01.09.2022 – Für den von der VSB Neue Energien Deutschland GmbH auf dem Gebiet der Stadt Alsfeld im Landkreis Vogelsberg in Hessen geplanten Windpark Homberg II liegt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen vor.
Ursprünglich sollte auch der Windpark Homberg II bereits seit zwei Jahren regenerativen Strom produzieren und in das Netz einspeisen. Das VG Gießen ist allerdings nach rund drei Jahren Gerichtsverfahren der Auffassung, dass der 303 Seiten umfassende Genehmigungsbescheid aufzuheben war. Die drei Windenergieanlagen sind eine Erweiterung Windparks Homberg I, der seit Anfang 2018 ca. 9.000 Haushalte mit Windstrom versorgt.
Abstandsempfehlungen: Gericht bemängelt unzureichende Prüfungstiefe
Das Gericht bemängelte dabei unter Hinweis auf die Abstandsempfehlungen des sogenannten Helgoländer Papiers eine unzureichende Prüfungstiefe. Dazu Peter Horntrich, Leiter der Umweltplanung bei VSB: „Für den Praktiker ist das überraschend und auch kaum nachvollziehbar, da nach jahrelangen Kartierungen und tausenden Seiten Fachgutachten eine sehr intensive Artenschutzprüfung durchgeführt wurde. Im Ergebnis wurde ein umfangreiches Maßnahmenkonzept insbesondere zum Schutz von Rot- und Schwarzmilan entwickelt. Dieses schließt auch populationsstützende Maßnahmen für den Fall ein, dass es im Verlauf des Betriebes zu einer Kollision eines Greifvogels mit einer Windenergieanlage kommen sollte.“
Das alles reiche jedoch nach Auffassung des Gerichtes nicht aus. Dabei stützt sich das Gericht auf eine sieben Jahre alte Abstandsempfehlung zwischen Horst und Windenergieanlage, ignoriert den von der Umweltministerkonferenz im Dezember 2020 vorgegeben sogenannten Signifikanzrahmen und wendet gleichzeitig die unter Heranziehung von mehrjährigen Fachstudien erarbeitete aktuelle Hessische Verwaltungsvorschrift „Naturschutz/Windenergie“, auch von Dezember 2020, nicht an.
„Die Entscheidung des Gerichtes macht nochmals deutlich, dass langwierige, jahrelange Gerichtsverfahren einen schmerzhaften Bremsklotz bei der dringend benötigten Energiewende bedeuten können“, meint Anwalt Dr. Niedersberg.
Abschließend ist laut VSB zu betonen, dass das Gericht – übrigens entgegen der vehement vorgetragenen anderen Auffassung der klagenden Naturschutzinitiative e. V. – festgestellt hat, dass die Erneuerbaren Energien im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegen und dabei ausdrücklich auf die aktuelle Situation im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine verwiesen. Die Dinge entwickeln sich ganz offensichtlich in jeder Hinsicht dynamischer. Vor diesem politischen Hintergrund habe die Entscheidung des VG Gießen den Ausbau der Erneuerbaren Energien zeitlich deutlich verzögert. (ds)