16.07.2024 – Rund um den Windpark Gaishecke in Hessen gibt es einen neuen Fan Club. Doch verbindet die Mitglieder kein Fußball oder anderer Sport und auch keine:n Sänger:in oder Band – sondern Windenergie.
Zehn Anlagen umfasst der Windpark im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Knapp 150 Meter ragen sie in die Höhe und können mit einer Leistung von 34,5 MW rund 30.000 Haushalte versorgen. Während es die ein oder andere Person ums Eck stören mag, freuen sich viele Anwohner:innen über die Windräder, denn als Teil von Octopus‘ neuem Fan Club profitieren sie unmittelbar von der Einspeisung. Entwickelt und erprobt hat der unabhängige Stromanabieter das Konzept an seinem englischen Heimatmarkt, wo das Wort „Fan“ übrigens nicht nur Anhänger:innen oder Unterstützer:innen beschreibt, sondern auch die Rotoren eines Windrads.
Der lokale Windradtarif soll es den Menschen, die in einem Umkreis von etwa 15 Kilometern um den Windpark wohnen, ermöglichen, dann günstig Strom zu beziehen, wenn die Anlage vor Ort viel produziert. Entscheidend für die Vergünstigung ist die Windgeschwindigkeit und wie schnell sich das Rad dreht: Bei sieben Metern pro Sekunde, also mäßigem Wind, gibt es 20 Prozent Rabatt, bei 14 Metern pro Sekunde sogar 50 Prozent.
Gemessen und abgerechnet werden Strom und Windgeschwindigkeit alle 15 Minuten. Möglich machen das Smart Meter. In Haushalten ohne ein intelligentes Messsystem installiert Octopus Energy es kostenlos. Außerdem gibt es für jeden Fan Club ein Online-Dashboard, auf dem die Kund:innen ihre lokale Windgeschwindigkeit jederzeit live verfolgen können.
Zweiter seiner Art in Deutschland
Dass das Konzept funktionieren kann, zeigt der erste Fan Club in Brandenburg. Dort zählte Octopus allein seit Einführung des Tarifs 308 windstarke Tage. Zum ersten Geburtstag des lokalen Tarifs erweitert der britische Versorger deshalb das Einzugsgebiet um 13 weitere Postleitzahlen, damit noch mehr Menschen Fan werden und damit vom Windsparen profitieren können.
Akzeptanz steigern
Ziel der Fan Clubs ist es aber nicht nur, die Nutzer:innen zu motivieren, ihren Stromverbrauch in Zeiten zu verschieben, in denen besonders viel grüner, ungenutzter Strom im Netz ist, und dadurch das Netz zu entlasten. Der Energieversorger erhofft sich durch die Beteiligung auch eine allgemein höhere Akzeptanz für Windenergie. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage von Octopus zeigte zuletzt ein großes Interesse an lokaler Windenergie, wie Bastian Gierull, Geschäftsführer von Octopus Energy Germany, erklärt: „Unsere Zahlen zeigen, dass die Akzeptanz für Windkraft signifikant steigt, wenn Anwohner:innen aktiv an der Ersparnis beteiligt werden.“ So befürworte die Hälfte der Befragten den generellen Bau einer Windkraftanlage innerhalb eines Radius von drei Kilometern um ihren Wohnort. Bei einer deutlichen Senkung der Stromkosten stieg der Anteil auf fast 70 Prozent. „An den deutschen Bürger:innen wird der Windkraftausbau also nicht scheitern. Aber wir dürfen sie nicht außen vor lassen oder gar als Hindernis betrachten“, sagt Gierull. Möglichkeiten, die Anwohner:innen fair einzubinden, gäbe es genug, so der Chef von Octopus Germany. „Wer aus dem Fenster schaut und ein Windrad sieht, sollte auch finanziell davon profitieren.“ (pms)