Billiger Strom wäre aktuell definitiv ein stark nachgefragtes Produkt, als dauerhafte Geschäftsgrundlage eignet er sich definitiv nicht – das haben die reihenweisen Pleiten der sogenannten Discounter Ende 2021 wohl eingängig gezeigt. Sicher ist jedoch auch, dass preissensitive Kund:innen sich weiterhin nach neuen Anbietern umschauen. Intelligente Konzepte präsentieren hier Unternehmen wie Tibber, Stromdao oder Octopus Energy, die ihren Kunden heute schon flexible, börsenstrombasierte Preise anbieten. Hier lohnt es sich sicher auch für Stadtwerke, genauer hinzuschauen, um die flexiblen Tarife ab 2025 als Chance für das Commodity-Geschäft nutzen zu können. Wachstum ist in diesem Segment wohl kaum zu erwarten – zumal der Prosumer, der sich im Kleinen wie im Großen selbst mit Strom versorgt oder diesen direkt von einem Erzeuger bezieht, mittelfristig wohl eher die Regel als die Ausnahme sein wird. Zeit also, umzudenken und Kund:innen mit Angeboten zu binden und zu gewinnen, die diesen Weg unterstützen mit Lösungen zur Verbrauchsvisualisierung und -senkung, Produkte und Services rund um PV-Anlagen, Speicher, Energiemanagement oder Elektromobilität. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt und zahlreiche Softwaretools erleichtern heute die breite Umsetzung solcher Angebote. Auch bei Kommunen und Gewerbekunden ist die Nachfrage hoch. Dass (auch) diese Angebote schnell digital abrufbar sein sollten, versteht sich 2023 eigentlich von selbst. Die großen Versorger sind hier schon sehr weit, doch auch kleine und mittlere Werke haben verstanden, dass sich erfolgreiche Unternehmen einfach an den Bedürfnissen der Kund:innen orientieren. (pq)
IM GESPRÄCH MIT…
Dr. Christian Thewißen, EnBW Utility Services
Herr Thewißen, die Versorgungsbranche befindet sich derzeit in einer sehr schwierigen Situation. Welche konkreten Herausforderungen ergeben sich daraus?
Momentan ist das Tagesgeschäft ganz vorrangig von der Energiemarktkrise geprägt. Etwas Derartiges hat die Branche bislang noch nicht erlebt und – machen wir uns nichts vor – es geht um existenzielle Fragen. Viele Versorger müssen angesichts der großen Preisausschläge und drohenden Lieferengpässe ihre Beschaffung und ihre Kundenprozesse kurzfristig neu organisieren, um wirtschaftliche Schieflagen zu vermeiden. Und es verdient schon Respekt, wie gut die Unternehmen das zumeist bis jetzt hinbekommen haben.
Gleichzeitig erleben wir täglich, wie schwierig die Lage für die Kunden und Kundinnen geworden ist. Viele haben Angst, dass sie die gestiegenen Kosten nicht mehr aufbringen können. Das belastet auch unsere Beschäftigten enorm. Wir sind sehr froh über die staatlichen Entlastungen und jeder Versorger setzt alles daran, diese zeitnah in seinen Systemen und Kundenprozessen umzusetzen. Konkret heißt das zum Beispiel, Regularien mit teilweise Hunderten von Seiten und Interpretationshilfen zu verstehen, designen, programmieren, testen und massentauglich auszurollen. Das muss in hoher Qualität und unter enormem Zeitdruck erfolgen – in einer Phase, in der unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seit Monaten unter Hochdruck für unsere Kunden arbeiten.
Tatsächlich steht die Branche ja vor einem fundamentalen Wandel. Welche Entwicklung erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren?
Ich erwarte eine erhebliche Beschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren, bei der Elektrifizierung des Verkehrs und dem Angebot neuer Kundenlösungen, etwa im Bereich PV und Batteriespeicher. Hier kann die Energiemarktkrise als Katalysator wirken. Dafür muss dem massiven Komplexitätsanstieg durch rechtliche und regulatorische Anforderungen und Bürokratie Einhalt geboten und Investitionsanreize geschaffen werden. Hier ist speziell die Politik gefragt. Mein Herzensthema, die Digitalisierung, also der Einsatz von digitalen Werkzeugen, wird im Übrigen mitentscheidend sein, ob wir unsere Ziele und die notwendige Beschleunigung erreichen.
Eine wesentliche Einflussgröße in diesem Zusammenhang ist das intelligente Messsystem. Wie kann man hier das Tempo erhöhen?
Die vergangenen Monate waren hier leider durch fehlende Klarheit der gesetzlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen wie Engpässen bei der Verfügbarkeit der Geräte geprägt. Mit dem Gesetzesentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende ist hier ein wichtiger Schritt erfolgt, um den Einbau intelligenter Messsysteme zu beschleunigen. Diese sind zentral für die Verbesserung des Kundenerlebnisses und auch für die Vermeidung von Folgekosten – das persönliche Ablesen vor Ort und die Tatsache, dass falsche Zählerstände noch heute ein typisches Ärgernis sind, ist unseren Kunden zu Recht nicht vermittelbar.
