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Strom mit Mehrwert

16.07.2024 – Sinkende Margen, veränderte Kundenerwartungen und steigender Wettbewerbsdruck neuer Energiedienstleister fordern die Vertriebe, nach neuen Wegen zu suchen. Es gibt viele erfolgversprechende Ansatzpunkte.

Foto: Aon Khanisorn / shutterstock.com

Strom zu verkaufen, ist im Prinzip ein großartiges Geschäftsmodell: Das Produkt per se ist zwar nicht so spannend, aber jede:r braucht es. Wer Strom beschaffen und liefern kann, hat da eigentlich schon gewonnen. Über viele Jahrzehnte klappte das reibungslos. Stromlieferant für Privathaushalte und Gewerbe war in aller Regel der örtliche Versorger. Die Preise waren moderat und die Kund:innen zufrieden, wenn das Licht brannte und die Maschinen liefen.

Irgendwann gab es echten Wettbewerb – und dann auch Vergleichsportale, wo man durch einen Anbieterwechsel in wenigen einfachen Schritten wirklich sparen kann. Zumindest mit dem Neukundenbonus im ersten Jahr und solange das Beschaffungsmodell des Anbieters aufgeht. Strom bekam einen Preis und die Kund:innen ein Kostenbewusstsein. Mit flexiblen, am Börsenpreis orientierten Tarifen, effizienter Energienutzung und Eigenversorgung gibt es heute immer mehr Möglichkeiten, seine Energiekosten zu senken – und gleichzeitig noch etwas für‘s Klima zu tun. Verbraucher:innen jeder Größenordnung nutzen sie gern. Für den Versorger sinken damit die Margen, während die Beschaffung auch nach der Energiepreiskrise herausfordernd bleibt. Tatsächlich glauben nur noch 43 Prozent der Stadtwerke, dass sie 2030 allein aus dem Commodity-Geschäft ihre Existenz sichern können.

Attraktive, individuelle Produkte

Ob das zutrifft, wird sich zeigen. Sicher ist: Die Kund:innen erwarten heute mehr als Strom aus der Steckdose. Das haben viele Versorger erkannt und investieren in ihre Strommarke – ein guter Ansatz, denn ökologische und auch regionale Aspekte werten heute auch dieses Produkt auf. Damit Kund:innen auch bei ihrem Energieversorger ein individuell passendes Produkt finden, hat die Branche begonnen, Stromprodukte/-tarife zu differenzieren. Flexible Tarife sind vor diesem Hintergrund eine enorme Chance für das Commodity-Geschäft. Mit der zunehmenden Verbreitung von Solaranlagen, Speichern, Energiemanagementsystemen, Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen eröffnen sich weitere. Ein schneller Smart Meter-Rollout liegt somit auch und insbesondere im Interesse der grundzuständigen Messstellenbetreiber.

Präsenter Anbieter

Darüber hinaus lehren Theorie und Erfahrung im Marketing, dass Menschen gerne auch etwas höhere Preise akzeptieren, wenn sie den Anbieter positiv wahrnehmen. Hier haben gerade die Stadtwerke eine gute Ausgangsposition, denn sie sind oft seit vielen Jahrzehnten in der Region verwurzelt und sichtbar: Sie sind Arbeitgeber, Sponsor des örtlichen Sportvereins, schicken ihre Monteure bei Störungen und auf den Ladesäulen am Ort prangt immer öfter ihr Logo. Sie sind auf Plakaten, in der örtlichen Tageszeitung, im Radio und auf Social Media präsent. Das ist gut, denn Bekanntheit und ein gutes Image in der Region helfen nachweislich, Kund:innen zu binden und zu gewinnen. Hier lässt sich mit überschaubarem Budget viel erreichen.

Positives Kundenerlebnis

Doch ein guter Ruf ist schnell verspielt, wenn Kund:innen im Kontakt schlechte Erfahrungen machen. Einfache digitale Zugänge, die aktiv bei der Lösung des jeweiligen Anliegens unterstützen, und gut erreichbare Mitarbeiter:innen im Service, die die komplette Kommunikation und alle Unterlagen sofort zur Hand haben, sollten heute eine Selbstverständlichkeit sein. Moderne Vertriebs- und CRM- und Kommunikationslösungen ermöglichen das, ohne die zumeist knappen Ressourcen im Unternehmen zu belasten. Im Gegenteil: Der Chatbot auf der Website oder in der Hotline kann heute sogar dafür sorgen, dass die Kundendaten auf dem aktuellen Stand sind und die Zählerstände automatisch korrekt im Abrechnungssystem hinterlegt werden.

Hier holt die Branche auf, die Standardprozesse sind praktisch überall deutlich einfacher, transparenter und kundenfreundlicher geworden. Auf außergewöhnliche Situationen wie die Energiepreiskrise sind viele Versorger noch nicht gut vorbereitet – vielleicht auch, weil noch zu viel im eigenen Haus erledigt wird.

Proaktives Marketing und Vertrieb

Auch gute Datengrundlagen und geeignete Analysetools sind noch nicht überall anzutreffen. Dabei eröffnen auch diese sehr fruchtbare Ansätze für die Kundenbindung – vom persönlichen Geburtstagsgruß bis hin zur Energiespar-Challenge – und für zielgruppenspezifische Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Dank KI werden Lösungen zur Datenpflege und -auswertung noch erheblich besser und günstiger werden. Hier lohnt es sich auch für kleine und mittlere Versorger, den Markt und das Angebot im Blick zu behalten.

Energiedienstleistungen

Wenn Versorger sich auf das skizzierte Spielfeld wagen, geht auch im Commodity-Geschäft noch einiges. Darüber hinaus ist die Branche gut aufgestellt, um auch neue energienahe Geschäftsfelder zu erschließen. Die Themen, die die Menschen bewegen, sind bekannt: günstige Versorgung aus erneuerbaren Energien – wenn möglich aus eigenen Anlagen, effiziente Energienutzung auf Basis transparenter Verbräuche und automatisierter Prozesse, klimafreundliche Wärme und Mobilität.

Betrachtet man die einzelnen Kundensegmente – Privathaushalte, Kommunen, Immobilienwirtschaft, Gewerbe – ergibt sich ein immenses Spektrum von Produkten und Dienstleistungen, die sich erfolgreich platzieren lassen. Die Marktzugänge sind natürlicherweise vorhanden, denn der lokale Versorger ist erster Ansprechpartner für interessierte Kund:innen und genießt ihr Vertrauen. Manches Angebot ist einfacher, manches komplexer in der Umsetzung, nicht alles lohnt sich im Einzelfall und sicher muss nicht jeder Versorger alles machen. Fast alle Versorger sind hier aktiv geworden und viele haben in kurzer Zeit Erstaunliches auf die Beine gestellt. Erfolgskritisch für die neuen Energiedienstleistungen sind ein gutes Konzept auf Grundlage belastbarer Kundenbefragungen und gute Partner, die das übernehmen, was ein Stadtwerk nicht selber leisten kann. Die gibt es tatsächlich für jede erdenkliche Dienstleistung und alle erforderlichen Prozesse. (pq)