09.10.2024 – Die Digitalisierung der Verteilnetze wirft zunehmend auch Fragen zur IT-Strategie auf. PSInsight will mit seiner Lösung GridCal und den Partnern in der GridCal Alliance die Autonomie der Netzbetreiber stärken.
Die Energie-, Mobilitäts- und Wärmewende sind bundesweit in der Niederspannung angekommen und fordern ein systematisches Monitoring des Netzzustands und der Betriebsmittel. Die Transparenz in den unteren Spannungsebenen zu erhöhen, gebietet sich auch mit Blick auf die neuen Regelungen zu §14a EnWG und §9 EEG – als Grundlage für gezielte Netzverstärkungen und nötigenfalls steuernde Eingriffe.
Kontrolle zurückgewinnen
„Bei der Suche nach geeigneten Lösungen für das Netzmonitoring, die Netzberechnungen, Datenvisualisierung und -analyse stellen derzeit viele Netzbetreiber fest, dass sie die eigenen IT-Ressourcen vernachlässigt haben“, weiß Dr. Philipp Huppertz, Gründer und Geschäftsführer der PSInsight GmbH, aus vielen Kundengesprächen. „Zu viele Prozesse wurden ausgelagert, kritische Daten liegen in der Cloud unterschiedlicher IT-Dienstleister oder Hardware-Lieferanten. Das ist nicht nur teuer und ineffizient, sondern schränkt zudem den Handlungsspielraum des Netzbetreibers in seinem originären Kompetenzfeld ein“, führt er aus. Mehr und mehr Verteilnetzbetreiber strebten daher an, die notwendigen IT-Lösungen wieder zurück ins eigene Unternehmen zu holen. Das Problem: „Eigene Kapazitäten wurden abgebaut, die IT-Abteilungen sind chronisch überlastet“, so Huppertz. Eine Digitalisierung der Netze in Eigenverantwortung erfordert daher Konzepte, mit denen die fachlichen Anforderungen erfüllt werden können, ohne die knappen Ressourcen beim Netzbtereiber zusätzlich zu belasten.
GridCal
Ein solches Konzept liegt der hybriden Systemlösung GridCal zugrunde, die PSInsight vor einigen Jahren gemeinsam mit den Stadtwerken Krefeld entwickelt hat. GridCal befindet sich bei Kunden im gesamten Bundesgebiet und Österreich im Einsatz – oft sind es Netzbetreiber, die sich ausreichend Zeit für den Aufbau oder die Rückkehr zu einer autonomen Monitoringlösung wünschen. Huppertz: „GridCal ermöglicht es, die Digitalisierung der Verteilnetze Schritt für Schritt effizient und kostenschonend durchzuführen und gleichzeitig die Hoheit über Daten und Prozesse zu behalten.“ Die Lösung ist ganz bewusst so ausgelegt, dass die Datenhaltung und -verarbeitung die IT-Abteilungen des Netzbetreibers praktisch nicht belastet. Der spart so nebenbei auch erhebliche Kosten, vermeidet Abhängigkeiten von der IT-Infrastruktur Dritter und behält den Schutz der eigenen Netzdaten in der Hand.
Dezentral starten
In den Stationen kommen die GridCal-Nodes zum Einsatz – kompakte, schnell montierbare Edge Computing-Einheiten aus Standardkomponenten der Industrieautomatisierung und bewährten Technologien der GridCal Alliance-Partner. Die Nodes erfassen dezentral hochauflösende Zustandsdaten, werten sie aus und halten sie für den Abruf per Web-Service oder die Visualisierung aus der Ferne bereit. Integrierte Netzsimulationsrechnungen ermöglichen es, Station und Netz noch auf der Feldebene genau im Blick zu behalten. Eine Steuerung angeschlossener Anlagen kann nötigenfalls direkt umgesetzt werden. Die in Stationen verwendete Technik deckt auch die Mittelspannung mit ab und erfüllt die Anforderungen an eine klassische Fernwirktechnik.