Zugleich sind intelligente Messsysteme die Grundlage für attraktive, neue Produkte wie zum Beispiel dynamische Tarifmodelle, die wiederum auch Anreize zur Energieeffizienz leisten können und damit neben dem positiven Beitrag für den einzelnen Kunden auch auf das große Ganze – die Energiewende – einzahlen. Mit der Dezentralisierung der Energieversorgung stellt sich auch die Frage nach der künftigen Rolle der Versorger. Die Energiewende und alle damit verbundenen Veränderungen im Energiesystem werden ja erfreulicherweise von den Kunden und Kundinnen in breitem Umfang mitgetragen – ob das nun der Bezug von Ökostrom, die eigene Solaranlage, das E-Fahrzeug, die Wärmepumpe oder der Wunsch ist, mit Energie im eigenen Haushalt oder Betrieb sparsamer umzugehen. Die zweite gute Nachricht ist, dass sich fast jeder mit seinen Fragen und Wünschen zu diesen Themen zuerst an seinen Energieversorger wendet. Das ist eine enorme Chance, die viele Unternehmen in der Branche erkennen und entsprechende Angebote entwickeln. Es ist aber zweifelsohne auch noch Luft nach oben mit Blick auf das Ausrollen dieser Angebote in der Masse und der Schaffung von exzellenten Kundenerlebnissen.
Womit wir bei der Digitalisierung der internen Prozesse und der Kundenprozesse wären. Welche Weichen kann (und sollte) ein Versorger im Jahr 2023 stellen?
Sicher ist: 2023 steht sicher die Energiemarktkrise im Fokus. Die fernere Zukunft wird weiterhin viele Unbekannte bieten, die Vereinfachung energiewirtschaftlicher Prozesse ist nicht absehbar und die Ansprüche der Kunden verändern sich. Gleichzeitig bleiben die Ressourcen knapp. Um hier handlungsfähig zu sein, kommt man mit monolithischen Systemen und starren Herangehensweisen nicht weiter. Was gebraucht wird, sind hochautomatisierte, flexibel integrierbare und zugleich verlässliche und sichere Systemlandschaften. Das bedeutet im Übrigen mitnichten, dass einzig Outsourcing die Lösung ist. Vielmehr müssen die Unternehmen entsprechend ihrer Prioritäten und Geschäftsmodelle für sich entscheiden, wo die eigene Leistungserbringung hoch ist oder Leistungen auch durch Partner erbracht werden können.
Wenn Sie sich für Ihr Unternehmen und die gesamte Branche für 2023 etwas wünschen dürften – was wäre das?
Ich würde mir wünschen, dass wir ein wenig den Blick verlagern – von den Krisen und Schwierigkeiten der Energiemarktkrise, hin zu den Zielen der Energiewende und den vielen Erfolgen, die wir als Branche auf dem Weg dorthin schon erzielt haben und weiter erarbeiten werden. (pq)
Verständlichkeit und Tonalität von Texten sowie die Umsetzung der eigenen Regeln (Corporate Language) analyisert die Software der H&H Communication Lab GmbH auf Knopfdruck. Dabei liefert sie dem Benutzer sofort konkrete Verbesserungsvorschläge. Dazu hat das Team von Communication Lab kommunikationswissenschaftliche Regeln und Standards in seine Sprachanalyse-Software integriert, wobei auch die individuellen Vorgaben des Anwenders berücksichtigt werden. (pq)
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„Moderne Lösungen für Strom, Wärme oder auch Mobilität müssen in die Fläche gebracht werden. Stadtwerke, die Zugang zu den Menschen in der Region haben, haben hier einen großen Vorteil zu anderen Anbietern. Es ist eben nicht alles nur per Chatbot an die Leute zu bringen.“
Christoph Trautmann, Geschäftsführer Stadtwerke Aalen in der Stadtwerkestudie 2022 von BDEW und EY
Die Projekt: Unternehmensberatung hat die Anwendung „kontakttracker“ auf Basis der ORGA-MAN Plattform kostenfrei um eine smarte Q&A-Funktionalität für den Kundenservice erweitert. Damit können mögliche Kundenfragen und qualifizierte Antworten zusammengestellt und im Kundengespräch online abgerufen werden. So entfallen aufwändige Recherchen für die Mitarbeiter:innen und Wartezeiten in der Hotline. Die Stadtwerke Witten nutzen das Tool. (pq)
Eine zunehmende Nachfrage nach Sprachdialogsystemen in der Energieversorgung stellt die Schweizer Spitch AG fest, die auf automatisierte Dialogsysteme mit Künstlicher Intelligenz (KI) spezialisiert ist. Ein möglicher Beschleuniger dieser Entwicklung könnte die Anfragewelle sein, die angesichts der Verwerfungen im Energiesektor auf die Unternehmen zurollt. Die Spitch AG entwickelt Sprach- und Textdialogsysteme und stattete jüngst ENGIE, einen der größten Energieversorger weltweit, mit einem neuen Sprachdialogsystem aus. Spitch-Systeme basieren auf einer durchgängig eigenentwickelten Software, die Natural Language Processing (NLP), Artificial Intelligence (AI) und Machine Learning (ML) kombiniert. Sie verstehen nach Unternehmensangaben nicht nur Wörter und Sätze, sondern insbesondere auch den Sinn des Gesagten, können selbstständig darauf reagieren und in vielen Fällen auch gleich eine abschließende Antwort geben. (pq)
Die Zukunft ihrer Energievertriebe sieht die Hälfte der Befragten in der Stadtwerkestudie 2022 von BDEW und EY in „ganzheitlichen, skalierungsfähigen Energiedienstleistungen“. Dazu gehören etwa Angebote rund um Wall- box, PV-Anlage und Speicher, Services wie Wartungen und Energiemanagement und Energietarif für den Residual- oder auch Ladestrom.
