25.07.2024 – Nur knapp 2 Prozent der verbauten Stromzähler in Deutschland sind laut Digitalverband BITKOM aktuell intelligente Messsysteme. Doch immerhin haben die meisten grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) der PwC-Studie zufolge mit dem Smart-Meter- Rollout begonnen. Wir sprachen mit Ralf Eichmann, Mitautor der Studie und Senior Manager Energiewirtschaft bei PwC Deutschland.
Herr Eichmann, hat das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) inzwischen Wirkung gezeigt und den Rollout beschleunigt?
Ralf Eichmann, Mitautor der Studie und Senior Manager Energiewirtschaft bei PwC Deutschland (Foto: PwC GmbH)
Das Gesetz hat sicherlich mehr Rechtssicherheit geschaffen und den Prozess angeschoben, etwa durch die gelockerte Zertifizierung von Smart Meter-Gateways. Unsere Studie zeigt ja auch, dass inzwischen 80 Prozent der Befragten gMSB den Rollout von modernen Messeinrichtungen (mME) und intelligenten Messsystemen (iMS) gestartet haben.
2023 waren es noch 71 Prozent. Wir sind also auf dem richtigen Weg, auch wenn es noch einige Hürden zu überwinden gilt. Bis 2032 müssen alle Zähler in Deutschland digital oder intelligent sein. Erreichen die gMSB das Ziel?
Ich halte den aktuellen Zeitplan für realistisch. Zumal sich die Rahmenbedingungen auch nach dem Inkrafttreten des GNDEW noch weiterentwickeln und Netzbetreiber unterstützende Regelungen etwa zur Anerkennung der Rollout-Kosten erwarten dürfen. Klar ist aber auch: Selbst vor den Unternehmen, die bereits mit der Installation von iMS begonnen haben, liegt noch ein weiter Weg.
Was ist noch zu tun?
Aktuell kommt es zum Beispiel darauf an, die Wirtschaftlichkeit des Rollouts zu optimieren. Das heißt: Die Transformation zu einer kundenorientierten Marktrolle durchzuführen und marktfähige Zusatzleistungen für die Kunden zu entwickeln, wie die Analyse des Energieverbrauchs oder die automatische Steuerung der Heizungsanlage.
Wo sehen die Unternehmen die größten Herausforderungen?
In unserer Studie berichten 86 Prozent der gMSB, dass sie mit der netzdienlichen Steuerung nach §14a EnWG die größten Schwierigkeiten haben. Dabei handelt es sich um einen der letzten Schritte im Rollout- Prozess und zugleich um den anspruchsvollsten: die Smart Meter-Infrastruktur im Zusammenspiel mit dem Netzbetreiber so zu nutzen, dass erneuerbare Energien optimal eingebunden und Lastspitzen und Flauten gemanagt werden. Diese hohe Komplexität verbunden mit dem Fachkräftemangel kann vor allem für kleinere Stadtwerke und Messstellenbetreiber eine große Hürde darstellen. Für diese Marktteilnehmer kann es sinnvoll sein, Kooperationen einzugehen, um Kräfte zu bündeln und den Prozess erfolgreich zu gestalten.
20 Prozent der Unternehmen haben laut Ihrer Studie noch nicht mit der Einführung von Smart Metern begonnen. Was müssen diese Messstellenbetreiber jetzt tun?
Sie sollten schnellstmöglich aktiv werden und die Pläne von 2016 auf die Gegebenheiten des GNDEW 2023 anpassen, anderenfalls laufen sie Gefahr, ihren Status als grundzuständige Betreiber zu verlieren und die Zukunft ihrer anderen Marktrollen zu gefährden. Zu den wichtigsten Aufgaben zu Beginn zählt, einen umfassenden Rollout-Plan mit klaren Meilensteinen und Deadlines zu erstellen, alle erforderlichen personellen und technischen Fähigkeiten zu entwickeln, diese mit Ressourcen zu untermauern, die Finanzierung zu klären sowie zertifizierte Messeinrichtungen und -systeme zu beschaffen.
Wenn der Rollout geschafft ist: Welche technischen Innovationen und Mehrwerte sind im Smart-Meter-Bereich in den kommenden Jahren zu erwarten?
Die zukünftigen Innovationen werden auf der entstehenden Datenbasis aufsetzen. Durch die wachsende Verbreitung von IoT wird bei den Verbrauchern das Zusammenspiel zwischen Zähler und etwa Smart-Home-Geräten verbessert. Auf Seiten der Messstellen- und Netzbetreiber wiederum kann künstliche Intelligenz künftig dabei helfen, das Verbraucherverhalten vorherzusagen, das Lastmanagement zu optimieren und Energie zu sparen. Ein Blick in die Märkte der europäischen Länder, die beim Rollout bereits weiter fortgeschritten sind, lohnt sich hierbei. (pq)