31.05.2022 – Aufgrund der zunehmend dezentralen Einspeisung in die Verteilnetze wird die Zusammenarbeit für Netzbetreiber über die verschiedenen Spannungsebenen hinweg komplexer werden. Der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und der Verteilnetzbetreiber Netze BW haben darum mit einer gemeinsamen Zielnetzplanung für Baden-Württemberg begonnen. Beteiligt sind auch weitere Verteilnetzbetreiber, die direkt ans Übertragungsnetz in Baden-Württemberg angeschlossen sind.
Während bei der bisherigen Planung nach Spannungsebene getrennt jeweils ein Netzentwicklungsplan für das Übertragungsnetz und ein Netzausbauplan für das Verteilnetz ausgearbeitet wurden, wird nun ein gemeinsames Zielnetz entwickelt. Dabei werden auch kritische Szenarien im über- oder untergeordneten Netz betrachtet, die laut den beiden Netzbetreibern zuvor bei einer getrennten Analyse nicht in die Planung aufgenommen werden konnten.
Kritische Netzsituationen beherrschbar machen
In der gemeinsamen Zielnetzplanung haben TransnetBW und Netze BW zunächst auf Basis der Szenarien und Daten des Netzentwicklungsplans ihren Ausbaubedarf ermittelt. Danach haben die Netzplanerinnen und -planer in beiden Unternehmen ihre Datensätze zusammengeführt und rechnerisch ermittelte Netzüberlastungssituationen analysiert, die im Übertragungsnetz auftauchen und auf das Verteilnetz wirken. Im nächsten Schritt wurden Gegenmaßnahmen im Verteil- und Übertragungsnetz entwickelt, um diese kritischen Netzsituationen zu beherrschen. Die daraus resultierenden Leitungs- und Punktmaßnahmen sollen den Systembetrieb in Baden-Württemberg sicherer machen. Dabei seien alle Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit, Realisierbarkeit und den Investitionsbedarf überprüft worden.
Neuland für Netzbetreiber
Mit der Betrachtung der ökonomischen Dimension betreten die beiden Unternehmen Neuland. „Wir freuen uns, dass die Planungen über die Spannungsebenen hinweg abgestimmt und volkswirtschaftlich optimale Netzausbaumaßnahmen gefunden wurden. Der Netzausbauplan und der Netzentwicklungsplan greifen so ineinander. Das ist neu und beispielhaft,” erklärt Michael Jesberger, Technischer Geschäftsführer von TransnetBW.
Konkretes Vorgehen bei der gemeinsamen Zielnetzplanung
Seit Mitte 2021 haben TransnetBW und Netze BW ein Maßnahmenpaket zusammengestellt. Darin enthalten sind den beiden Netzbetreibern zufolge unter anderem punktuelle Baumaßnahmen in den Umspannwerken Trossingen und Niederstotzingen sowie Änderungen von Netzverschaltungen im Raum Ostalb. Diese Maßnahmen vermeiden Netzüberlastungen und Transitflüsse durch das 110 kV-Netz, die bei einem Ausfall von bestehenden Stromkreisen im 380-Kilovolt Netz entstehen. Zudem könne so der nötigte Leistungsfluss zwischen Übertragungs- und Verteilnetz bereitgestellt werden.
Mit dem gemeinsamen Planungsansatz haben TransnetBW und Netze BW nach eigenen Angaben die Grundlage geschaffen, um die Auswirkungen des Szenariorahmen-Entwurfs für den Netzentwicklungsplan Version 2023 auf den Netzausbau umfassend und netzübergreifend analysieren zu können. Der aktuelle Szenariorahmen-Entwurf wurde im Januar dieses Jahres veröffentlicht. Er enthält zum ersten Mal ein Szenario, dem das Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2045 zugrunde liegt und das somit ein mögliches Zielszenario des deutschen Energiesystems postuliert. (ds)