17.09.2024 – Neue rechtliche Regelungen und ein breites Technologieangebot machen es Stromkund:innen heute leicht, Energie günstig und klimafreundlich zu nutzen – theoretisch. Das Kölner Start-up SpotmyEnergy will die zentralen Hürden beseitigen.
Wer bislang Stromkosten sparen und etwas Gutes für das Klima tun wollte, hatte nur begrenzte Möglichkeiten: Den Stromanbieter wechseln, mit Hausmitteln Energie sparen und vielleicht noch eine eigene Solaranlage installieren.
All das funktioniert heute immer noch, doch die technologische Entwicklung und ein neuer gesetzlicher Rahmen haben das Handlungsspektrum erheblich erweitert: PV-Anlagen sind heute eine bezahlbare Standardtechnologie und können problemlos um intelligente Speicher ergänzt werden, die den kostenlosen Solarstrom jederzeit verfügbar machen. Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen verbessern die individuelle CO2-Bilanz und sichern als regelbare Verbraucher nach §14a EnWG ein reduziertes Netzentgelt. Ihre Flexibilität ist ein zunehmend nachgefragtes Gut an den Strom- und Regelenergiemärkten. Wer zudem bereit ist, seinen Stromverbrauch an die Verfügbarkeit von regenerativ erzeugtem Strom anzupassen, kann von dynamischen Stromtarifen profitieren, die sich an den aktuellen Börsenpreisen orientieren. Intelligente Energiemanagementsysteme orchestrieren schließlich alle Komponenten des individuellen Energiesystems, so dass Stromkund:innen heutzutage automatisch und ohne Komfortverlust ihre Stromkosten reduzieren und die Energiewende voranbringen könnten.
Soweit das Modell, das nicht nur bei gut informierten, zahlungskräftigen Kund:innen sehr gut ankommt, wie Jochen Schwill, Gründer und Geschäftsführer des jungen Unternehmens SpotmyEnergy GmbH, zu berichten weiß: „Die spezialisierten Elektrofachbetriebe haben volle Auftragsbücher, PV und Speicher boomen und selbst bei Wallboxen oder Wärmepumpen, die ja noch am Anfang stehen, ist die Nachfrage gut.“
Hürden beseitigen
Doch mit den Anlagen allein ist de facto noch nicht viel gewonnen, denn vor den Mehrwert hat der Gesetzgeber das intelligente Messsystem gestellt. Erst wenn es angeschlossen ist, kann die PV-Anlage einspeisen und das reduzierte Netzentgelt für Wärmepumpe und Wallbox in Anspruch genommen werden. Dynamische Stromtarife lassen sich nur auf Grundlage hochauflösender Verbrauchsdaten nutzen und auch ein intelligentes Energiemanagementsystem, das Einspeisung, Verbrauch und Strombezug optimiert, benötigt diese Daten. „In der Praxis kann es allerdings Monate dauern, bis der grundzuständige Messstellenbetreiber das Gerät liefern und in Betrieb nehmen kann“, berichtet Jochen Schwill. Währenddessen verschwenden die Kund:innen bares Geld und lassen oftmals frustriert von ihrem persönlichen „Energiewende-Projekt“ ab. Genau dieses Problem will er mit seinem neu gegründeten Unternehmen lösen.
Smart Meter
SpotmyEnergy GmbH agiert dazu als wettbewerblicher Messstellenbetreiber und kann in dieser Rolle zertifizierte Smart Meter Gateways beschaffen und betreiben. Kooperierende Installationsfirmen erhalten die Geräte und können sie im Rahmen laufender PV-, Wärmepumpen- oder Wallbox-Projekte bei den Kund:innen anschließen. SpotmyEnergy unterstützt zusätzlich mit energiewirtschaftlichem Know-how, damit beispielsweise der Wechsel des Messstellenbetreibers oder die Reduzierung der Netzentgelte nach §14a zügig umgesetzt werden. „Sobald die entsprechenden Lösungen zertifiziert sind, werden unsere Gateways natürlich auch für die Steuerung über CLS ausgestattet sein“, ergänzt Jochen Schwill. „Im Durchschnitt beschleunigen wir die Projekte von mehreren Monaten auf wenige Wochen. Der Installateur kann den Auftrag abschließen, der Kunde in die neue Energiewelt starten.“
Home Energy Management
Der zweite Baustein im Angebotsportfolio des Kölner Unternehmens ist ein Energiemanagement-System, mit dem Kund:innen mit eigenen Erzeugungs- respektive Speicheranlagen ihren Eigenverbrauch optimieren können. „Das System überwacht und steuert – herstellerunabhängig – alle Anlagen hinter dem Zähler und sorgt dafür, dass große Verbraucher wie Elektrofahrzeug oder Wärmepumpe nach Möglichkeit den kostenlosen, selbst erzeugten Strom nutzen“, erklärt Jochen Schwill. Alle Vorgänge sind für die Nutzer:innen über die App sichtbar und bei Bedarf auch konfigurierbar.
