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Erneuerbare: Gerechtere Verteilung von Netzkosten

01.12.2023 – Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung zu entlasten und alle Stromverbraucher fairer an den Kosten zu beteiligen.

Viele Stromverteilernetze werden für die Aufnahme und den Weitertransport des regional erzeugten erneuerbaren Stroms ausgebaut und digitalisiert. Dies verursacht zusätzliche Kosten. Die Kosten treten bundesweit in unterschiedlichem Maße auf. Grund dafür ist, dass Windenergie vorwiegend im Norden und großflächige Freiflächen-Photovoltaik in überwiegend ländlichen Regionen entstehen. Um die Regionen mit viel Erneuerbaren Energien zukünftig spürbar zu entlasten, hat die Bundesnetzagentur ein Eckpunktepapier zur Verteilung der Mehrkosten veröffentlicht, die in Stromnetzen mit besonders viel erneuerbarer Stromerzeugung entstehen.

„Wir wollen faire Netzentgelte für die Menschen und Unternehmen, die in Regionen mit einem starken Ausbau der Erneuerbaren leben beziehungsweise wirtschaften“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. „Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und Investitionen in die Netze kommen allen zugute. Wir wollen eine gerechtere Verteilung der Kosten erreichen.“ Es bestünde große Einigkeit über den Handlungsbedarf bei den Netzentgelten, denn in Regionen, die deutlich mehr erneuerbaren Strom erzeugen als sie verbrauchen, entstünden für den Umbau der Netze erhebliche Kosten. „Gleichzeitig versorgt der Strom nicht nur die Region, sondern ganz Deutschland. Die Netzentgelte in diesen Regionen sollen sinken. Dies führt auf der anderen Seite überschaubaren zusätzlichen Kosten für alle Stromverbraucher in Deutschland. Wir wollen unseren Vorschlag nun mit der Politik, den Ländern, der Branche und zivilgesellschaftlichen Akteuren diskutieren.“

Bruttoentlastung der einzelnen Bundesländer. Quelle: Bundesnetzagentur

Gestuftes Model für die Entlastung der Netzbetreiber

Die Bundesnetzagentur schlägt für die Entlastung der Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der Erneuerbaren ein gestuftes Modell vor. Der erste Schritt ist die Ermittlung, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren betroffen ist. Hierzu schlägt die Bundesnetzagentur eine Kennzahl vor, deren Grundlage die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung bildet. Wenn diese Kennzahl eines Netzbetreibers einen festzulegenden Schwellenwert überschreitet, kann die in einem zweiten Schritt ermittelte Mehrbelastung bundesweit verteilt werden. In den betroffenen Regionen sinken die Netzentgelte.

Aktuell wären 17 Netzbetreiber in Zuständigkeit der Bundesnetzagentur berechtigt, ihre Mehrkosten auf alle Stromverbraucher zu wälzen. Die begünstigten Netzbetreiber versorgen rund 10,5 Mio. Netznutzer. Bei ihnen würden die Netzentgelte um bis zu 25 Prozent sinken, so die Bundesnetzagentur. Sie lägen damit meist unter und nur zum Teil noch leicht über dem Bundesdurchschnitt. Ein durchschnittlicher Haushalt (3.500 kWh/a) in den begünstigten Netzgebieten spare dadurch bis zu 120 Euro im Jahr.

Die Entlastung beträgt bezogen auf 2023 rund 608 Mio. Euro. Entlastet werden vor allem Netzbetreiber in Brandenburg (217 Mio. Euro), Schleswig-Holstein (184 Mio. Euro) und Sachsen-Anhalt (88 Mio. Euro). Auch in Mecklenburg-Vorpommern (44 Mio. Euro), Bayern (40 Mio. Euro), und Niedersachsen (26 Mio. Euro) kommt es zu spürbaren Entlastungen. Geringere Entlastungen ergeben sich auch für einzelne Netzbetreiber in Baden-Württemberg, Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz. In den übrigen Bundesländern ergibt sich derzeit kein Wälzungsbetrag.

Die begünstigten Netzbetreiber erhalten in einem dritten Schritt einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Alle Stromverbraucher in Deutschland finanzieren die Kosten solidarisch, indem diese bundesweit gleichmäßig verteilt werden.

Konkret beabsichtigt die Bundesnetzagentur, den Mechanismus der Umlage nach § 19 StromNEV zu nutzen. Die Umlage ist ein etablierter Mechanismus zum Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern. Die § 19-Umlage ist Bestandteil des Strompreises. Sie dient dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die entstehen, weil bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen.

Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber. Die § 19-Umlage würde von 0,4 ct/kWh (für 2024) auf 0,64 ct/kWh steigen. Dies bedeutet für einen durchschnittlichen Haushalt (3.500 kWh/a) zusätzliche Kosten von 8,40 Euro pro Jahr.

Hintergrund

Alle Netzkosten werden über die Netzentgelte durch die Stromkunden refinanziert. Hierbei tragen die Kunden in den Netzregionen, die jetzt entlastet werden sollen, derzeit alle Kosten für die Integration der erneuerbaren Stromerzeugung. Damit verteilen sich die Kosten aktuell nicht gleichmäßig auf alle Netznutzer. In weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands sind die Netzentgelte – als Bestandteil der Stromkosten – merklich höher als in anderen Regionen Deutschlands. In einigen Netzgebieten betragen die Netzentgelte bis zu rund 15 ct/kWh, während es Regionen gibt, in denen diese unter 5 ct/kWh betragen. Auch innerhalb einiger Bundesländer wie zum Beispiel Bayerns und Baden-Württembergs unterscheiden sich die Netzentgelte deutlich.

Diese Entwicklung habe über die Jahre eine nicht weiter hinnehmbare Dimension angenommen, betont die Bundesnetzagentur. Sie würde sich mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren verschärfen. Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts im November 2023 ist es der Bundesnetzagentur übertragen, derartige Entscheidungen zu den Netzkosten zu treffen.

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, im dritten Quartal 2024 eine Festlegung zur sachgerechten Verteilung der Mehrkosten zu erlassen. Sie tritt frühestens zum 1. Januar 2025 in Kraft.

Das Eckpunktepapier ist unter www.bundesnetzagentur.de/verteilung-netzkosten veröffentlicht. Die Bundesnetzagentur nimmt Stellungnahmen hierzu bis zum 31. Januar 2024 entgegen. Nach der Auswertung wird sie ihren Festlegungsentwurf erneut konsultieren. (bs)

www.bundesnetzagentur.de