine LIB- oder UK- Systeme, insbesondere wenn für ein und dasselbe System sowohl eine hohe Leistung als auch hohe Energie benötigt wird.

Die größte Errungenschaft eines Zusammenspiels beider Technologien wäre die deutliche Steigerung der Lebensdauer für Batteriesysteme. Insbesondere eintretende Degradationsprozesse, die aufgrund von Hitzestress oder falscher Be- und Entladungen beschleunigt werden, könnten bei sinnvoller Kombination die Langlebigkeit eines Hybridspeichers enorm erhöhen. Mögliche Effizienzsteigerungen könnten so sinnvoll in allen Sektoren erzielt werden.

Bei bislang eingesetzten stationären Batterien können durch die zusätzliche Verwendung von Ultrakondensatoren Lastspitzen innerhalb kürzester Zeit aufgenommen werden und für eine notwendige Netzstabilisierung sorgen. In der Elektromobilität sind hybride Systeme ebenfalls sinnvoll. Da der Automobilsektor zunehmend unter Druck steht, die Kraftstoffeffizienz zu verbessern und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, nimmt die Elektrifizierung des Verkehrssektor und der Wandel zu dessen Dekarbonisierung weiter zu. Die Lösungen, die diesen Wandel ermöglichen, müssen jedoch den strengen Anforderungen an Leistung, Zuverlässigkeit sowie Sicherheit gerecht werden. Durch die Entwicklung effizienterer Hybrid- und Elektrofahrzeuge, können die jeweiligen Aspekte durch den Einsatz von Ultakondensatoren einen großen Sprung nach vorn machen. Ultrakondensatoren können mit Batterien parallelgeschaltet werden, um die Vorteile der Energie- und Leistungsdichte zu nutzen und ein effizienteres, robusteres Gesamtsystem zu schaffen. Bei schweren Nutzfahrzeugen wie LKW, Bussen oder Schienenfahrzeugen werden Superkondensatoren seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Das wirkt sich bereits positiv auf den Verkehrssektor aus und treibt die Elektrifizierung dieser Branchen zielführend voran.

Erstmals wird nun auch auf politischer Ebene der kombinierte Einsatz beider Technologien unterstützt, nicht zuletzt durch IPCEI-Programme. Beide Technologien entwickeln sich zwar stetig weiter und stärken ihre jeweiligen Vorteile, jedoch bleibt die vorangetriebene Idee und Weiterentwicklung hybrider Speicher weit hinter einem breiten Einsatz zurück.

Im Zuge der steigenden Nachfrage nach Energieunabhängigkeit und erneuerbarer Energie stehen Batteriespeichersysteme unweigerlich im Fokus der Gesellschaft und der Politik – tiefgreifendere Zusammenarbeit der führenden Unternehmen für Batterien und Ultrakondensatoren ist somit nicht nur erwünscht, sondern zwingend notwendig. (ds)

www.skeletontech.com