PSInsight bietet modulare Hardwarekomponenten für verschiedenste Stationstypen. Mit der Digitalleiste kann auf engstem Raum gearbeitet werden, hier ist lediglich ein Reserveplatz auf dem Niederspannungsgerüst notwendig. „Netzbetreiber können also schon mit einer einzigen Station in die Digitalisierung ihrer Betriebsmittel einsteigen“, so Huppertz. Neben dem umfassenden Niederspannungsnetzmonitoring – beispielsweise zur Erfüllung der Anforderungen von §14a EnWG – profitieren sie dabei von vielfältigen Netzdatenservices, darunter die automatische Netzanschlussprüfung nach VDE-AR-N 4105. Auch bei anderen personalintensiven Aufgaben kann das Krefelder Unternehmen unterstützen: „Der Netzservice wird durch uns auf der Seite der IT adressiert und durch Partnerunternehmen, die bei Montage und Inbetriebnahme der Technik deutschlandweit im Einsatz sind“, führt der PSInsight-Geschäftsführer aus.
Intelligent verbinden
Wenn mehrere Stationen digitalisiert sind und das Netz im Überblick betrachtet werden soll, können essenzielle Informationen der Feldebene im GridCal Operator weiter zusammengeführt werden. Die zentrale Lösung ruft über eine abgesicherte Verbindung automatisiert Daten aus den Stationen ab. „Und zwar nur diejenigen, die für die konkrete Aufgabenstellung benötigt werden und nur dann, wenn es überhaupt notwendig ist“, ergänzt Philipp Huppertz. Auch Zeitreihen aus anderen Quellen, wie beispielsweise intelligenten Messsystemen, können integriert werden. Anhand dieser Informationen führt der Operator eine mehrstufige räumliche und zeitliche Analyse des aktuellen Netzzustands durch und liefert einen vollständigen digitalen Zwilling des Netzes. Gleichzeitig orchestriert der GridCal Operator die Nodes, stellt Funktionen für das Asset- und Störfall-Management bereit und ermöglicht die Steuerung der Stationen aus der Ferne.
Der Operator wird jetzt auch von PSInsight als gehostete Variante auf Servern in einem deutschen Rechenzentrum angeboten: „Das verschafft dem Kunden mehr Zeit, um einige essenzielle Dinge bei Bedarf parallel anzugehen, ohne seine Souveränität in der Zukunft zu gefährden“, erklärt Philipp Huppertz. Als Basis aller Applikationen dient Linux, wodurch eine Abhängigkeit von Microsoft vermieden und maximale Kompatibilität sichergestellt wird. Der Zugriff kann über unterschiedliche Sicherheitsebenen eingerichtet werden. Später kann die Struktur von PSInsight an den Kunden migriert oder als dauerhafte Lösung beibehalten werden.
Aktuelle Erweiterungen
Um das Gesamtsystem noch leistungsfähiger zu gestalten, hat PSInsight sein Produktportfolio jetzt deutlich erweitert. So bieten die neu eingeführten GridCal Gateways „GCX100“ und „GCX101“ eine robuste, leistungsstarke und zugleich kompakte wie preiswerte Hardwareplattform made in Germany aus Sensorik, digitalen Ein- und Ausgängen, Rechenleistung und Kommunikationseinheit. Mit dem neuen GridCal Netzanalysator steht noch mehr Funktionalität und Leistung für umfangreiche Power-Quality-Analysen zur Verfügung.
Autonomie und Sicherheit
„Wir wollen die Netzbetreiber in die Lage versetzen, die Digitalisierung selbst in die Hand zu nehmen und die notwendigen IT- Systeme eigenständig zu betreiben“, fasst Huppertz zusammen. Das sei gelungen: „Die Technologieoffenheit der GridCal-Lösungen bei Hard- und Software sorgt dafür, dass Netzbetreibern ein umfangreich modulares System mit hoher Kompatibilität und mehr als zehn Jahren Erfahrung in der Digitalisierung der Niederspannung zur Verfügung steht.“ Indem GridCal über alle Produkte und Services hinweg Datenhoheit garantiert, werden überdies schon heute die Grundanforderungen der NIS2-Richtlinie zur Cybersecurity erfüllt. Weitere Sicherheitslösungen mit Blick auf NIS2 sind bereits in der Testphase. (pq)