17.10.2025 – Im Netz- und Messstellenbetrieb wird die Digitalisierung nach den gesetzlichen Vorgaben ein enormes Datenaufkommen produzieren. IT-Dienstleister wie GISA arbeiten an Lösungsansätzen – dennoch bleiben viele Fragen offen.

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Seit vielen Jahren schon werden intelligente Messsysteme (iMSys) und das digitale Monitoring der Verteilnetze als unverzichtbare Voraussetzung für das Gelingen der Energie-, Mobilitäts- und Wärmewende beschworen. Dass aktuell an Konzepten, Plänen oder sogar schon an der Umsetzung des Smart Meter Rollouts und der Aufgaben aus dem ENWG §14a gearbeitet wird, ist somit eine gute Nachricht.
Doch neben vielen bekannten Fallstricken zeichnet sich ein weiteres Problem ab, dass Messstellen- und Netzbetreiber sowie ihre Dienstleister vor erhebliche Herausforderungen stellen wird: das Datenaufkommen, das zukünftig aus den 2,6 Millionen intelligenten Messsysteme sowie Teilen der geschätzt 30.000 – 50.000 Ortsnetzstationen in der Niederspannung in die MSB- und VNB-Systeme fließen wird.
Daten aus intelligenten Messsystemen
Als Betreiber der iMSys müssen die MSB dem jeweiligen VNB aus den verbauten iMSys im Netzgebiet die Netzzustandsdaten mittels Tarifanwendungsfall (TAF) 10 bereitstellen.

Ein TAF 10 liefert 16 Messwerte je iMSys und Minute, das entspricht 23.040 Werten am Tag. „Im GISA Data Center sind aktuell mehr als 70.000 iMSys mit Netzzustandsdatenerfassung angebunden, das bedeutet 1.728.000.000 einzelne Werte pro Tag“, ordnet Steffen Grau ein. An einem Tag ohne Engpässe und andere Herausforderungen im Netzbetrieb liefern diese Milliarden von Messwerten allerdings nur eine Information: Es ist alles in Ordnung! Steffen Grau zieht daraus die logische Schlussfolgerung: „Damit sagen die 23.400 Minutenwerte eines TAF 10 genau so viel aus wie ein aggregierter Tageswert.“ Damit der VNB die Potenziale von Schalthandlungen mittel CLS überhaupt abschätzen kann, benötigt er überdies die aktuellen Schaltzustände der steuerbaren Anlagen – sprich: weitere Daten, die geliefert und vorgehalten werden müssen.
Netzzustandsmessungen

Doch auch eine Ortsnetzstation mit sechs Niederspannungsabgängen liefert durchschnittlich 124 Werte pro Messzeitpunkt. Das ergibt am Tag bei minütlicher Auflösung und Übertragung 178.560 Werte. Und auch mit diesen Werten macht der VNB im regulären Netzbetrieb aus Sicht der Systemstabilität erst einmal – nichts.
Der Umgang mit den Daten
Im besten Fall laufen die Netzzustandsdaten der intelligenten Messsysteme, der Ortsnetzstationen sowie die aktuellen Schaltzustände in ein zentrales System. Ein höheres Datenaufkommen erfordert dort mehr Speicher, mehr Rechenleistung und intelligentere Prozesse, um den Fokus des Endanwenders am System auch wirklich auf die Nadel im Heuhaufen zu lenken – und das kostet. Es müssen also Mechanismen gefunden werden, um die Datenflut in Zeiten mit unkritischem Netzzustand einzudämmen.
Intelligente Datenverarbeitung
Das Monitoring-Tool GISA NetMo ermöglicht es, basierend auf dem Open Source-GIS gisa.maps, technische Assets wie Ortsnetzstationen, Kabelverteiler und Niederspannungsnetze anzulegen. Durch die Zuordnung von Messgeräten verschiedenster Hersteller sowie iMSys mit TAF 10 kann der Netzzustand aktuell und historisch auf der Basis von Messwerten visualisiert werden. Aktuell sind Geräte von Aidon, be.energy, Comtac, Prolan und Hoots eingebunden.
Die GISA Smart Energy Platform verbindet das Monitoring der Ortsnetzstationen mit den bewährten Robotron-Systemen rund um das iMSys. Dazu werden die Informationen aus den verschiedenen Geräten auf ein einheitliches Datenmodell standardisiert und basierend auf konfigurierbaren Grenzwerten mit Statuswerten gespeichert. Auf diesem Statusschema basiert dann eine Rule-Engine zum Auslösen von Meldungen und Alarmen über verschiedene Kanäle.
Eine mögliche Option stellt die Bestellung des TAF 10 im 15min-Raster und ein AdHoc-Abruf von Minutenwerten im Bedarfsfall dar. Dabei ist jedoch fraglich, ob die Systeme schnell genug sein werden, um diese Umschaltung in Echtzeit auf allen relevanten iMSys im Feld umzusetzen. Auch die Abrechnung dieser Mehrwertleistung könnte herausfordernd sein.
„In unserem Netzmonitoring-Tool GISA NetMo verfolgen wir den Ansatz, die minütlichen TAF 10-Werte dann zeitnah zu Viertelstundenwerten, später zu Stundenwerten und weiter zu aggregieren“, erläutert der GISA-Experte. Lediglich Messwerte, welche die definierbaren Grenzwerte überschreiten, würden konform zur gesetzlichen Vorgabe in der ursprünglichen Auflösung archiviert und ermöglichten dem Kunden die Dokumentation kritischer Netzsituationen als Grundlage für durchgeführte Schalthandlungen über CLS. Der FNN beschreibt ein Szenario, bei dem auf die minütlichen Netzzustandswerte eines Netzbereiches verzichtet wird, sofern die Gesamtscheinleistung des Transformators die Grenze von 50 Prozent nicht überschreitet. Steffen Grau: „Möglich wäre also, die Netzzustandsmessungen an den Abgängen hinter dem Trafo sowie die darüber versorgten iMSys nicht durchzuführen, nicht zu verarbeiten oder wenigstens nicht zu persistieren.“
Aber auch dieser Ansatz ist nicht zwangsläufig der Weisheit letzter Schluss. Schon 45 Prozent der Nennscheinleistung können zu viel sein, wenn sie über einen einzelnen Stationsabgang fließen. Ebenso können Kabel abseits der Station mit sich ausgleichenden Erzeugern und Verbrauchern überlastet sein, während sich der Trafo nahe dem Leerlauf befindet. (pq)

