22.07.2024 – Eine umfassende Transformation der Versorgungsbranche sieht Bettina Buchert, neue Leiterin Geschäftseinheit der Utility Services bei der EnBW – und möchte diese aktiv unterstützen. Wir sprachen mit ihr über ihre neue Aufgabe und ihre Vision.
Bettina Buchert, Leiterin Geschäftsbereich Utility Services der EnBW Energie Baden-Württemberg AG. (Foto: EnBW AG)
Mit der neuen Funktion kehre sie eigentlich zu ihren Wurzeln zurück, berichtet uns Bettina Buchert, deren Berufslaufbahn als Werkstudentin bei der EnBW begann. Man spürt im Gespräch, dass sie gut angekommen ist und sich in der neuen Funktion bereits zuhause fühlt.
Seit Anfang diesen Jahres leitet die Juristin den EnBW-Bereich Utility Services. Dieser bündelt die Dienstleistungen, welche die EnBW deutschen Energieunternehmen für unterschiedliche Prozesse anbietet – von Themen wie Einspeiser, Smart Metering über cloudbasierte Plattformen für die energiewirtschaftlichen Abwicklung bis hin zu Lösungen für Elektromobilität und Kundenkommunikation. „Diese Themen der Energiewirtschaft sind das Richtige für mich. Das wusste ich sehr bald und es ist bis heute so geblieben“, berichtet Bettina Buchert, die sich selbst unter anderem auch als zielstrebig bezeichnet. Ein Blick auf ihren beruflichen Werdegang lässt ahnen, dass das stimmt.
Mut zum Aufstieg
Nach Abschluss des Studiums startete sie als Assistentin des Vorstands in einem großen Stadtwerk. „Zum Start Anfang der 2000er Jahre habe ich mich tatsächlich noch vorrangig mit juristischen Themen beschäftigt – damals gingen alle Blicke nach Brüssel und auf die Entwicklung des EU-Energierechts“, erinnert sie sich. „Bei allen anderen Fragestellungen habe ich schnell gemerkt, dass ich noch eine Menge lernen muss, wenn ich mich weiterentwicklen will.“ Das geschah in einer großen Unternehmensberatung, in der sich Bettina Buchert mehr als fünf Jahre lang mit Innovations-, Vertriebs-, Digitalisierungs- und Markenstrategien für Versorger in Deutschland und Europa beschäftigte. Erfolgreich, wie es scheint, denn es folgten Leitungs- und Führungspositionen bei unterschiedlichen Energieunternehmen. „Man muss halt auch mal den Mut haben, ins kalte Wasser zu springen“, sagt Bettina Buchert.
Nun führt sie ein Team von 430 Mitarbeiter:innen und ist künftig dafür zuständig, die Lösungsplattformen der EnBW für Vertrieb und Netz rechtlich, technisch und funktional up to date zu halten und konzeptionell weiterzuentwickeln. „Das ist eine große Aufgabe. Aber letztlich steht doch die gesamte Energiebranche vor solchen Herausforderungen, und wir als EnBW können und wollen dazu beitragen, dass die Transformation gelingt“, sagt die neue Leiterin der EnBW Geschäftseinheit Utility Services und wirkt dabei angenehm unaufgeregt. Doch was genau braucht es ihrer Meinung nach?
Stärken nutzen
„Energievertrieb lebt davon, ein dauerhaftes Geschäftsmodell weiterzuentwickeln“, führt Bettina Buchert aus. Sie ist überzeugt, dass jedes auch noch so kleine Stadtwerk im Wettbewerb erfolgreich sein kann. „Versorger sind schon lange da und verfügen über ein Gut, das jeder haben möchte. Das ist unsere Stärke und hier müssen – und können – wir anknüpfen.“
Doch vieles, was das Handeln der Branche heute bestimmt – die Trennung von Lieferung und Netz, die Marktkommunikation, die Abrechnungsregulatorik oder der Smart Meter Rollout – sei für die Kund:innen nicht mehr transparent. „Und das muss es auch nicht sein“, so die Bereichsleiterin Bettina Buchert. „Wir müssen es für die Kund:innen – wieder – einfach machen.“ Das Kundenerlebnis sei heute nicht nur aufgrund der Regulatorik eine Summe komplexer Prozesse, die jedoch im Hintergrund ablaufen sollten. „Vordergründig brauchen die Kund:innen davon nichts mitzubekommen. Nur dann fühlen sich die Menschen buchstäblich gut versorgt.“ Das zahle sowohl auf die Marke als auch auf die Ergebnisse ein.