Ebenso ermöglicht das System den Handel von überschüssiger PV-Erzeugung auf kurzfristigen Märkten, wenn die Preise auf den Spotmärkten höher sind als die feste Einspeisevergütung des PV-Betreibers. Diese Funktionalität lässt ahnen, dass SpotmyEnergy seine Leistungen nicht nur auf den Messstellenbetrieb und die Softwarelösung beschränkt.
Flexible Tarife
Das bestätigt der Geschäftsführer: „Spätestens wenn die Eigenverbrauchsoptimierung ausgereizt ist, fragen sich die Prosumer:innen natürlich, woher sie den Reststrom möglichst günstig beziehen können. Für mich gehört ein flexibler Stromtarif daher zwingend zu einem Komplettangebot.“
Solche Tarife müssen alle Versorger ab 2025 anbieten. Damit sollen Anreize geschaffen werden, Strom bevorzugt dann zu verbrauchen, wenn Wind- und Solaranlagen reichlich einspeisen und die Börsenpreise dementsprechend niedrig sind. Profitabel sind solche Tarife insbesondere dann, wenn größere, steuerbare Verbraucher oder Speicher vorhanden sind, die dann in günstigen Zeitfenstern geladen werden. Voraussetzung für die Abrechnung solcher Tarife ist allerdings ebenfalls ein intelligentes Messsystem, das mindestens viertelstündliche Verbrauchswerte liefert. Das Problem: Bei Privatkund:innen mit einen Jahresverbrauch von unter 6.000 kWh/Jahr sind aktuell praktisch noch keine intelligenten Messsysteme verbaut und nach den aktuellen Rolloutplanungen der grundzuständigen Messstellenbetreiber wird das noch dauern.
Aus diesem Grund hat SpotmyEnergy auch die Marktrolle des Stromlieferanten ausgeprägt und bietet aktuell zwei Tarife an, die beide auf den Spotmarktpreisen basieren. Der SpotDynamic ist ein echter dynamischer Tarif, der sich ausschließlich an den Börsenpreisen orientiert – allerdings mit einer Obergrenze von 35 Cent/ kWh. „Der Smart Meter liefert dabei kontinuierlich Daten über den Verbrauch und die aktuellen Preise, während das HEMS die Steuerung übernimmt und den zugekauften Strom optimal verteilt“, erklärt Jochen Schwill. Dabei seien – je nach installierten Komponenten – jährliche Einsparungen bis zu 350 Euro pro Jahr möglich. Für sicherheitsbewusstere Kund:innen gibt es den SpotFix mit festen Arbeitspreis und bis zu 150 Euro Cashback pro Jahr.
Partnerschaften
Aktuell bietet SpotmyEnergy seine Lösungen ausschließlich über ein wachsendes Netzwerk spezialisierter Installationsbetriebe an, die dadurch in die Lage versetzt werden, die gesamte Wertschöpfungskette für Prosumer abzudecken. „Interessierte Endkund:innen stoßen solche Kooperation inzwischen immer häufiger bei ihrem Solar- oder Heizungsmonteur an“, freut sich Jochen Schwill. Aber sein Geschäftsmodell befinde sich noch in der Entwicklung, SpotmyEnergy sei für alles offen und tatsächlich gäbe es auch schon Kooperationen mit Energieversorgern. (pq)