Im Rahmen einer Partnerschaft mit Fertig- haushersteller SchwörerHaus weitet enercity sein PV-geschäft aus. Das Angebot für Schwörer-Kund:innen umfasst Kauf- und Pachtlösungen und gilt bundesweit sowohl für Neubauten als auch Bestandsgebäude. Auf der Website des Energiedienstleisters können PV-Lösungen mit Speicher, optional auch mit einem Wartungspaket zusammengestellt werden. Nach einer telefonischen oder Video-Beratung können Kund:innen die Anlage direkt bestellen. Bei Neubauten können die technischen Anforderungen so bereits bei der Herstellung der Fertigbauteile berücksichtigt werden und die Installation der Hauptkomponenten wie PV-Module, Speicher sowie Wechselrichter in den Bauablauf einbezogen werden. (pq)
zwischen den Anwendungen und Prozessen hat die ITC AG aus Dresden ihre Portallösung ausgelegt, so dass Kundenportal, Schnittstellen und angebundene Drittsysteme interoperabel und automatisiert zusammenarbeiten können. Das modular aufgebaute Portal, das nach Unternehmensangaben bei über 450 Kunden im Einsatz ist, bietet viele digitale und standardisierte Kundenprozesse für die Energiewirtschaft. Zu den meistgenutzten Funktionen zählen Zählerstandserfassung, Vertragsverwaltung, Tarifrechner/Tarifwechsel, Online-Rechnung, Lastgangdaten so- wie Einzug/Auszug/Umzug. Diese Prozesse können beliebig kombiniert und um neue oder individuelle Prozesse ergänzt werden, zum Beispiel Energiemanagement, Standortüberwachung, Energiedienstleistungen oder Kundenserviceprozesse. (pq)
Die io.suite von Redtree, eine cloudbasierte SaaS-Lösung umfasst fünf Module: Das Modul io.order deckt das komplette Lead- und Auftragsdatenmanagement ab. Dabei arbeite es mit dem ERP- respektive Abrechnungssystem zusammen und ermögliche es, sämtliche Vertriebskanäle digital zu steuern. Mit io.product steht ein Modul für das gesamte Produktmanagement bereit, io.shop bietet Webshop-Lösungen für Commodity, Noncommodity und Bundles. Das Modul io.corporate unterstützt die Erstellung hyperpersonalisierter Webseiten, die zum Beispiel anhand der Eingaben des Kunden automatisch passende Empfehlun- gen geben können. Mit io.center schließlich stellt Redtree ein modernes integrierbares Kundenportal für Privat- und Gewerbekunden zur Verfügung. (pq)
Die Gemeindewerke Wendelstein bieten in Kooperation mit der Firma iKratos Solar- und Energietechnik GmbH neben PV-Anlagen und Batteriespeichern seit diesem Jahr auch den Einbau von Wärmepumpen an. Darüber hinaus unterstützt der Gemeindewerke-Partner iKratos bei der Beantragung von Fördermitteln, beispielsweise über die BAFA mit einer eigens dafür geschulten Mitarbeiterin. (pq)
www.gemeindewerke-wendelstein.de
Unterjährige Verbrauchsinformationen von Heizung,
Warmwasser- und Wärmemengenzählern müssen EVU seit Januar 2022 bereitstellen.
Dies geht aus der novellierten HKVO und der neuen Fernwärme- FFVAV hervor. Bereits
Ende 2021 hat sich die Mainova AG dazu entschieden, ihren Kund:innen diese verpflichtenden unterjährigen Verbrauchsinformationen digital zur Verfügung zu stellen. (pq)
Dresden