Konsequente Kundensicht
Ein Fokus von Bettina Buchert liegt auf den zukunftsfähigen Energieplattformen sowie passenden BPO-Dienstleistungen als tragende Säulen für eine erfolgreiche Energiewelt in Netz, MSB und Vertrieb. (Grafik: EnBW AG)
Sie hat es sich zur Angewohnheit gemacht, Geschäftsmodelle und Prozesse konsequent aus der Kundensicht zu denken: Was bedeutet Energie für mich? Welche Themen sind mir wichtig und welche eben auch nicht? Welche Informationen und Tools brauche ich? Wobei kann mich mein Versorger unterstützen? Hier ändert sich gerade viel, beobachtet Bettina Buchert: Immer mehr Kund:innen wollten ihre Versorgung aktiver gestalten, eigene Energie erzeugen, den Verbrauch steuern, Einfluss auf die Energiekosten und das Klima nehmen. „In meiner Freizeit bin ich manchmal schon ein bisschen amüsiert, wenn ich sehe, welche Bedeutung das bekommen hat“, erzählt sie. Da würde in der App nachgeschaut, wie viel die PV-Anlage schon erzeugt hat und was der Strom gerade an der Börse kostet. Andere diskutierten, wann und wie das Auto am besten geladen wird, oder ob sich ein Speicher lohnt. „Genau das sind unsere Zukunftsthemen für den Energievertrieb“, so Bettina Bucherts Fazit.
Mögliche neue Geschäftsmodelle und Energiedienstleistungen könnte man hier quasi mit den Händen greifen. „Das bedeutet natürlich nicht, dass jedes Unternehmen kritiklos alles anbieten und vor allem: alles selber machen muss“, ergänzt sie, denn am Ende des Tages sollte der Aufwand, den ein Versorger betreiben muss, um ein Angebot oder einen Service bereitzustellen, ja auch wieder erwirtschaftet werden. „Digitalisierung – oder ganz konkret Plattformen – und sogar das Nutzen von BPO-Dienstleistungen helfen bei diesen Aufgaben und halten die Kosten im Rahmen“, sagt die neue Bereichsleiterin – speziell, wenn diese bereits erfolgreich im Versorgungsgeschäft erprobt sind. „Da gibt es bei uns schon vieles und es kommt immer mehr“, berichtet Bettina Buchert und verweist auf einige aktuelle Projekte. „Wir schauen uns ganz genau an, wo zum Beispiel KI nützlich sein kann und woher die Daten dafür kommen und wir denken natürlich darüber nach, wie wir mit dem Thema SAP nach 2027 umgehen – für uns selbst und die gesamte Branche.“
Menschen für den Wandel
Wer jedoch als Versorger ein zukunftsfähiges Profil entwickeln wolle, müsse eine gesamthafte Vision haben und diese umsetzen – nicht nur in den Angeboten und an der Kundenschnittstelle, sondern in der gesamten Organisation. Es brauche eine offene, lebendige Kultur, in der sich jeder und jede entfalten kann und wo im Team Ideen entwickelt werden, ausprobiert und kritisch reflektiert werden können. „Mit der EnBW habe ich hier wirklich den besten Rahmen“, sagt Bettina Buchert. „Wir leben diese Kultur und alle profitieren davon.“ Vor diesem Hintergrund ist sie zuversichtlich, dass Karrieren wie ihre in absehbarer Zukunft auch für viel mehr Frauen selbstverständlicher werden. Ihr persönlicher Rat: Authentisch bleiben, sich von Erwartungen lösen und auch mal den Mut haben, etwas Unbekanntes zu wagen. In ihrem eigenen Team will sie genau dieses Denken fördern – und fordern. „Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, die Leute eigene Wege zum Ziel finden zu lassen.“ Man hat den Eindruck, dass sie selbst auf jeden Fall sehr sicher unterwegs ist. (pq)